/ Im Zweifel rechts: Mit Gast Gibéryen geht der ADR eine gemäßigte Parteigröße verloren
Als einen „Flop“ bezeichnete das Tageblatt die Protestaktion „5/6-Pensioun fir jiddfereen“ am 28. März 1987. Dieser Flop währt mittlerweile seit mehr als 30 Jahren. Denn die Demo gilt insgeheim als Gründungsakt der heutigen ADR: ein bunter Haufen bestehend aus der Neutralen Gewerkschaft Luxemburgs, dem Freien Luxemburger Bauernverband, der Journalistengewerkschaft des Saint-Paul-Verlags und dem kommunistischen Invaliden- und Rentnerverband.
Und inmitten dieser Bande war von Beginn an Gast Gibéryen. Er war der erste Präsident des Aktionskomitees und über Jahre hinweg das Aushängeschild. Nun hat der Parteigründer auf Radio 100,7 angekündigt, dass er sich noch vor Ende der Legislaturperiode zurückziehen wird – entgegen früheren Behauptungen. Entweder noch in diesem Jahr als neugewählter Abgeordneter des EU-Parlaments. Oder in nicht allzu ferner Zeit, um für den Drittgewählten im Südbezirk, Fred Keup, das Feld zu räumen. Mit dem angekündigten Rücktritt von Gibéryen geht dabei ein moderater Vertreter der Partei, der die unterschiedlichen Interessen stets ausbalancieren konnte. Ein Sozialpolitiker der Mitte, ein Volkstribun, der zwar gelegentlich laut war, aber nicht radikal.
Weg frei für einen radikaleren Stil
Mit Fred Keup tritt ein Politiker neuen Typs an seine Stelle. Jemand, der sich bis jetzt einen Namen als Agent provocateur in den sozialen Medien gemacht hat, der gegen alles politisch Korrekte wettert; gegen das Ausländerwahlrecht, gegen Willkommenskultur, gegen den Islam, gegen Klimahysterie, gegen Frankofonisierung. Keup ist, anders als Gibéryen, im Zweifel eher radikal, aber nicht laut. Er verpackt seine rechte Kritik in ein bürgerliches Gewand. Moderat im Ton, rabiat in den Ansichten.
Und damit erinnert er an den politischen Stil von Fernand Kartheiser. Der rechtskonservative Abgeordnete der ADR weiß sich stets geschickt in den unterschiedlichen Milieus zu bewegen. Seine homophoben und wertkonservativen Ansichten präsentiert er eloquent dem jeweiligen Anlass entsprechend: als staatstragender Diplomat bei offiziellen Anlässen, als rechter Dandy bei linksintellektuellen Veranstaltungen oder als strammer Konservativer im Parlament. Mit Kartheiser und Keup in der Chamber wird sich die ADR verändern und politisch nach rechts rücken.
Erst das, dann die ADR
Viele Missverständnisse ranken sich dabei um die ADR. Das beginnt bereits mit dem Namen. Es gibt nicht wenige, die bis heute den falschen Artikel für die ADR benutzen. Das liegt schlichtweg daran, dass das „A“ in ADR lange Zeit für das „Aktionskomitee“ stand. Mehrmals änderte die Partei ihren Namen: 1992 von „Aktionskomitee 5/6“ in „Aktionskomitee für Demokratie und Rentengerechtigkeit“ – und schließlich 2006 in „Alternative Demokratische Reformpartei“.
Das Aktionskomitee agierte dabei zunächst monothematisch. Es ging um Renten. Präzisier: um Rentengerechtigkeit zwischen Beamten im öffentlichen Dienst und Privatangestellten. Über ein Jahrzehnt kämpfte das Aktionskomitee für bessere Renten im Privatsektor, um die Unterschiede zu überwinden. Und das überaus erfolgreich: 1999 erlangt das Aktionskomitee 7 Sitze im Parlament (siehe Grafik). Doch der Höhepunkt bedeutet auch gleichzeitig den vorläufigen Niedergang. Die große Rentenreform von 1998 und der Rententisch von 2001 gleichen Pensionen zwischen öffentlichem Dienst und Privatsektor nahezu an. Damit ging dem Aktionskomitee das Thema aus. Sein Erfolg machte es obsolet.
Noch keine rechtsextreme Partei
Dabei war es als Protestpartei ohne klaren inhaltlichen Kern zu dieser Zeit für viele Abtrünnige anderer Parteien attraktiv. „Das Fehlen jeder theoretischen und ideologischen Ausrichtung“ erlaubte es, „sowohl sozial-populistische als auch gesellschaftlich-reaktionäre oder engstirnig-partikulare Interessen zu vertreten“, fasste es der kommunistische Abgeordnete Aloyse Bisdorff 2000 in der Zeitschrift forum etwas verschwurbelt, aber dennoch treffend zusammen.
Das Aktionskomitee entwickelt in dieser Zeit unter seinem Langzeitpräsidenten Robert Mehlen ein neues Profil, das sich grob auf drei Themen reduzieren lässt: die wachsende Kluft in der Luxemburger Gesellschaft zwischen Privatangestellten und Staatsbeamten, die sich über die Regierungsparteien Privilegien verschaffen konnten; das Wachstumsdilemma des Luxemburger Sozialmodells und die Wichtigkeit von Sprache, Tradition und Identität. Seit der Umbenennung in „Alternative Demokratische Reformpartei“ sowie dem Eintritt von Fernand Kartheiser hat sich die Gewichtung der unterschiedlichen Themen schleichend in Richtung Sprache und Identität verschoben.
Doch dem Vorwurf einer rechtsextremen Partei, den manche erheben, wurde die ADR mit Gast Gibéryen nie gerecht. „Ich gehöre zu jenen, die die ADR nicht zum rechtspopulistischen Lager zählen“, sagte etwa der französische Extremismusexperte Jean-Yves Camus in einem Interview mit dem Luxemburger Wort 2017. Ob diese Aussage auch noch in vier Jahren bei den nächsten Parlamentwahlen Gültigkeit hat, wird sich zeigen.
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Verglichen mit den anderen Nasen der Buntschuh-Partei ist Gybérien wenigstens noch in der Öffentlichkeit vertretbar. Die Kartheiser & Co sitzen da schon eher auf einem wackeligen Ast. Wer zweifelt sollte sich eher zurückhalten als Rechtspopulismus zu betreiben.
Als Flop würde ich die Initiative der Adr nicht bezeichnen, es war eher ein Versagen der Privatangestellten welche sich nicht vorstellen konnten 5/6 vom Endgehalt als Pension zu erhalten. Und im öffentlichen Dienst gewann aus
welchen Gründen auch immer die Meinung schnell die Oberhand ,die Adr wolle den Staatsbeamten die 5/6 streitig machen. freundlichst
Die 5/6 Partei war der Versuch einer wahrheitsliebenden Zeitung, Stimmen zurückzugewinnen, die einer konservativen Partei langsam aber sicher am rechten Rande verloren gingen.
Blöd ist halt nur, dass jetzt Fred Keup ins Parlament kommt mit all seiner Krawalligkeit. Aber vielleicht gibt’s ja dann endlich ’ne Schlägerei in der Chamber, mit den Piraten.
So kommt Leben in die Bude! 😀
Den kritt mei eng schein Pensioun wei seng Wieler. En ass jo als 5/6 Verfechter ugedrueden. Ausser fir sech selwer, ass nikt vill bliewen!