Olympia 2020 / „Ich habe es gehofft, aber sicher war ich mir nicht“: Charel Grethen über seinen Finaleinzug
Charel Grethen sorgt in Tokio für die Sensation aus Luxemburger Sicht. Der 29-Jährige liefert im Halbfinale über 1.500 m eine starke Leistung ab und wird mit dem Einzug in den Endlauf belohnt.
Diesmal klappte es nicht so ganz mit dem Nachzählen. Als Charel Grethen im Halbfinale über 1.500 m die Ziellinie überquert, hat er seinen eigenen Landesrekord um fast vier Sekunden verbessert, von 3:36,75 auf 3:32,86 Minuten. Aber Grethen war sich nicht sicher, ob es zu Platz sieben gereicht hat. „Ich habe es gehofft, aber sicher war ich mir nicht“, so der 29-Jährige. Auf der Anzeige sah er, dass Abel Kipsang das Rennen in 3:31,65 Minuten gewonnen hatte. „Ich wusste, dass das andere Halbfinale in 3:33 gewonnen wurde, und war mir daher recht sicher, dass es von der Zeit her reichen müsste.“
War nur die Frage, ob es auch zu Platz sieben gereicht hat. Die fünf Ersten der beiden Halbfinals sowie die beiden folgenden Zeitschnellsten qualifizieren sich für das Finale. Nach einer bis zwei Minuten erschienen die Resultate auf der Anzeigetafel im Tokioter Olympiastadion – und Grethen hatte Gewissheit: Er wird am Samstag um 13.40 Uhr MESZ (20.40 Uhr Ortszeit) im Finale starten und ist damit der erste luxemburgische Mittelstreckenläufer seit Josy Barthel 1952, der sich für ein olympisches Finale qualifiziert. Dass er Barthels Überraschungssieg von Helsinki wiederholt, ist doch recht unwahrscheinlich, aber Grethen hat sich mit der Finalteilnahme für eine fulminante Leistung belohnt.
Das Rennen wurde etwas langsamer angegangen als das erste Halbfinale. Der Norweger Jakob Ingebrigtsen und der Australier Stewart McSweyn bestimmten das Tempo an der Spitze. Grethen hielt sich erst im Mittelfeld auf, arbeitete sich dann aber etwas nach vorne, an die Seite des amtierenden Olympiasiegers Matthew Centrowitz aus den USA. Der Luxemburger wusste, dass er nur dann eine Chance hat, wenn er keinen Meter zu viel läuft. „Deshalb habe ich mich ständig ganz innen aufgehalten. Nur so würde es mit einer guten Zeit klappen.“ Grethen hat aber nicht auf die Zeit spekuliert, er wollte versuchen, unter die ersten fünf zu laufen. „Taktisch ist er sehr clever gelaufen. Er hat sich schon nach 1.000 Metern nach vorne orientiert, um hinten nicht eingeengt zu werden“, so Grethens Trainer Camille Schmit.
Ein Wettkampftyp
Als Fünfter ging der Luxemburger dann in die letzte Runde. Zu dem Zeitpunkt war das Rennen vier Sekunden schneller als das erste Halbfinale. Auf den letzten 300 m konnte Grethen aber noch eine Schippe drauflegen und arbeitete sich nach vorne. In der letzten Kurve erhöhte er das Tempo noch einmal und ging an Position zwei, hinter dem Kenianer Abel Kipsang, auf die Zielgerade. Kipsang gewann den Lauf mit einem neuen olympischen Rekord in 3:31,65 Minuten. Grethen musste noch fünf Läufer vorbeilassen, das Finale sollte er trotzdem erreichen. Dass er das in einer 3:32er-Zeit geschafft hat, kam sogar für ihn selbst überraschend. „Eine 3:34er habe ich mir zugetraut und wusste, dass sie im Bereich des Möglichen war. Mit einer 3:32er-Zeit habe ich aber definitiv nicht gerechnet.“
Es ist die 22.-schnellste Zeit, die in diesem Jahr über 1.500 m gelaufen wurde, und die neuntschnellste eines Europäers. „Damit hat er im Weltranking einen großen Sprung nach vorne gemacht“, so Schmit, der auch nicht mit einer 3:32er-Zeit gerechnet hatte. Aber er weiß, dass Grethen ein Wettkampftyp ist. „Hier kann er immer noch ein paar Prozent mehr aus sich herausholen als im Training.“ Der Trainer konnte vor dem Rennen eine gewisse Anspannung bei seinem Schützling erkennen. „Sobald er aber mit seinem Aufwärmprogramm beginnt, ist er in seiner Welt und total fokussiert.“
Ich werde alles geben und dann sehen wir, was dabei herauskommtLeichtathlet
Der Finaleinzug ist der vorläufige Höhepunkt eines furiosen Comebacks. Im Sommer 2019 hatte sich Grethen einer Operation an der Achillessehne unterzogen. Nach der Verlegung der Olympischen Spiele hat er sich Zeit gelassen, ist erst im vergangenen Winter zurückgekehrt – und pulverisierte den Landesrekord über 1.500 in der Halle sowie unter freiem Himmel. Dennoch reiste er mit einer der langsamsten Zeiten der 49 Läufer nach Tokio. Seinen Höhenflug setzte Grethen aber unbeirrt fort.
Wie schon das Halbfinale kann der 29-Jährige auch den Endlauf ohne Druck angehen. „Ich werde alles geben und dann sehen wir, was dabei herauskommt.“ Im besten Fall hat Grethen möglichst wenige Konkurrenten zum Nachzählen vor sich …
Programm
Luxemburger im Einsatz
Samstag, 7. August:
13.40 Uhr MESZ: Finale über 1.500 m mit Charel Grethen
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Ech kenne dee jonke Mann net, sinn och keen Amateur vu Sport, mais ech sinn enorm frou fir hien. Fait le faire.
Respekt. Eng immens Leeschtung! Bravo!!!
Respekt a Felicitatioun un den 🇱🇺 Charel Grethen 🏃 🇱🇺
dee bei dësen Olympesche Spiller zu Tokyo immens
iwwerzeegt huet. An e richtege Genoss dat ze kucken.
E groussen historeschen Ament fir de Lëtzebuerger Sport.
Merci Charel Grethen.