Editorial / „Hu mer se nach all?“
Wohnungsnot und hohe Immobilienpreise beschäftigen Luxemburg seit über 30 Jahren. Um 1990 gab der damalige Ressortminister Jean Spautz (CSV) die sogenannte Lip-Studie in Auftrag. Die Autoren stellten fest, dass jährlich über 3.200 neue Wohnungen gebraucht würden. Vor allem bei öffentlichen Sozialwohnungen sahen sie großen Nachholbedarf. Beide Empfehlungen wurden nicht umgesetzt. Zwischen 1990 und 2005 wurden durchschnittlich nur 2.600 Wohnungen pro Jahr gebaut.
2005 gestand der damalige Premierminister Jean-Claude Juncker (CSV) in seiner Ansprache zur Lage des Landes, er betrachte es als große persönliche Verfehlung, dass er in der Wohnungsfrage versagt habe. Ein Jahr später gelangte er zu folgender Feststellung: „Datt d’Bauen an d’Wunnen zu Lëtzebuerg méi deier ass wéi d’Bauen an d’Wunnen zu Paräis a wéi zu London, weist, dass mer se net méi alleguer hunn.“
Daraufhin schlossen Regierung und Gemeinden den „Pacte logement“ ab. Der „Bail emphytéotique“ und das Vorkaufsrecht für Gemeinden wurden eingeführt. Juncker kündigte eine Erhöhung der Grundsteuer an, um der Baulandspekulation „energisch entgegenzutreten“. Mit einer Reform des Mietgesetzes von 1955 sollten Mieter besser geschützt werden. Zeitgleich wurde eine weitere Wohnbedarfsanalyse bei einem Wiener Büro in Auftrag gegeben. Die Autoren fanden heraus, dass in einem Wachstumsszenario von 545.000 Einwohnern bis 2021 jährlich 3.400 zusätzliche Wohnungen gebraucht würden. Tatsächlich wurden zwischen 2005 und 2017 durchschnittlich aber nur rund 3.000 Wohnungen pro Jahr gebaut. Statt der prognostizierten 545.000 Einwohner leben inzwischen 630.000 Menschen in Luxemburg. Viele andere mussten in die Grenzregionen abwandern.
Einmal abgesehen von den Studien, die inzwischen nicht mehr von externen Beratern, sondern vom „Observatoire de l’habitat“ durchgeführt werden, unterscheiden sich die angestrebten Lösungen von heute kaum von denen, die 2005 angekündigt wurden. Der „Pacte logement“ geht nun in die zweite Phase, doch die Teilnahme ist für die Gemeinden kaum verpflichtender als bei seiner Einführung 2008. Das Mietgesetz wurde erneut nur halbherzig überarbeitet. Der „Bail emphytéotique“ gilt noch immer als Geheimwaffe zur Schaffung von erschwinglichem Wohnraum und das Vorkaufsrecht für Gemeinden hat das Verwaltungsgericht für unzulässig erklärt. 15 Jahre nachdem sie angekündigt wurde, werde an der Reform der Grundsteuer „sehr intensiv“ gearbeitet, erklärte Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) gestern auf RTL. Die Frage, ob die Reform noch in dieser Legislatur umgesetzt werde, konnte sie nicht beantworten.
Im Grunde genommen ist Luxemburg kein Stück weiter als 2005. Im Gegenteil: Die Lage auf dem Wohnungsmarkt verschlechtert sich zusehends. Bei den Verkaufspreisen von Apartments hat Statec für die beiden ersten Trimester 2020 eine Steigerung von 15-16% gegenüber 2019 festgestellt. Bei den Neubauten gab es im ersten Trimester sogar einen Anstieg von über 19%. Damit liegen die Preissteigerungen 2020 noch einmal deutlich über denen des bisherigen Rekordjahrs 2019. Die Regierung scheint den Ernst der Lage noch immer nicht erkannt zu haben. Anders sind die Reförmchen, die sie plant, jedenfalls nicht zu erklären.
Die Menschen haben es inzwischen satt. Am heutigen Samstag wird die erste große nationale Kundgebung für ein Recht auf Wohnen in Luxemburg veranstaltet. Premierminister Xavier Bettel (DP) will sich in seiner Rede zur Lage der Nation am Dienstag angeblich auch zur Wohnungsproblematik äußern. Wunder darf man von ihm nicht erwarten. Etwas mehr als ein reumütiges Schuldgeständnis darf es aber schon sein.
- Esch2022: Das Vertrauen in die Europäische Kulturhauptstadt schwindet weiter - 27. Dezember 2020.
- Im Escher Krankenhaus herrscht auf allen Ebenen Unruhe - 25. Dezember 2020.
- Corona kostet Luxemburger Staat bislang 4,4 Milliarden Euro - 16. Dezember 2020.
Unsere Kinder haben soeben ihre Schule erfolgreich und mit allerlei Diplomen abgeschlossen, das eine den Sekundarabschluss, das andere die Uni-Laufbahn. Anstellungen mit anständigem Verdienst sind bereits, bzw. werden demnächst angetreten. Dennoch wird keins von ihnen in absehbarer Zukunft eine vernünftige Wohnung kaufen oder auch nur mieten können. Von einem Haus wollen wir gar nicht erst anfangen. Das Problem hierzulande: Entweder man stammt aus einer Familie aus der kleinen aber hierzulande sehr sichtbaren „Porsche-Cayenne als Drittwagen“-Blase und kann zwischen 1 und 2 Millionen für sein erstes Dach überm Kopf von irgendeinem Konto abheben. Oder man kann dies nicht und findet sich – trotz gutem Einkommen – in der Kategorie „Antrag auf billigen Wohnraum/Sozialwohnung“ wieder. Dazwischen gibt es nichts mehr.
Und da gibt es noch die große Schar derer die nicht mit Schulabschlüssen das Leben meistern müssen. Aber es fällt auf dass im Text oft CSV in Klammern steht.Ist das diegleiche CSV die heute auf die Regierung kloppt weil es keine Wohnungen gibt?
Haben wir denn nicht alle 2008 gelernt was uns blüht, wenn wir Wohnungen für Leute bauen die sich keine leisten können?
@Taxpayer
Firwat net einfach deem Spilll aus de Feiss goen
an am Ausland eppes kafen oder lounen??
Doiwwer gett et „NACH“ bezuelbare Wunnraum.
@Jimbo wann der mengt dat waer leisung🥴Dit der mer leed ! Denn Taxpayer huet rech eis famil ass an der selwechter situatiuen ( een gleck ) well ginn och dai weu mussen mat 1800 euro de mount auskommen! Vierum Euro wuars de mat 140000 tausen frang net uarm hei am Land !!! An lo mat 3400 euro netto bass de nach emmer net am stand eppes op been ze setzen ;(
Betounung leit ob nach. An Covid Zaiten auszuwandern ass eigentwei net sennvoll. Blos ass um platzen, et knuppt gleich an dann ass rem Wunnraum do. Ech gleewn nit dass mir nach lang stall haalen
@ Jimbo
Es ist ganz richtig, wenn sie schreiben. NOCH.
Bedingt dadurch, dass immer mehr Luxemburger im grenznahen Ausland Wohnraum und Grundstücke kaufen, wird auch dort der Preis in die Höhe gedrückt.
Viele Betrachten ihr Eigenheim im Nachbarland nur als „Schlafstätte“ und haben wenig Interesse an der eigenen Integration in der dortigen Gemeinschaft. Für die Dörfer und Städte und das dortige Zusammenleben ist das wenig vorteilhaft.
Vum Bauer zum Multimillionnär, no der Ierfschaft zum Promoteur an dann zum Steierhannerzeier an Halsabschneider. Hurra an dat oueni e Fanger ze kremmen. Da freet een sech op dei gudbezuelte F.P. well dei kreien Krediter vir zech Wunnengen. Wei wär et mat enger Statistik. Eng gerecht Louenpolitik soll no Leechtung bezuelt gin an net no engem Eed an dann unkündbar sinn egal welleche Scheiss (och kriminellen) dat ee mecht. Am Private flitt een, deen Aaneren get suspendeiert mat vollem Gehalt oder fällt Trap erop.
@Jamiroquai
„Viele Betrachten ihr Eigenheim im Nachbarland nur als „Schlafstätte“ und haben wenig Interesse an der eigenen Integration in der dortigen Gemeinschaft. “
Also genau wie auch die Leute mit Eigenheim hierzulande.
Was unsere Politiker m.E. nicht so recht begreifen: Die Wohnsituation in Luxemburg ist um einiges dramatischer als in den Nachbarländern. In grossen Ländern wie Deutschland oder Frankreich gibt es nämlich seit jeher ein deutliches Gefälle zwischen den Immobilienpreisen in städtischen Ballungsgebieten und jenen in ländlichen Regionen. Luxemburg hingegen ist geographisch dermassen klein, dass praktisch das ganze Land mehr oder weniger zum teuren Ballungsgebiet hinzugerechnet werden kann. Zwar existiert auch hierzulande ein Preisgefälle, etwa zwischen einem Bauernhof irgendwo „um Dorref“ und einem Stadthaus auf dem Limpertsberg. In der Praxis spielt dies für den Normalverdiener aber keine Rolle, da eine Unterscheidung zwischen „einfach unbezahlbar“ und „zehnfach unbezahlbar“ vollkommen irrelevant ist. Das Resultat ist nämlich in beiden Fällen das gleiche: Man kann es sich nicht leisten.
Zumal es auch an bezahlbaren Mietobjekten mangelt. Nicht jeder Mensch, der Zuhause ausziehen will, kann sich ein Studio kaufen, das er womöglich wegen Veränderungen in der Lebensplanung verkaufen muss. Eine sich verkleinernde Haushaltsgröße im Alter tut ein Übriges, dass die 1Haus/1Haushalt-Politik, wie sie beispielsweise in Esch praktiziert wird, nicht funktionieren kann.
Schmeler Michel
Da ist aber einer neidisch , und bezichtigt ganze Berufsgruppen als Kriminelle , und sich als das Opfer.
Neen, hei am Schlaraffeland oder hei zu Schilda, hu mer se schons lang nët méi all. An ët gëtt nët besser.