Superwahljahr / Im Osten viel Neues: Rückblick auf den ersten Wahlkampfmonat Januar
Der erste Monat im Superwahljahr 2023 hat mit einem Paukenschlag aufgehört. Luc Frieden ist zurück an der Spitze der CSV. Das Tageblatt blickt auf die vergangenen vier Wochen zurück – und analysiert, wie sich die rezenten Ereignisse für die Wahlstrategien der Parteien im Zentrum und Osten auswirken.
Luc Frieden heißt der Spitzenkandidat der CSV für die kommenden Parlamentswahlen. Der Name Frieden geisterte bereits seit Monaten durch die Gänge der CSV-Parteizentrale. Dem widersetzte sich lediglich das von der CSV-Parteileitung nach außen propagierte Narrativ, man wolle sich nach dem Debakel um die CSV-Freundeskreis-Affäre erneuern. Der Umbruch sollte ursprünglich mit Claude Wiseler, Elisabeth Margue, Stéphanie Weydert, Christophe Hansen an der Spitze der Partei und Gilles Roth und Martine Hansen als Leader der Fraktion gelingen. Nun erfolgt das Eingeständnis der Partei: Mission fehlgeschlagen.
Tatsächlich ist es der CSV über die vergangenen Monate und Jahre hinweg nicht gelungen, einen Spitzenkandidaten für die kommenden Wahlen aufzubauen. Mit Frank Engel wurde eines der letzten großen Kaliber aus der Partei geklagt und Claude Wiseler – Gesicht des Wahldesasters 2018 – nahm sich selbst aus dem Rennen um die Spitzenkandidatur. Zuletzt wurden immer wieder die Namen Martine Hansen, Gilles Roth oder Marc Spautz genannt. Entschieden hat man sich aber für den ehemaligen Weggefährten des bis dato letzten CSV-Premierministers Jean-Claude Juncker.
Mit Nostalgie in die Wahlen
Mit Nostalgie sollen also die kommenden Wahlen gemeistert werden. Dabei ist bei weitem nicht jeder in der CSV mit dem Vorschlag der Parteileitung zufrieden. „Schwer zu glauben, schwer zu schlucken – und nicht zu verdauen“, vertraut sich ein CSV-Sympathisant dem Tageblatt nach Bekanntwerden der Personalie an. Andere wiederum sehen die Wahl Friedens etwas pragmatischer und wollen potenzielle Spitzenkandidaten der Zukunft nicht für einen Wahlkampf verbrennen, der zumindest laut den letzten Umfragen wenig Hoffnung für die CSV verspricht.
Die Parteileitung hofft wohl, mit Friedens Fachkenntnis im Finanz- und Wirtschaftsbereich punkten zu können und will ihn als ökonomischen Experten und Krisenmanager präsentieren, der das Land aus der Wohnungs-, Energie- und Inflationskrise führen soll. Ob diese strukturellen Probleme mit der Kandidatur eines Mannes gelöst werden können, ist die eine Frage. Die andere ist: Was erhofft sich Frieden von einer Spitzenkandidatur mit der doch stark angeknacksten CSV? Meint der Rückkehrer, die sich im Sinkflug befindende Partei wirklich aus eigener Kraft wieder ins Staatsministerium – oder zumindest in eine Regierung – hieven zu können? Und was passiert, wenn für die CSV doch wieder nur die Oppositionsbank übrig bleibt? Erinnerungen an 2013 werden wach, als sich Frieden gegen die Oppositionsarbeit in der Chamber und für einen Sitz im Vorstand der Deutschen Bank entschied.
Strategiewechsel im Zentrum?
Friedens Ernennung wird in der LSAP wohl mit einem lachenden und einem weinenden Auge wahrgenommen worden sein. Demnach wird es im Wahlbezirk Zentrum zu einem Duell zwischen Xavier Bettel und Luc Frieden kommen. Als finanz- und wirtschaftspolitischer Hardliner entspricht Frieden dabei eigentlich dem politischen Profil einer DP und fischt somit eher im gleichen Wählerbecken als eine LSAP das mit Paulette Lenert getan hätte – wenngleich die Person Luc Frieden in puncto Charisma nicht unterschiedlicher von Xavier Bettel sein könnte.
Während DP und CSV im Zentrum um Stimmen und Chamber-Sitze kämpfen werden, würde Paulette Lenert einem Dreikampf durch eine Nominierung im Wahlbezirk Osten aus dem Weg gehen. Das Kalkül der LSAP lautet folgendermaßen: Um im Zentrum einen weiteren Sitz zu gewinnen, müssen deutlich mehr Wählerstimmen gewonnen werden als im Osten, dem Heimatbezirk von Lenert. Das ist faktisch richtig, jedoch wäre jede Stimme, die im Zentrum gewonnen werden könnte, eine Stimme, die nicht an den derzeitigen Premierminister gehen würde – und damit auch schon vor der Ernennung Friedens doppelt so viel wert als im Osten. Nicht zu vergessen, dass im Zentrum auch deutlich mehr Sitze verteilt werden (21) als im Osten (sieben). Jetzt, wo sich mit Bettel und Frieden zwei wirtschaftsliberale Schwergewichte im Zentrum gegenüberstehen, wäre es deutlich einfacher, Stimmen mit einem klaren sozialpolitischen Profil abzuzweigen. Mit einer Paulette Lenert oder einem Jean Asselborn dürfte das noch deutlich einfacher gelingen als mit einem Franz Fayot.
Dieser hat unterdessen das Zentrums-Duell via Twitter angestoßen. „Ich wurde vor kurzem gefragt, ob eine wertebasierte Handelspolitik eine Forderung von mir als Wirtschaftsminister oder die der LSAP sei“, zwitscherte Fayot am Donnerstag. Er habe daraufhin viel Kritik hinnehmen müssen – auch vom Präsidenten der Handelskammer, Luc Frieden. Dieser habe wohl nicht in seiner Funktion als Handelskammerpräsident, sondern als „CSV-Spitzenkandidat“ gehandelt. „Das ist eine inakzeptable Vermischung“, so der LSAP-Wirtschaftsminister.
Ech hu viru kuerzem eng Politik fir den Aussenhandel gefuerdert di op Wäerter baséiert. Et gouf sech doropshi gefrot op dat dem Wirtschaftsminister oder der @lsap_lu hir Revendicatioun ass. Ech weess op alle Fall haut a wat fir enger Qualitéit de Präsident vun der @ccluxembourg
— Franz Fayot (@FranzFayot) January 26, 2023
Und die Grünen? Da hat der derzeitige Vize-Premierminister François Bausch seine Nachfolgerin quasi im Alleingang gekürt. Sam Tanson sei laut Bausch eine geeignete Spitzenkandidatin. Dem Dekret von Bausch wollte niemand widersprechen –, sodass die Grünen nun eine Statutenänderung vornehmen wollen, um bei den Wahlen mit einer einzigen Spitzenkandidatin, und nicht wie bisher mit Doppelspitze, anzutreten.
Karten im Osten neu gemischt
Auch stellt sich die Frage, was sich die LSAP im Osten mit der Aufstellung von Paulette Lenert konkret erhofft. Der Wahlbezirk Osten hat sich bei den vergangenen Wahlen als nicht besonders volatil herausgestellt, die Ergebnisse der Parlamentswahlen im Jahr 2013 wurden 2018 noch einmal ohne Sitzumverteilung bestätigt. Die Frage stellt sich hier: Wenn ein oder womöglich zwei Sitze gewonnen werden könnten, auf wessen Kosten würden diese gehen?
Mit Françoise Hetto-Gaasch verliert die CSV im Osten ihr wichtigstes Zugpferd aus den vorherigen Wahlen. 2018 konnte Hetto-Gaasch immerhin fast 20 Prozent der Stimmen im Osten auf sich vereinen (zusammengesetzt aus maximaler Anzahl von Einzel- und Listenstimmen). Octavie Modert und Léon Gloden folgten mit 16 und 15 Prozent. Anstelle von Hetto-Gaasch tritt nun der Newcomer Max Hengel, der sein Mandat 2021 von Hetto-Gaasch übernommen hat. Dahinter gesellt sich die derzeitige Co-Generalsekretärin der CSV Stéphanie Weydert, die jedoch auch aufgrund des CSV-Freundeskreis-Prozesses nicht nur positive Schlagzeilen machte.
Auf Basis der Daten von 2018 ist DP-Parteipräsident Lex Delles der beliebteste aktive Politiker aus dem Osten des Landes. Mit Delles, Gilles Baum und Carole Hartmann sind es insgesamt drei politische DP-Schwergewichte aus dem Osten, die die zwei DP-Sitze auch bei den kommenden Wahlen absichern könnten. Bei den Grünen ist die meistgewählte Politikerin mit Carole Dieschbourg aus der Regierung ausgeschieden und wird bei den kommenden Wahlen keine Rolle spielen. Ob Henri Kox diese Rolle ausfüllen kann, bleibt abzuwarten. Zu sehr nagt das Wohnungsbaudossier an den Beliebtheitswerten des im Osten fest verankerten Politikers – in regelmäßigen Abständen wählen die Einwohner Luxemburgs den Wohnungsbau zum Sorgenkind Nummer eins.
Sicher ist: Mit Paulette Lenert ist die heutzutage beliebteste Politikerin des Landes 2018 gar nicht angetreten. Und so müssen alle Parteien um ihre vielleicht sicher geglaubten Sitze im Osten fürchten. Denn: Den Abgang vom LSAP-Spitzenkandidadten im Osten Nicolas Schmit zur EU-Kommission konnte die LSAP mit Lenert problemlos ersetzen. Die Frage, die sich die LSAP also stellen muss: Rechtfertigt der marginale Gewinn von einem oder im optimalen Fall vielleicht zwei Sitzen die anfallenden Opportunitätskosten, die im Zentrum mit einer Nicht-Kandidatur von Paulette Lenert einhergehen? Bisher scheint die LSAP darauf zu setzen, dass Paulette Lenert den Osten des Landes im Sturm einnimmt – und etwaige Verluste im Zentrum dadurch kompensiert.
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Weshalb braucht es ein retouchiertes Foto?
Den Osten kritt erem vill
versprach waat duerno guer nett
agehaale gett,IRM etc.an nach
vill aaner Saachen,alles lamentabeles Gelaaber.