Logement / Ich bin Bauherr, holt mich hier raus: Ministertrio will Verwaltungsdschungel abschaffen
„Méi, méi séier bauen“, lautet das Motto der neuen Regierung in der Logement-Krise. Dafür kündigen Innenminister Léon Gloden, Logement-Minister Claude Meisch und Umweltminister Serge Wilmes an, an insgesamt 40 Stellschrauben drehen zu wollen.
Premierminister Luc Frieden (CSV) hat in seiner Rede zur Lage der Nation einen Zehn-Punkte-Aktionsplan im Logement angekündigt, der einen „Paradigmen- und Mentalitätswechsel“ darstellen soll. Innenminister Léon Gloden, Umweltminister Serge Wilmes (beide CSV) und Logement-Minister Claude Meisch (DP) haben am Dienstagmorgen auf einer Pressekonferenz erste Details dazu vorgestellt. Mit den insgesamt 40 Maßnahmen zeige man „Mut“, die administrative Vereinfachung anzupacken, meinte Léon Gloden bei der Vorstellung.
Diese folgen dann auch dem von Premierminister Luc Frieden vorgegebenen roten Faden der administrativen Vereinfachung. Demnach sollen die Prozeduren für den „Plan d’aménagement général“ (PAG) und den „Plan d’aménagement particulier“ (PAP) harmonisiert werden und in einer Prozedur verschmelzen, sollte eine Abänderung des PAP eine Änderung im PAG nach sich ziehen. Damit sollen etwaige Fehlerquellen innerhalb der Prozeduren zukünftig vermieden werden. Auch sollen die Prozeduren der Umweltimpaktstudien (EIE) mit den Prozeduren des PAP synchronisiert werden, um unnötigen Zeitverlust zu vermeiden. Für PAP auf Grundstücken unter 20 Ar wird eine vereinfachte PAP-Prozedur eingeführt, die bereits nach fünf Monaten abgeschlossen sein soll. Die dafür nötige Gesetzesgrundlage will die neue Regierung 2025 in der Chamber vorlegen. Und: Bei der Erstellung von PAP soll die Beratung seitens der Verwaltungen anhand einer „Plateforme de concertation“ (PdC) verbessert werden, die noch vor Ausarbeitung des Bauprojektes zusammenkommt, um mögliche Planungsfehler zu vermeiden. Die ganzen Genehmigungsprozeduren sollen zudem alle über ein zentrales „guichet unique“ erledigt werden können.
Bei kleineren Bauprojekten will die Regierung Bagatellgrenzen festsetzen. Demnach sollen bei kleineren Bauprojekten wie Gartenschuppen, Photovoltaikanlagen oder Gartenzäunen künftig keine Genehmigungen mehr angefragt werden müssen. Je nach Ausmaß des Projektes muss dann nur noch eine Meldung an die Gemeinde erfolgen – oder es sind gar keine administrativen Schritte mehr nötig. Das Prinzip des „silence vaut accord“ soll in zwei Phasen eingeführt werden. Eine Arbeitsgruppe soll demnach erarbeiten, in welchen Bereichen das Prinzip überhaupt Sinn macht. Anschließend werden Sperr- und Ordnungsfristen für Prozeduren eingeführt, bevor diese zum „Schweigen bedeutet Einverständnis“ ausgeweitet werden.
Reform des Artikels 29bis
Weiterhin soll zukünftig die „convention d’exécution“ des PAP innerhalb von sechs Monaten unterschrieben werden – bisher gab es keinen legal fixierten Zeitrahmen. Dann soll auch der Artikel 29bis des Pacte Logement reformiert werden. Dieser sieht vor, dass ein bestimmter Anteil an neu geschaffenem Wohnraum („PAP Nouveau Quartier“, PAP NQ) bezahlbarer Wohnraum sein muss. „Die Idee ist lobenswert und gut gemeint“, sagte Innenminister Léon Gloden. „Jedoch ist der somit geschaffene Wohnraum oft zu groß und somit nicht erschwinglich.“ Die neuen Bestimmungen sehen nun vor, dass die im PAG festgeschriebene Wohnungsdichte sich nur auf den „klassischen Wohnraum“ und nicht auf den „logement abordable“ bezieht. Berechnungen der Regierung zufolge könnten somit 8.600 zusätzliche Wohneinheiten geschaffen werden, ohne die Bebauungsdichte im PAG zu erhöhen. Zudem will die Regierung den gesetzlichen Rahmen schaffen, um Wohngemeinschaften offiziell in den im PAG festgeschriebenen Typologien einzuführen. „Die Gemeinden haben sich bisher retizent gezeigt, diese Art des Wohnens zu unterstützen, weil diese nicht im PAG standen“, sagte Gloden. Gerade jungen Leuten oder Talenten aus dem Ausland wolle man diese Möglichkeit bieten.
Apropos Baudichte: Auf Nachfrage hin haben die Minister erklärt, dass auch mit den nun aufgeführten Maßnahmen keine Möglichkeit besteht, die Bebauungsdichte – derzeit eine Gemeindekompetenz – zu erhöhen.
Das von Luc Frieden angekündigte nationale Bautenreglement soll Ende 2025 anhand eines großherzoglichen Reglements eingeführt werden. Das habe man unter anderem in Gesprächen mit dem Gemeindesyndikat Syvicol festgehalten. Das neue Bautenreglement soll eine Art Blaupause sein, die die Gemeinden noch auf ihre jeweiligen Spezifizitäten anpassen können. Gloden verspricht sich davon, dass unnötige Bauverzögerungen durch mögliche Nichtübereinstimmungen zwischen den verschiedenen Gemeindereglements aus der Welt geschaffen werden können.
Die drei Minister haben auf der Pressekonferenz am Dienstag ebenfalls angekündigt, die Sicherheitsnormen harmonisieren zu wollen. Der „Service national de la sécurité dans la fonction publique“ (SNFP) soll demzufolge in die „Inspection du travail et des mines“ (ITM) integriert werden. Zusammen mit dem CGDIS und dem „Service Accessibilité“ wird unter dem Vorsitz der ITM eine Kommission gegründet werden, die künftig ein einziges Gutachten unter Berücksichtigung der Sicherheitsnormen erstellen soll. Damit soll vermieden werden, dass dem Bauträger drei verschiedene, „teilweise inkohärente“ Sicherheitsgutachten zugestellt werden. Die staatlichen Gemeindesubventionen sollen zukünftig ebenfalls gebündelt über „eMint“, das informatische System des Innenministeriums, laufen.
„Zone expérimentale“
Als „innovativ“ bezeichnete Logement-Minister Claude Meisch das Konzept der „zone expérimentale“, die im Rahmen eines „Plan d’occupation du sol“ (POS) ausgewiesen werden kann. In einer ausgewiesenen Experimentierzone können Bauprojekte mit gemeinschaftlichem Nutzen (beispielsweise Schulen, „Logement abordable“) auch gegen verschiedene gesetzliche Bestimmungen verstoßen – unter der Voraussetzung, dass sie einem „hohen urbanistischen Qualitätsstandard entsprechen und einen innovativen Charakter“ haben. Das würde besonders die Erschließung von Industriebrachen vereinfachen, erklärte Meisch. Da diese nur durch einen POS ausgewiesen werden könnten, könne zudem der Staat entscheiden, welche Ausnahmen man in einer solchen Experimentierzone zulasse.
Umweltminister Serge Wilmes hatte seinerseits noch einige Details zu den im Bauperimeter geltenden Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen genannt. Wie Luc Frieden in seiner Rede zur Lage der Nation angekündigt hatte, wird Luxemburg das Konzept der „compensation une fois pour toutes“ einführen. Damit werden Jagdreviere im Aktionsradius geschützter Tierarten auf staatlichen Terrains kompensiert. Damit sollen die Genehmigungsprozeduren beschleunigt werden. Auf diesen Grundstücken gilt dann auch striktes Pestizidverbot.
Das Konzept „Natur auf Zeit“ fördere grüne Flächen innerhalb der Städte, erklärte Umweltminister Serge Wilmes. Derzeit würden Bauherren alles tun, um das Entstehen von Biotopen auf ausgewiesenen Bauflächen zu vermeiden – aus Angst, dass weitere Kompensationsmaßnahmen nötig seien. Die auf Bauflächen entstehenden Biotope sollen hingegen zukünftig nicht mehr geschützt sein, um solchen Praktiken vorzubeugen. Details wurden auch in puncto Flexibilisierung von Bauschuttdeponien genannt. Zukünftig soll die Auswahl der anzufahrenden Bauschuttdeponie nicht mehr nach Region geregelt werden. Dadurch soll die jeweils nächste Bauschuttdeponie mit entsprechenden Kapazitäten angefahren werden können, sagte Serge Wilmes.
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