Lwiw-Ausstieg / „Ich weiß, dass ich einen neuen Verein finden werde“: So geht es für Marvin Martins weiter
Sportlich gesehen hat sich für Marvin Martins seine erste Saison bei Karpaty Lwiw gelohnt, finanziell dagegen nicht. Der 25-jährige Rechtsverteidiger ist seit seiner Vertragsauflösung vor ein paar Tagen auf der Suche nach einem neuen Verein und blickt zuversichtlich in die Zukunft.
Tageblatt: Diese Woche wurde Ihr Vertrag bei Karpaty Lwiw wegen ausstehender Gehaltszahlungen mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Gab es keine Möglichkeit, bis Ende der Saison in der Ukraine zu bleiben?
Marvin Martins: Ich habe bereits sehr früh die nötigen Schritte unternommen, um meinen Vertrag aufzulösen. Die Situation hat sich bereits vor dem Beginn der Corona-Krise verschlechtert und danach wurde es sogar noch schlimmer. Der Verein wollte mich bis zum Schluss überreden, zu bleiben, aber für mich war das Kapitel abgeschlossen. Ich weiß ganz genau, dass ich einen neuen Verein finden werde. Hätte ich nichts in der Hand, würde ich eine solche Entscheidung nicht treffen. Durch die Vertragsauflösung bin ich zudem ablösefrei und das wird mir die Suche nach einem neuen Vertrag deutlich erleichtern. Vor allem, weil viele Klubs wegen der aktuellen Krise über weniger Geld verfügen werden.
Wie haben Sie diese fünf bis sechs Monate ohne Gehalt erlebt?
Zu Beginn der Saison hat der Verein die Hälfte meiner Miete übernommen. Irgendwann musste ich meine Wohnung alleine bezahlen und bekam zudem kein Gehalt. Jeden Tag habe ich etwas anderes gehört. Mittlerweile scheint der Verein einen Investor gefunden zu haben, um die Saison zu Ende zu spielen. Für mich kommt dies jedoch zu spät. Mitte März wurde meine Rückehr nach Luxemburg organisiert. Die Botschaft in Prag hat dies in die Wege geleitet.
Steckbrief: Marvin Martins
Geburtstag: 17.2.1995
Position: Rechtsverteidiger
Bisherige Vereine: Schifflingen, RFCU Lëtzebuerg, Jeunesse Esch, Progrès Niederkorn, Karpaty Lwiw (UKR)
Leistungsdaten 2019/20:
22 Spiele in der Premjer Liha (1 Tor, 5 Vorlagen)
A-Nationalmannschaft:
7 Spiele, 1 Tor
Wann hat sich erstmals abgezeichnet, dass der Verein finanzielle Schwierigkeiten hat?
Die Probleme begannen, als der Präsident kein Geld mehr in den Verein investieren wollte. Er wollte ein Grundstück in der Nähe unseres Stadions kaufen, aber das wurde ihm von der Stadt Lwiw verwehrt. Ab diesem Moment wurden keine Gehälter mehr bezahlt. Als Spieler habe ich das Recht, meinen Vertrag aufzulösen, wenn ich während zwei Monaten kein Geld bekomme.
War Ihre erste Profisaison trotzdem zufriedenstellend?
Jeder wusste, dass Tim Hall und ich bei Karpaty Lwiw einen Zweijahresvertrag unterschrieben hatten mit dem Ziel, nach einem Jahr wieder zu wechseln und den nächsten Schritt in unserer Entwicklung zu machen. Persönlich lief es für mich sehr gut, ich stand immer in der Startelf und war an sechs Toren beteiligt. Tim Hall und ich zählten zum Schluss zu den wichtigsten Spielern der Mannschaft.
Wie wurden Tim Hall und Sie als Luxemburger Duo in der Ukraine wahrgenommen?
Zwei Luxemburger in Lwiw ist schon etwas Besonderes. Wenn man über Tim geredet hat, fiel auch mein Name und umgekehrt. Als ich bei meinem neuen Verein unterschrieb, war ich der erste Luxemburger überhaupt in dieser Liga. Ein paar Tage später wechselte Tim Hall zu Karpaty und Dynamo Kiew verpflichtete Gerson Rodrigues. Als wir gegen Dynamo gespielt haben, sind Tim und ich einen Tag bei Gerson Rodrigues in Kiew geblieben und sind danach wieder mit dem Flugzeug nach Lwiw geflogen. Das war schon ein besonderer Moment.
Hall bleibt wohl in Lwiw
Anders als Marvin Martins hat Tim Hall erst kürzlich um eine Vertragsauflösung gebeten. Der luxemburgische Innenverteidiger und Karpaty Lwiw stehen jedoch nach Verhandlungen vor einer Einigung. Hall könnte kommende Woche in die Ukraine zurückkehren und die neun restlichen Meisterschaftspartien mit seinem Verein bestreiten und versuchen, den Abstieg zu verhindern. Die Premjer Liha nimmt ihren Spielbetrieb am 6. Juni wieder auf. Aber auch Hall wird den Verein aus der Westukraine nach Saisonende verlassen. del
Niederkorn hatte Sie im vergangenen Sommer ziehen lassen in der Hoffnung, bei einem Weiterverkauf finanziell profitieren zu können. Jetzt sind Sie ablösefrei. Geht Niederkorn als Verlierer aus der Geschichte heraus?
Als Verlierer werden sie sicher nicht dastehen. Niederkorn war sehr korrekt mit mir und ich will auch korrekt mit ihnen sein. In meinen nächsten Vertrag soll diese Klausel wieder eingebaut werden, damit der Progrès irgendwann bei einem Weiterverkauf etwas davon hat.
Viele Leute haben mich in den vergangenen Wochen gefragt, ob ich nach Luxemburg zurückkehren würde. Das empfand ich als beleidigend.Fußballnationalspieler
Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft im besten Fall vor?
Mein Lieblingsland in puncto Fußball ist seit jeher England. Mein Berater Celso Duarte arbeitet gerade daran, einen neuen Klub für mich zu finden. Es gibt zwar Interesse aus der Ukraine, aber ich will unbedingt wieder nach Europa. Die Ukraine war sehr gut für meine Entwicklung, aber ich will jetzt den nächsten Schritt machen. Viele Leute haben mich in den vergangenen Wochen gefragt, ob ich nach Luxemburg zurückkehren würde. Das empfand ich als beleidigend. Ich war Stammspieler bei Karpaty Lwiw und war an sechs Toren beteiligt. Ein Wechsel nach Luxemburg wäre ein Rückschritt für mich und eine große Enttäuschung.
Gibt es bereits Angebote?
Darüber kann ich derzeit noch nicht reden. In den meisten Ländern wird die Meisterschaft noch zu Ende gespielt und danach werden die Vereine erst so richtig auf dem Transfermarkt aktiv.
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