„Frëndeskrees“-Affäre / „Druck aus der Fraktion“: Auftakt im Freundeskreis-Prozess gibt Einblicke in Parteistrukturen
Mit Spannung wurde der Prozessauftakt zur Freundeskreis-Affäre erwartet. Am ersten Prozesstag wurden die Angeklagten gehört, die davon berichteten, dass der Druck aus der Fraktion, die Anzeigeschrift zu unterschreiben, sehr groß war – obwohl einige Mitglieder des Freundeskreis-Verwaltungsrates ganz konkrete Zweifel an dem zugrunde liegenden Rechtsgutachten hatten.
Prozessauftakt: „Druck aus der Fraktion“
Die sieben Protagonisten aus dem Freundeskreis-Prozess haben sich am Dienstag erstmals zu Prozessbeginn zu dem ominösen Arbeitsvertrag zwischen Frank Engel und dem Freundeskreis sowie den von der CSV rückerstatteten Sozialabgaben geäußert. Neben Engel müssen sich noch Elisabeth Margue, Stéphanie Weydert, André Martins Dias, Félix Eischen, Georges Pierret und Georges Heirendt vor Gericht verantworten.
Dem Arbeitsvertrag, darin deckten sich die Aussagen der Verwaltungsratsmitglieder des Freundeskreis-Vereines, sei eine grundsätzliche Einigung der Beteiligten vorausgegangen. Auf die Frage des Richters, warum Eischen, Weydert, Elisabeth, Pierret und Martins die Anzeigeschrift, durch die sie sich selbst angezeigt haben, denn unterschrieben hätten, kam von allen Beteiligten die Antwort, dass von einigen Fraktionsmitgliedern großer Druck auf sie ausgeübt wurde und ihnen nicht die nötige Zeit gelassen wurde, das angefertigte Rechtsgutachten zu studieren. Lediglich Georges Pierret hatte das Rechtsgutachten genauer untersucht und kam zu dem Schluss: „Dat hält d’Strooss net.“ Trotzdem habe er im Endeffekt unterschrieben.
Im Falle der rückerstatteten Sozialabgaben sagte Georges Heirendt, ehemaliger Schatzmeister der CSV, dass er Frank Engel darauf hingewiesen habe, sich den Vorgang vom National- und Exekutivkomitee absegnen zu lassen – die Anfrage habe er aber nicht weiter hinterfragt, da das nicht die Aufgabe eines Schatzmeisters sei. Sein Nachfolger André Martins Dias, der eine ähnliche Zahlung im Jahr danach tätigte, wies lediglich darauf hin, dass bei der vorherigen Kassenrevision die Zahlung nicht beanstandet wurde – und er dementsprechend kein Grund gehabt habe, den Hintergrund der Zahlung anzuzweifeln.
Was war passiert?
Das Kapitel um Frank Engel und die CSV geht am Dienstag in die nächste Runde. Dann beginnt der Prozess gegen die Verwaltungsratsmitglieder des CSV-nahen Vereins „CSV Frëndeskrees Asbl“. Neben Frank Engel muss sich somit auch der gesamte ehemalige Vorstand des CSV-Freundeskreises vor Gericht verantworten. Mit dem Prozess beginnt somit nicht nur die juristische Aufarbeitung der Vergangenheit – er ist auch entscheidend für den unter Claude Wiseler anvisierten Neuanfang in der Partei nach dem Rücktritt von Frank Engel – denn mit dem ehemaligen Parteipräsidenten wurden auch die damaligen CSV-Vizepräsidentinnen Stéphanie Weydert und Elisabeth Margue angeklagt. Die beiden Personalien sind für die CSV höchst problematisch, wurde Elisabeth Margue auf dem letzten Parteikongress doch zur Co-Präsidentin und Stéphanie Weydert zur Co-Generalsekretärin gewählt.
CSV Frëndeskrees Asbl.
Die „CSV Frëndeskrees Asbl.“ wurde laut Frank Engel gegründet, um in den 1980er Jahren eine Immobilie für die Partei in Luxemburg anzuschaffen. Eine politische Partei gilt in Luxemburg nicht als juristische Person und kann demnach keinen Kredit bei einer Bank aufnehmen. Der Vorstand der „CSV Frëndeskrees Asbl.“ setzt sich analog zur Parteileitung der CSV zusammen. Neben Frank Engel, Félix Eischen, Stéphanie Weydert und Elisabeth Margue waren auch André Martins Dias und George Pierret Mitglieder im Vorstand des CSV-nahen Vereins.
Rückblickend kann man wohl sagen, dass das Drama zwischen Frank Engel und der CSV schon auf dem Parteikongress 2019 seinen Lauf genommen hat. Frank Engel setzte sich in einer Abstimmung mit knapp 54 Prozent der Stimmen gegen den hauptstädtischen Schöffen und Abgeordneten Serge Wilmes durch. Wilmes war der Wunschkandidat von einem Großteil der CSV-Fraktion, Engel war bei der Parteibasis beliebter. Schon kurz nach der Wahl traten diese Spannungen offen zutage, als Wilmes den neuen Mann an der Spitze der CSV in einem RTL-Interview publik kritisierte.
Aus der Partei heißt es jedoch, dass Engel sich insbesondere durch seine Alleingänge zunehmend unbeliebter in der Parteizentrale machte. Besonders sein Vorstoß für eine Vermögens- und Erbschaftssteuer im Sommer 2020 sowie das Platzen der Verfassungsreform im Jahr 2019 haben den ehemaligen CSV-Chef einiges an politischem Kapital und Allianzen gekostet – der sich schlussendlich ohne prominenten Unterstützer in der Partei der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft ausgesetzt sah. Der Beginn eines Vorfalls, der ihn seinen Posten als CSV-Präsidenten kostete.
Streitpunkt und Eskalation
Der Streit zwischen Frank Engel und den CSV-Abgeordneten erreichte seinen vorläufigen Höhepunkt am 16. März 2021, als mehrere CSV-Abgeordnete die Staatsanwaltschaft über ein womöglich unrechtmäßiges Arbeitsverhältnis informierten, das zwischen Frank Engel und dem parteinahen Freundeskreis bestanden habe. Offiziell verwiesen die CSV Abgeordneten auf ihre Pflicht, das strafrechtlich bedenkliche Arbeitsverhältnis zur Anzeige zu bringen – das Verhältnis zwischen der Fraktion und dem Parteipräsidenten war zu dem Zeitpunkt aber längst zerrüttet.
Auf der Generalversammlung des Freundeskreises am 8. März soll die Existenz des Arbeitsverhältnisses einigen Abgeordneten erstmals bestätigt worden sein. Ein juristisches Gutachten, das die CSV-Abgeordneten daraufhin in Auftrag gaben, hat die Abgeordneten in ihrer Vermutung bestätigt, wodurch die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erfolgte. Brisant ist, dass der CSV-Abgeordnete Félix Eischen in seiner Funktion als Generalsekretär den Arbeitsvertrag zusammen mit dem Schatzmeister des Freundeskreises André Martins Dias unterschrieben hatte – ebenso wie später die Anklageschrift bei der Staatsanwaltschaft.
Rechtliches Statut der Parteien
Politische Parteien haben in Luxemburg keine rechtliche Selbstständigkeit. Das bedeutet, dass es den Parteien untersagt ist, Immobilien zu besitzen, sie besitzen kein Klagerecht und können nicht verklagt werden.
Mit der Reform des Parteienfinanzierungsgesetzes sollte auch das rechtliche Statut der Parteien reformiert werden – der Text wurde jedoch aufgrund starker Kritik vom Staatsrat wieder verworfen.
Der Arbeitsvertrag zwischen Engel und dem Freundeskreis hatte eine Laufzeit von acht Monaten und brachte dem damaligen Parteipräsidenten monatlich rund 6.000 Euro brutto ein. Auf einer Pressekonferenz am Morgen des 19. März gestand Engel, seinen Teil des Vertrages nicht erfüllt zu haben und nach mündlicher Absprache zurückzahlen zu wollen. Seine Aufgabe sei es gewesen, die nötigen Vorkehrungen zu treffen, um den Verein in eine Stiftung umzuwandeln. Andernfalls wäre das Geld durch die Stiftung und das Anwerben neuer Mitglieder wieder hereingekommen, meinte Engel auf der Pressekonferenz im März. Trotz der derzeitigen Komplikationen wolle er aber weiterhin Parteipräsident bleiben.
Nach der Pressekonferenz überschlugen sich jedoch die Ereignisse. Die Presse erreichte kurz darauf die Nachricht, dass Engel den CSV-Nationalvorstand nun doch über seinen Rücktritt informiert habe. Weydert und Margue sollten die Parteileitung kommissarisch bis zum nächsten Parteikongress übernehmen. Fast zeitgleich verschickte die Staatsanwaltschaft eine Pressemitteilung, in der sie über die erste von zwei Hausdurchsuchungen im Zuge der Freundeskreis-Affäre informierte.
Wer wird beschuldigt?
Das Resultat der Ermittlungen ist bekannt. Neben Frank Engel muss sich der gesamte Vorstand des CSV-Freundeskreises vor Gericht verantworten: Félix Eischen, Stéphanie Weydert und Elisabeth Margue, André Martins Dias und George Pierret. Engel zeigte sich nach Bekanntgabe der Anklage nicht überrascht, dass die Freundeskreis-Affäre auch juristische Konsequenzen für die CSV nach sich zieht. „Es ist doch logisch, dass die von der CSV kolportierte Geschichte, in der ich der einzige Bösewicht bin, nicht stimmen kann“, sagte Engel im Juli gegenüber dem Tageblatt. „Da sind jetzt einige dabei, die sich wegen nichts selbst angeklagt haben. Da kann man darüber spekulieren, wie intelligent das wirklich war.“
Der im April zum neuen CSV Präsidenten gewählte Claude Wiseler reagierte auf die Anklage des gesamten Vorstandes schon fast zwanghaft hoffnungsvoll, bestrebt, vorerst keine Unruhe in seinem neuen Team aufkommen zu lassen. „Es ist für die Partei sicherlich eine Belastung und wir müssen abwarten, was in den nächsten Wochen passiert“, sagte Wiseler in einem Gespräch mit dem Tageblatt im Juli. Fürs Erste gelte aber die Unschuldsvermutung und das Team arbeite weiter an der Erneuerung der Partei. Zudem habe diese aus der Freundeskreis-Affäre bereits Lehren gezogen. „Wir haben unserer finanziellen Organisation schriftliche Regeln gegeben und unser finanzielles Gebaren in einer präzisen Form festgelegt.“
Der Arbeitsvertrag mit dem CSV-Freundeskreis ist aber nicht die einzige Unstimmigkeit, in die Engel während seiner Mandatszeit als CSV-Präsident verwoben war. Zwischen Januar und Mai 2019 soll die Partei Sozialabgaben in Höhe von 6.000 Euro für den Parteipräsidenten geleistet haben – ohne dass die dafür nötige Voraussetzung, nämlich ein gültiger Arbeitsvertrag für die Periode, vorgelegen hätte. Die Erklärungsversuche der CSV werfen ebenfalls Fragezeichen auf. Die Entscheidung, die Sozialausgaben für Frank Engel zu zahlen, sei vom damaligen Präsidenten in Absprache mit Generalsekretär Félix Eischen und Kassenwart André Martins Dias getroffen, aber nicht schriftlich dokumentiert worden. Diese Informationen wurden dem Rechnungshof am 8. Februar 2021 per E-Mail zugetragen. Eine Darstellung, der die CSV in der Post-Engel-Ära allerdings widerspricht: Weder der Generalsekretär noch der Schatzmeister seien von den Zahlungen in Kenntnis gesetzt worden. „Diese Mitteilung wurde von Frank Engel an den Rechnungshof weitergegeben, ohne den Generalsekretär oder den Kassenwart in Kenntnis gesetzt zu haben“, sagte Wiseler auf Nachfrage des Tageblatt.
Frank Engel trat im April 2021 aus der CSV aus und hatte die Gründung einer eigenen Partei angekündigt. Neuesten Berichten zufolge will Engel seinen Ankündigungen aber nur noch halbe Taten folgen lassen. Bei den nächsten Wahlen wolle er nicht etwa mit einer eigenen Partei, sondern mit einer eigenen Wahlliste antreten.
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Vetternwirtschaft gett et dach iwerall beim Staat an den Gemengen.
Da haben etliche freunde ein klassisches selbsttor geschossen
Eigentlech kruut CSV mam Gang an d’Oppositioun déi gréisste Chance gebuëden déi sech zënter dass ech mech fir Politik interesséieren, fir sie je obgemaat huet. Sie hätte sech kéinte reforméieren, erneieren, jonk Leit obbauen, deen aale Werner-Santer-Juncker-Mief ofrëselen an durch intelligent, modern a vun Nohaltegkeet geprägte Politik wéi de Phoenix aus den Äschen oberstoën.
Ma Realpolitik fir Land a Leit, Eegestännegkeet an Teamarbëcht schéint bei de groussen CSV Cheffe aus der Vergangenheet, net ob der Lee gestaan ze hun. A Wirklechkeet aus ouni de grousse Papi alles zesummegebrach an déi Responsabel laafen haut nach durcheneen wéi den Homer Simpson, wann en am Atomkraftwierk wou e schafft, alt nees emol eng Kéier um falschen Hiëwel gezunn huet an d’Katastrophe duerno net méi ze évitéieren as. Awer och all Aktioun vun der CSV an hierer Roll als Oppositioun, as duerno zu enger Lachnummer ginn, d’Engelsgeschicht as elo den Héichpunkt an et kann e fir sie just hoffen dass dat net och nach getoppt get. CSV-Politik as zur Realsatire gin an den Ënnerhaalungswert vun der CSV an hiere Protagonist*innen as scho baal ob ADR-Niveau. Wéinstens ze laachen huet ee mat hinne genuch, an eng besser Arbëcht kann een am Fong fir eis Regierungsparteien net maan, dofir misst een Hinne scho baal nees dankbar sin a Merci soën.
@Gerd
„Vetternwirtschaft gett et dach iwerall beim Staat an den Gemengen.“
Dann zielt eis wou, da kommen déi Kriminell och an de Klemmes.
D’CSV ass dout a näischt kann doun eppes änneren.
Do geet et wéi mat der Democrazia Cristiana, déi sinn och op Dreckstipp vun der Geschicht komm.
Hoffentlich überstehen alle Akteure die Gerichtsverhandlung, nicht dass es noch zu Rücktritten, Karriereenden, Burnouts oder gar zu Gefängnisstrafen kommt.
Hoffentlich packt der Engel gründlich aus.
Die CSV von einem Engel zerstört, das wäre doch was.
„CSV-Fraktionschefin Martine Hansen habe die Mitglieder des Conseil d’administration des Freundeskreises angerufen und dazu gedrängt, das entsprechende Dokument zu unterschreiben. “
Ich habe keine Sekunde daran gezweifelt, dass der Dolch in den Rücken von der bebrillten Dame kam.
@ Undine
Hoffentlich packt der Engel gründlich aus.
Die CSV von einem Engel zerstört, das wäre doch was.
Genau,do soll alles op Tappéit kommen, sou wéi sie et matt
den Aneren maachen.
Lustige Slapstick Show. Wobei Slapstick hier wörtlich zu nehmen ist. Die dreschen so schön aueinander ein.
@Klod: eher noch selbst ein Elfmeter beim Unparteiischen eingefordert! Und es dann noch selbst geschossen.