/ Hochwasser in Greiveldingen: Eric Dahlmanns blickt auf die Ereignisse vom 1. Juni 2018 zurück
Zusammen mit seiner Ehefrau und den drei Hunden wohnt Eric Dahlmanns in einem Miethaus „op der Baach“ in Greiveldingen. Im August 2017 war das Paar dort eingezogen und hatte gerade die Wohnung eingerichtet. Dann kam die Flut. Seitdem ist nichts mehr so, wie es mal war. Auch das Dorfleben nicht mehr.
„Den Schlamm und den Dreck wieder wegzukriegen, der mit dem Wasser hierher transportiert worden war, das war an und für sich das Hauptproblem. Denn der setzt sich überall fest“, so Eric Dahlmanns. „Das Problem war auch, dass Schäden zeitversetzt auftraten. Vieles schien kurze Zeit nach der Flut in Ordnung zu sein und reparierte sich quasi von selbst“, so der 49-Jährige weiter. Andere Schäden tauchten aber erst Monate später auf.
So funktionierte anfangs der Rasenmäher nicht mehr, als aber der Schlamm getrocknet und abgefallen war, konnte er wieder benutzt werden. Anders verhielt es sich mit einem EC-Kartenlesegerät. Während es nach der Katastrophe noch reibungslos lief, war es Monate später nicht mehr zu gebrauchen, da sich im Inneren des Apparats Rost gebildet hatte.
Eric Dahlmanns spricht von Glück, dass es weder Schwerverletzte noch Tote zu beklagen gab, wenn er auf die Ereignisse von vor einem Jahr zurückblickt. Die Flutwelle war so stark, dass Autos und jede Menge Unrat mitgeschwemmt wurden. „Es geschah in der Mittagsstunde. Es war ruhig und es herrschte nur wenig Durchgangsverkehr. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn es am späten Nachmittag gewesen wäre, wenn viele von der Arbeit zurückkehren.“
Drei Tage heftiger Regen
Die Tage zuvor hatte es heftig geregnet. Aus dem kleinen Bach, der teilweise unterirdisch durch Greiveldingen fließt, war ein reißender Fluss geworden. Gegen Mittag hört Dahlmanns eine Art Fließgeräusch. „Ich kannte das Geräusch. Es erinnerte mich irgendwie ans Meer. Irgendwann befand sich Wasser im Erdgeschoss der Wohnung. Zunächst in der Garage. Es waren nur ein paar Zentimeter. Ich öffnete Fenster und Türen, damit das Wasser besser abfließen konnte.“ Geistesgegenwärtig bringt er seine Hunde ins Obergeschoss genauso wie eine Reihe von Aktenordnern. Um sämtliche Belege und Quittungen in Sicherheit zu bringen, reicht die Zeit aber nicht.
„Als ich die Treppen runterging, hörte und sah ich, wie unsere Haustür von der Flutwelle regelrecht aufgesprengt wurde. Alles stand urplötzlich einen Meter tief unter Wasser.“ Ab dann geht es Schlag auf Schlag. Dahlmanns gerät in Panik, versucht aber, einen klaren Kopf zu bewahren. „In solchen Situationen macht man komische Dinge. Ich rettete einen Frosch vor den Fluten. Man tut unlogische Sachen, wenn innerhalb von nur wenigen Minuten alles derart aus den Fugen gerät.“ Binnen fünf bis zehn Minuten wird das Leben von Eric Dahlmanns und seiner Ehefrau, wie er es formuliert, „regelrecht wegradiert“.
Alle persönlichen Gegenstände, die das Paar im Laufe der Jahre gekauft und angesammelt hatte, wurden weggeschwemmt oder so beschädigt, dass sie nicht mehr zu gebrauchen waren. Der ganze Hausrat, weg. Die ganzen Erinnerungen, Fotos, Bilder, alles weg. „Binnen wenigen Minuten waren wir wie auf null gesetzt.“ Was blieb, waren die Kleider im Schlafzimmer. Alles, was sich im Erdgeschoss befand, fiel den Fluten zum Opfer.
Dahlmanns erinnert sich, dass er zu seinen Hunden ins Obergeschoss flüchtete. Die Wohnung verlassen ging nicht. Wegen der Wassermassen. Er nimmt Kontakt zu den Nachbarn auf.
Dann ist da wieder so ein komisches Geräusch. Fast wie das Knattern einer Maschinenpistole. Er versteht nicht sofort, woher es stammt. „Es waren die Pflastersteine, die von den Wassermassen aus dem Straßenbelag herausgerissen, mitgeschwemmt wurden und gegen die Hauswand knallten.“
40 Häuser werden beschädigt
Rund 40 Häuser werden in Greiveldingen an diesem Tag von der Flutwelle beschädigt. Stundenlang ist der Ort wie von der Außenwelt abgeschnitten. Die Ortschaft gleicht einem Trümmerfeld. Die Straßen weisen große Schäden auf. Überall liegt Unrat. Die wie Spielzeugautos mitgeschwemmten Pkws befinden sich auf einem Wiesengrund in der Nähe des Baches.
Noch am gleichen Nachmittag läuft eine Hilfswelle an. Bürger aus der Gemeinde Stadtbredimus, zu der Greiveldingen gehört, und Menschen von außerhalb kommen und packen mit an. Neben den vielen Freiwilligen sind da auch die Rettungsdienste und Feuerwehren. Container werden aufgestellt, in die die Bewohner ihr zerstörtes Hab und Gut entsorgen können. Der ACL schleppt die demolierten Autos ab.
Die Menschen kommen am 1. Juni und an den Tagen danach nicht nur zum Putzen und Aufräumen nach Greiveldingen, sie spenden auch Waschmaschinen, Trockner, Kühlschränke und Geschirr und versorgen die Betroffenen mit dem Nötigsten. „Die Nachbarn bekochten uns, wuschen unsere Wäsche und trockneten unsere Unterlagen. Es herrschte große Solidarität. So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Es war großartig“, erinnert sich Dahlmanns. „Wir saßen alle im gleichen Boot und niemand ist hingegangen und hat gesagt, mich hat es am schlimmsten erwischt.“ Der 1. Juni 2018 habe die Dorfgemeinschaft definitiv verändert. „Wenn man durch so etwas gegangen ist, dann rückt man näher zusammen“.
Keine Angst
In den Tagen nach der Katastrophe fing er mit seiner Ehefrau an, eine Liste zusammenzustellen, um die Schäden bei der Versicherung zu melden. Einfach war das nicht, denn viele Belege und Quittungen waren den Wassermassen zum Opfer gefallen. „Ich hatte eine grobe Vorstellung von dem, was wir besaßen.“ Die Versicherungsgesellschaft ging das Ganze mit sehr viel Wohlwollen an. Wie in solchen Fällen üblich wurde sich auf eine Pauschale geeinigt. Die Liste umfasste letztlich 700 Gegenstände. Und die Summe belief sich auf mehrere Zehntausend Euro.
Angst, dass so etwas noch einmal passiert, hat Dahlmanns nicht. Es habe keinen Zweck, darüber nachzudenken, sagt er. Das Klima werde stets extremer. Solche Wetterkapriolen würden sich häufen. Derweil die Flächenversiegelung durch die Bebauung munter voranschreite.
Mittlerweile wurde in Greiveldingen die Kanalisation erneuert. Aber daran lag es nicht, sagt Dahlmanns. „Das Wasser kam von überall her. Es war halt einfach so, dass der liebe Gott an dem Tag und denen davor vergessen hatte, den Wasserhahn zuzudrehen.“
Bis Dezember dauerte es, bis die Schäden bei den Dahlmanns beseitigt waren. Und in seiner Garage hat er noch ein paar Souvenirs aufbewahrt.
Heute wird Danke gesagt
Ab 16.00 Uhr findet heute eine große Party im Ortskern von Greiveldingen statt. 220 Menschen hatten sich bis Mittwoch bereits angemeldet. Ein kleines Bürgerkomitee hat das Event ins Leben gerufen. „Wir wollen uns bei allen bedanken, die uns am 1. Juni 2018 und an den Tagen danach unter die Arme gegriffen haben“, so Francine Kieffer, eine Betroffene. Auch ihr Eigenheim in der „Klappegaass“ wurde von der Flutwelle beschädigt. Das ganze Erdgeschoss stand einen Meter tief unter Wasser. „Ein Jahr haben die Renovierungsarbeiten gedauert“, so Francine. Vor 40 Jahren habe sich in Greiveldingen Ähnliches zugetragen, erinnert sie sich. „Damals war es aber weitaus weniger schlimm.“
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