Précoce / In Aspelt bleibt vielen Kindern die Vorschule verwehrt
Jedes Kind hat ein Recht auf Bildung. Dieses Leitmotiv des Bildungsministeriums scheint in der Gemeinde Frisingen zu wackeln. Denn immer weniger Eltern wollen ihre Kinder in der Ortschaft Aspelt in die Vorschule einschreiben. Der Grund: Bürgermeister und Schöffen können keine zusätzliche Betreuung der Kleinen vor und nach den regulären Schulzeiten anbieten.
„Die Einschreibungsbriefe für die ‚Précoce‘ sind bereits raus“, sagt Roger Beissel („Är Équipe“), Bürgermeister von Frisingen, in der Gemeinderatssitzung vom 23. Februar. Ein Angebot auf zusätzliche Betreuungsmöglichkeiten vor und nach der Schule bleibt den Eltern in Aspelt, Gemeinde Frisingen, verwehrt. Die regulären Zeiten der Vorschule („Précoce“) sind von 8.00 bis 11.50 Uhr und nachmittags von 14.00 bis 15.50 Uhr. Die Eltern können ihre Kinder ab 7.50 Uhr dort abgeben.
„Diese Uhrzeiten sind nicht vereinbar mit den Arbeitszeiten vieler Eltern“, sagt Lynn Lepasch, Präsidentin der Elternvertretung „Association des parents et élèves de Frisange“ (APEF) gegenüber dem Tageblatt. Viele Eltern würden sich aus diesem Grund gegen eine Einschreibung in die „Précoce“ entscheiden. Als Alternative bleibe die Anmeldung in einer Kita. Doch hier belaufen sich die Wartezeiten auf teils drei Jahre, um einen Platz zu bekommen, sagt Lepasch. Auch der Kostenfaktor spiele eine Rolle. Während die „Précoce“ gratis sei, müssten die Eltern für die „Crèche“ bezahlen. In der Gemeinde Frisingen leben laut der APEF-Präsidentin viele Menschen, die beim „Office social“ angemeldet sind. Eine Tatsache, die vom Bürgermeister der Gemeinde immer wieder betont werde, sagt Lepasch.
Es ist nicht so, dass der Schöffenrat keine außerschulische Betreuung für die ,Précoce‘ anbieten will. Wir haben zurzeit keine Möglichkeit, dies anzubieten.Bürgermeister der Gemeinde Frisingen
Auch Yves Gaffinet (LSAP) aus der Opposition bemängelt die unflexiblen Uhrzeiten der Vorschule. Dies stelle Familien, auch jene, wo Elternteile nur halbtags arbeiten, vor große Herausforderungen. Der LSAP-Politiker hebt einige Vorzüge der „Précoce“ gegenüber der Kita hervor, wie etwa die bessere Anpassung an das luxemburgische Schulsystem. Daneben gebe es auch pädagogische und sprachliche Vorteile. Die LSAP fordert demnach eine zusätzliche Betreuung der Kinder in Form einer „Maison relais“ von 7.00 bis 8.00 Uhr sowie von 12.00 bis 13.00 Uhr. Dies würde die Eltern entlasten und sie dazu motivieren, sich für die „Précoce“ zu entscheiden. Georges Hoffmann (CSV), ebenfalls in der Frisinger Opposition, schlägt vor, die Betreuung vor der Schule in einem Klassenraum anzubieten, bis dieser Raum von der regulären Klasse gebraucht werde.
Fehlende Räumlichkeiten
„Es ist nicht so, dass der Schöffenrat keine außerschulische Betreuung für die ,Précoce‘ anbieten will“, sagt Roger Beissel auf Tageblatt-Nachfrage. „Wir haben zurzeit keine Möglichkeit, dies anzubieten. Jeder sagt, dass das gehen würde, aber das stimmt nicht“, so der Bürgermeister. „Wir wollen alles für unsere Kinder tun, aber wir können diese Einrichtungen nicht von heute auf morgen auf die Beine stellen.“ Zurzeit befinden sich laut Beissel knapp 30 Kinder in zwei Klassen der „Précoce“. Momentan seien nicht so viele Kinder dort eingeschrieben, weil die außerschulische Betreuung fehle. Bietet man hingegen eine „Maison relais“ für die „Précoce“ an, dann geht Beissel davon aus, dass sich in etwa 60 Kinder dort anmelden würden. Dies könne aber zurzeit nicht gewährleistet werden.
Für den Bürgermeister liegt das Problem in den fehlenden Räumlichkeiten. Jene, die die APEF oder die Opposition vorgeschlagen habe, seien nicht dazu geeignet. „Uns fehlen die Genehmigungen dafür.“ Zudem seien Kinder keine Kaninchen, die man in einen Käfig einsperren könne. „Wir brauchen eine adäquate Lösung“, sagt er. Einerseits geht es um einen Container, der neben der Schule in Aspelt aufgebaut wurde. Hierfür liege keine Genehmigung für die außerschulische Betreuung von „Précoce“-Kindern vor, sagt Beissel. Früher war dort ein Kindergarten mitsamt Toiletten untergebracht. Letztere seien abgerissen worden. Zurzeit wird der Container laut Beissel von Vereinen genutzt.
Wäre diese neue Schule eher geplant worden, dann hätten wir diese Diskussion jetzt nichtBürgermeister der Gemeinde Frisingen
Vor fünf Jahren hat die Gemeinde einen Saal im Kulturzentrum in Aspelt herrichten lassen, der laut Lynn Lepasch unter anderem von der „Maison relais“ benutzt werden konnte, bis diese in Frisingen, früher als geplant, in einen Container einziehen konnte. Der Umbau wurde dennoch vollzogen, weil der Kostenvoranschlag bereits unterschrieben war. Dennoch lehnt der Bürgermeister dies ab, mit der Begründung, dass der Raum nicht geeignet sei für die kleineren Kinder. Lynn Lepasch kann dies nicht verstehen. Der Bürgermeister habe, so Lepasch, sogar das Angebot von zwei Kitas, die Betreuung der Kinder der Vorschule zu übernehmen, wenn die Gemeinde einen Saal zur Verfügung stelle, ausgeschlagen. Dazu sagt Beissel: „Als Gemeinde können wir privaten Kitas keinen Raum zur Verfügung stellen.“
Baubeginn Ende 2023
Der Bürgermeister verweist auf die neue Schule, die sich in der Planung befindet, und welche nach Fertigstellung das Problem lösen werde. Dort soll die von der APEF, LSAP und CSV geforderte „Maison relais“ für die Vorschule endlich angeboten werden. Doch Beissel gibt zu bedenken, dass der Bau erst Ende 2023 beginnen wird und drei Jahre Bauzeit vorgesehen sind. „Wäre diese neue Schule eher geplant worden, dann hätten wir diese Diskussion jetzt nicht“, sagt der Bürgermeister mit Blick auf die vorherige Legislaturperiode der jetzigen CSV-LSAP-Opposition.
So lange will auch Beissel nicht warten. Deshalb suche man aktiv nach geeigneten Möglichkeiten. Für das kommende Schuljahr könne man allerdings nichts mehr in die Wege leiten. In erster Linie wolle man die außerschulische Betreuung von 7.00 bis 8.00 Uhr anbieten sowie in der Mittagszeit. In einem zweiten Schritt könne er sich vorstellen, eine Betreuung über den ganzen Tag anzubieten. Probleme gibt es in Frisingen auch beim „Pedibus“. Dieser soll öfters aufgrund von Corona-Infektionen beim Personal ausgefallen sein und die Eltern seien meist kurzfristig davon in Kenntnis gesetzt worden. Der „Pedibus“ sei eine Schwachstelle, sagte Beissel in der letzten Gemeinderatssitzung. Er wolle deshalb auch keine provisorische Betreuung in der „Précoce“ anbieten, weil er eine weitere Schwachstelle befürchte. Man müsse dies entweder richtig organisieren oder gar nicht anbieten.
Wir können einfach nicht verstehen, wieso man dies den Kindern verwehrtPräsidentin der Elternvertretung APEF
Der Dissens um die außerschulische Betreuung in der „Précoce“ hatte sich bereits letztes Jahr hochgeschaukelt. Das Lehrpersonal des Zyklus 1 hatte Kontakt mit der Elternvereinigung APEF aufgenommen, weil man in diesem Dossier auf taube Ohren bei der Gemeinde gestoßen war. Die Infrastruktur sei vorhanden und Geld für das nötige Personal stehe zur Verfügung, moniert Lynn Lepasch. Dennoch werde nichts unternommen. Auch die Oppositionsparteien kommen nicht weiter. Der Schöffenrat blocke jede Anfrage in diese Richtung ab. „Wohl sehen sie einfach keinen Sinn in dieser zusätzlichen Betreuung in der ‚Précoce‘“, sagt die APEF-Präsidentin.
Öffnung für die Betreuung
Im Dezember 2021 schrieb die APEF einen Brief an den Gemeinderat und an die Schuldirektionen. Am 2. Februar folgte ein Gespräch mit Bürgermeister Roger Beissel und den Schöffen Carlo Raus (DP) und Marcel Mousel („Är Équipe“). „Das Gespräch war am Anfang heikel. Am Schluss sind wir mit einem positiven Gefühl aus der Sitzung herausgegangen“, sagt die Präsidentin der Elternvertretung. Der Bürgermeister habe gesagt, dass er eine Öffnung für die Betreuung in der „Précoce“ sehen würde. Der Vorschlag sah laut Lepasch vor, die Betreuung in einem Klassensaal in Aspelt zu gewährleisten. Dort seien zurzeit zwei „Précoce“-Klassen untergebracht. „Zwei Wochen später kam der Gemeinderat zusammen und schloss eine zusätzliche Betreuung bei der ‚Précoce‘ in den nächsten Jahren kategorisch aus“, erklärt Lepasch. „Wir können einfach nicht verstehen, wieso man dies den Kindern verwehrt.“ Aussagen wie „‚Précoce‘ ist fakultativ“ und „es gibt ja auch ‚Crèches‘“ finde sie lächerlich.
Gegenüber dem Tageblatt stellt Roger Beissel klar, dass auch er die Vorzüge der „Précoce“ zu schätzen wisse. Lehrpersonal aus den „Spillschoulen“ würden darüber berichten, dass Kinder aus der „Précoce“ besser auf die Schule vorbereitet seien als jene, die zuvor in einer „Crèche“ waren.
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Es gibt halt Lokalverantwortliche welche noch nicht in der Neuzeit angekommen sind!