Freizeit / History Tour in Asselborn: Von eitlen Postmeistern, besorgten Stoffhändlern und einem kleinen Dorf
In Asselborn geht es ruhig und gemächlich zu. Das idyllische Dorf gehört zur Gemeinde Wintger. Die flächenmäßig größte Gemeinde des Landes ist dünn besiedelt. Statistisch gesehen verteilen sich 41,4 Menschen auf einen Quadratkilometer, in Esch/Alzette sind es rund 2.500. Man muss also Wege zurücklegen. Das musste man vor 500 Jahren auch. Da war Asselborn die Poststation auf der Route zwischen Brüssel und Innsbruck. Auf den „History-Touren“ lebt diese Zeit wieder auf. Sie ist zwar endgültig vergangen und trotzdem finden sich Parallelen zu heute.
Franz Kleffer, der Postmeister, ist eine Erscheinung. Der große Hut, die aufwendig gefertigte Jacke mit dem merkwürdig-altmodischen Stehkragen, er fällt auf. Sowieso weiß er sich schon damals in Szene zu setzen. Der Mann, der über die Briefe wacht und dafür sorgen muss, dass Dokumente ankommen, ist eitel, geldgierig und hält sich für etwas Besseres. Dabei wirtschaftet er überwiegend in die eigene Tasche und zeigt jedem, der will oder auch nicht, den mit klimpernden Geldstücken gefüllten Beutel an seinem Gürtel.
Seine Eitelkeit entspringt der Tatsache, dass er lesen und schreiben kann und Französisch sowie Latein spricht und versteht. Vom „Pöbel“ im Dorf distanziert er sich gleich vorsorglich. Kleffer liegt im Streit mit dem Müller des Ortes. Vor Gericht geht es in die vierte Instanz. Der Postmeister zahlt keine Steuern – alle anderen aber schon. Als der Stoffhändler Martin Tissus aufkreuzt, ziehen ganz andere Sorgen in die Poststation ein. Der Clerfer Geschäftsmann fürchtet um sein Geschäft. Sein angestammter Weber hat sich mit der Konkurrenz aus Brüssel eingelassen. Ohne Stoff, kein Geld.
„Huppe Ketti“ ist hingegen die Gelassenheit in Person. Bei den Hauben, die sie näht, muss jeder Stich sitzen und die Ohren bekommen alles mit. Kaum ein Tratsch, den sie verpasst. Was die Poststation für den geschriebenen Austausch ist, ist die „Haubenfrau“ für den von Mund zu Mund. Später tauchen die Bauersfrau Scheiffer Sis und der Lehrbub im Steinbruch auf dem fünf Kilometer langen Weg auf und stellen Szenen des Lebens vor 500 Jahren nach. Und irgendwie wirken so manche Sachen so gar nicht „historisch“, sondern höchst aktuell.
Mit dem Laienschauspiel 500 Jahre zurück
Was viele nicht wissen, ist, dass Asselborn mit seinen rund 300 Einwohnern früher eine kleine Berühmtheit war. Ruf und Ruhm rühren von der Poststation, die die Fürsten von Thurn und Taxis auf kaiserlichen Befehl im 16. Jahrhundert ins Leben rufen. Asselborn liegt damals auf der Route zwischen Brüssel und Innsbruck. Die von den „Tassis“ eingerichtete Nachrichtenübermittlung mit dem Tausch von Pferden im Stafettensystem verkürzt die Transportzeit enorm.
Mit den Wechselstationen werden fortan statt 35 Kilometer 160 Kilometer pro Tag bewältigt. Von Brüssel bis Innsbruck hieß das 5,5 Tage. Die Postreiter hatten Stundenzettel, heute heißt es Tachoscheibe. Und Charaktere, die in die eigene Tasche wirtschaften, sind quasi zeitlos. Fünf ausgebildete Fremdenführer haben das Drehbuch geschrieben und in Originalquellen zwischen Augsburg, Wien, Brüssel und Madrid recherchiert. Herausgekommen ist eine Art historischer Krimi, die Geschichte spielt in unruhiger Zeit.
Drei Stunden dauert die History Tour, die eigentlich weniger eine Wanderung, denn ein Spaziergang ist. Seit 2016, als das Postwesen sein 500. Jubiläum feierte, gibt es die Touren, die nach Angaben des Naturparks Our durchweg gut besucht sind. Für die Laiendarsteller lohnt sich das Lampenfieber, das alle vor jeder Tour haben, denn sogar aus dem Minett reisen nach eigenen Angaben Besucher an. Für jeden, der weniger wandern, aber mehr über die Landesgeschichte erfahren will, ist es ein Tipp und die Anreise wert. Es ist bestes Laientheater, hinter dem viel Mühe steckt. Das Stück und der Weg enden in der Asselborner Mühle, die die Jahrhunderte überdauert hat und heute als Hotel-Restaurant dient.
Die History Tour
Rundwanderung: 5 km, ca. 3 Std., Schwierigkeitsgrad: einfach-mittel mit festem Schuhwerk
Treffpunkt: „Auberge du Relais Postal“, Posteck Asselborn (bitte Parkmöglichkeiten unterhalb der Kirche nutzen); Lageplan Asselborn.; Ziel: „Domaine du Moulin d’Asselborn“, anschließend Rückweg zum Relais Postal (ca. 1 km) in Eigenregie; Preis: Erwachsene: 12 Euro, Kinder: < 6 Jahre gratis, 7-14 Jahre: 6 Euro, Teilnahme nur mit Ticket: Kaufen Sie Ihr Ticket online; Termine 2022: 14., 21., 28. August und 4. September jeweils um 15.00 Uhr; Sprachen: Luxemburgisch, Deutsch; Informationen: Naturpark Our, Tel.: +352 90 81 88-1; Optionen: Besichtigung im Vorfeld der Wanderung des „Musée des écritoires“ im Relais Postal in Asselborn, Einkehrmöglichkeiten im „Hôtel du Moulin“ (www.hotelvieuxmoulin.lu).
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Vermisse was über die Asselborner Schiefergruben, angeblich viel bessere Qualität als die heutigen Spanischen. Opa hatte auch mit Aaselboarer gedeckt.