Gemeindefinanzen / Hohe Investitionen und Ärger um CGDIS-Beitrag
Die Tatsache ist aus allen Gemeinden bekannt. Sie bekommen im Jahr 2020 weniger finanziellen Ausgleich vom Staat. Wie viel weniger ist unterschiedlich, aber es betrifft alle. Gleichzeitig gilt die Aufforderung, weiter zu investieren. Wie soll das gehen? Grevenmacher hat sich von Anfang an für einen Investitionskurs entschieden.
„Der Staat und die Gemeinden sind der größte Auftraggeber – gerade im Bauwesen“, sagt Léon Gloden (48), CSV-Bürgermeister von Grevenmacher. Das ist der nicht offen ausgesprochene Hintergrund für die Aufforderung an die Gemeinden, weiter zu investieren. Er illustriert das am Beispiel des derzeit größten Projektes der Gemeinde, dem neuen Kulturzentrum.
Der aktuelle Kostenvoranschlag sieht 31 Millionen Euro vor. Wenn man für den Bau eines Einfamilienhauses zwischen 700.000 bis zu einer Million Euro – je nach Ausstattung – rechnet, müsste eine Baufirma rund 30 Stück in gehobener Ausführung bauen. Das zeigt die Dimensionen für kleinere und mittelständische Betriebe.
Zwischen 2019 und 2020 verbuchte die „Moselmetropole“ aber rund 2,2 Millionen Euro weniger Einnahmen. Nicht nur ihr geht es so. Viele Bürgermeister regen sich darüber auf, dass einerseits weniger Geld in die Kasse fließt, andererseits aber investiert werden soll. Vor wenigen Wochen reagierte das Innenministerium auf diese Sorgen und beruhigte.
Mindereinnahmen weniger als gedacht
Es gab bekannt, dass es nur rund 210 Millionen Euro weniger sein würden anstatt der prognostizierten 420 Millionen Euro für die Gemeinden im Jahr 2020. In dem Jahr schüttete es insgesamt rund 2,1 Milliarden Euro an die Gemeinden über den „Fonds de dotation globale des communes“ (FDGC) aus.
Bei der Gelegenheit hatte Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) darauf hingewiesen, dass sich keine der Gemeinden in einer so schlimmen finanziellen Schieflage befände, dass es nicht möglich wäre, die Ausfälle mit Krediten zu überbrücken. Das Gemeindesyndikat Syvicol hatte Alarm geschlagen.
Es wies darauf hin, dass sich die Einnahmen der Gemeinden nicht nur im letzten Jahr verschlechtert hätten, sondern dass sich die Verluste bis 2023 auswirken würden. Das Innenministerium sieht das nicht so, wie es auf Anfrage vom Tageblatt mitteilt. Dort herrscht die Meinung, dass die letzten Jahre von einer starken Konjunktur geprägt gewesen seien und es absolut kein Widerspruch sei, wenn die Gemeinden weiter investierten.
Die aus dem Ministerium stammenden Prognosen für die Einnahmen der Gemeinden in den nächsten Jahren empfindet Gloden als „sehr optimistisch“. Kommunen arbeiten mit Fünf-Jahres-Plänen, die Krisen wie eine Pandemie und Lockdowns nicht vorsehen. In Grevenmacher mussten deshalb bestimmte Projekte zurückgestellt werden. Es sind „Nice-to-haves“, wie es der Rathauschef ausdrückt, aber auch Straßensanierungen.
Höhere Subventionen vom Staat wären ein Ausweg
An den großen Projekten wie Kulturzentrum oder der Renovierung des Osburghauses für die Musikschule ändert sich hingegen nichts. „Das war vor der Pandemie angelaufen und nicht mehr zu stoppen“, sagt der Grevenmacher Rathauschef. Seinen Kollegen im Land geht es ähnlich. Projekte dieser Größenordnung werden mit staatlichen Fördermitteln gebaut.
Darin sieht Gloden den richtigen Hebel, um die kommunalen Mindereinnahmen auszugleichen und weiß sich auf Linie mit dem Syvicol. „Wir wollen, dass die staatlichen Subventionen bei Neubauten erhöht werden“, sagt er. Vom Sportministerium hat er gerade eine Zusage erhalten. „Wir werden eine höhere Unterstützung für Außenanlagen erhalten“, sagt Gloden.
Das betrifft Spielplätze oder Sportanlagen. Das Syvicol fürchtet auch deshalb eine finanzielle Schieflage für seine Mitglieder, weil sich angesichts der Krise die Baukosten um ca. 40 Prozent erhöhen werden. „Davon sind wir nicht betroffen, aber ich weiß von Kollegen, die beispielsweise mit Holz bauen wollen, dass es dort so ist“, sagt Gloden.
Der Rohstoffmangel ist ein Thema in dieser Woche im Parlament. Grundsätzliche Kritik hat der Grevenmacher Bürgermeister an den sich ständig ändernden Sicherheits- und Brandschutzbestimmungen für Neubauten. „Wenn da mit mehr Verstand gehandelt würde, könnten wir Kosten sparen“, heißt es aus dem Rathaus.
Ärgernis CGDIS
Richtig stören ihn aber die kommunalen Verpflichtungen gegenüber dem CGDIS für das nationale Rettungswesen. „Wir sind veräppelt worden“, sagt er. Früher flossen Teile der Prämien aus den Feuerversicherungen an die Gemeinde für den Unterhalt ihrer Corps. Das geht mit der Reform des Rettungswesens nun an den CGDIS.
„Da hat man uns schon Einnahmen für die Gemeinde weggenommen“, argumentiert Gloden. Nun müssen sie auch noch mit steigenden Beteiligungen an den Kosten für den Betrieb des CGDIS rechnen. Das teilt das Innenministerium mit. Von jährlich 10 Prozent ist die Rede, was das Gefühl hinterlässt, man zahle doppelt.
Zumal anlässlich der Vorstellung des „Rapport annuel“ 2020 verkündet wurde, dass 60 neue Posten vorgesehen seien. Der Rettungsdienst verspricht, in 15 Minuten bei einem Unfall mit Helfern vor Ort zu sein. In 87 Prozent aller Fälle sei das 2020 auch der Fall gewesen, heißt es im gerade publizierten Jahresbericht des CGDIS.
Die „Moselmetropole“ scheint zu den 13 Prozent zu zählen, in denen das nicht der Fall ist. „Bei uns dauert es heute länger als früher“, sagt Gloden. „Das ist doch nicht Sinn der Übung.“ Am Ende bleibt in Grevenmacher für 2020 das Fazit: 4.952 Euro Einnahmen hat die Gemeinde pro Einwohner an staatlichen Subventionen erhalten, der Durchschnitt für Gemeinden dieser Größenordnung liegt bei 4.200 Euro.
1.400 Euro werden andererseits pro Einwohner ausgegeben, der Durchschnitt liegt bei 1.000 Euro. Das heißt, höhere Einnahmen halten sich bislang noch die Waage mit höheren Ausgaben pro Einwohner. Daran wird sich auch nicht so schnell etwas ändern. Grevenmacher wächst und hat vor kurzem den 5.000. Einwohner begrüßt. Ein Wachstum auf 5.700 Einwohner ist die mittelfristige Perspektive.
Zurück zur Normalität „light“
Das Weinfest, für das Grevenmacher bekannt ist, findet dieses Jahr wie gewohnt am zweiten Wochenende im September statt – aber in anderer Form. Rathausvorplatz und der Parkplatz beim Schiff „Marie-Astrid“ werden für die Besucher abgeriegelt. Dort stehen Bühnen für die Bands. Die Krönung der Weinkönigin findet wie gewohnt statt, jedoch in der Sporthalle des Grevenmacher Lycées unter Covid-Check-Bedingungen. Momentan sind 300 Gäste vorgesehen. Am 23. Juli geht es für die Vereine wieder mit Festen los. Die Gemeinde hat einen neuen „Comptoir“ auf dem Platz zwischen dem Rathaus und dem Osburghaus-Garten aufgebaut. Er wird gratis vermietet. Den Startschuss macht am 23. Juli die „Harmonie municipale“.
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