Covid-19-Pandemie / In den Altenheimen entdecken sie die Chatrooms
In den Altenheimen leben viele Personen, die zu den Risikogruppen des Coronavirus zählen. Um ihre Einwohner zu schützen, haben die Leitungen der Heime die Sicherheitsbestimmungen drastisch erhöht. Wir sprachen mit Jeannot Ewald, dem Generaldirektor der HPPA („Homes pour personnes âgées“), die insgesamt sechs Häuser hierzulande betreiben.
Tageblatt: Erste Frage: Wie sieht die Lage in den Heimen aus? Sind alle gesund?
Jeannot Ewald: In all unseren Häusern sind bis zum heutigen Tag alle Bewohner vom Coronavirus verschont geblieben.
Wurden Sie von der Pandemie überrascht? Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um die Sicherheit der Heimbewohner, von denen ja viele zu den Risikogruppen gehören, und des Personals zu gewährleisten?
Von Überraschung kann man nicht reden. Allerdings haben wir wohl alle in Europa die Schnelligkeit und die Wucht, mit der sich das Virus verbreitet, unterschätzt. Wir reagierten aber umgehend: Sofort wurden unsere Häuser für sämtliche Besucher gesperrt. Seit dem 14.3. darf keine fremde Person, außer dem Personal und den Ärzten, unsere Heime betreten. Zudem wurden Schulungen in Hygiene-Maßnahmen in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium durchgeführt, was aber nicht heißt, dass unser Personal vor den Schulungen keine Ahnung von Hygiene hatte. Das Wissen wurde aufgefrischt.
Alle unsere Mitarbeiter tragen seit mehr als zwei Wochen Mundschutz. Leider dauerte es fast eine Woche, bis wir genügend Material erhalten haben, aber dank des Einsatzes unserer Regierung hat es dann doch geklappt. Seit einer Woche legen unsere Mitarbeiter, die direkt am Bewohner „arbeiten“, außerdem Schutzkleidung an, wie sie im OP getragen wird. Diese wird nach jeder Schicht ausgetauscht und gewaschen. Handschuhe und Desinfektionsmittel werden in Massen verbraucht. Wir hoffen, dass es mit dem Nachschub weiterhin klappt. Sollte der Ernstfall eines ersten Corona-Patienten eintreten, haben wir Schutzanzüge und Brillen zur Verfügung.
Wie reagierte das Personal auf die Krise? Hatte es Angst, Bedenken …?
Natürlich waren unsere Mitarbeiter am Anfang verunsichert, auch Angst war vorhanden. Durch intensive individuelle Gespräche der jeweiligen Verantwortlichen unserer Häuser mit dem Personal hat sich die Lage aber entspannt. Trotzdem muss tagtäglich weiter fachlich aufgeklärt werden und menschlich Anteilnahme gezeigt werden.
Wie sah die Reaktion der Heimbewohner aus?
Am Anfang gab es auch hier Angst und Stress. Durch enorm viele Einzelgespräche hat sich jedoch die Lage entspannt. Außerdem versuchen wir, mit vielen Aktivitäten im Haus die Bewohner auf andere Gedanken zu bringen.
Was passiert, wenn eine Pflegekraft oder ein Heimbewohner positiv auf Corona getestet wurde?
Sobald ein Mitarbeiter auch nur das geringste Zeichen einer Erkältung zeigt, darf er seine Schicht nicht mehr antreten, hat also Hausverbot und muss sich sofort einem Test unterziehen. Der Direktor und die Verantwortlichen für Pflege, Hauswirtschaft und Beschäftigung müssen in diesem Zusammenhang ihre Mitarbeiter genau im Auge behalten. Stellt sich heraus, dass das Testergebnis eines Mitarbeiters positiv ausgefallen ist, muss er bis zur Genesung zu Hause bleiben.
Wenn ein Heimbewohner sich den Coronavirus zuziehen sollte, wird er sofort unter Quarantäne gesetzt. Er bleibt in seinem vertrauten Umfeld und wird im Haus versorgt. Sollte sich dann der Zustand verschlechtern, muss er allerdings ins Krankenhaus, sofern dieses ihn aufnimmt.
Ihre Häuser sind abgeschottet worden. Es wurden also auch Änderungen beim Besuchsrecht vorgenommen, oder?
Wie ich oben schon erwähnt habe, wird jeglichen Personen, mit Ausnahme des Personals und der Ärzte, der Zugang zu unseren Heimen verwehrt. Um den Kontakt mit der Familie aufrechtzuerhalten, wird jetzt auf Skype, Facetime usw. zurückgegriffen. Auch erhält jedes Familienmitglied unserer 750 Bewohner täglich einen Newsletter mit den Ereignissen des Tages im jeweiligen Haus.
Haben Sie Hilfe von offizieller Seite erhalten? Wenn ja, welche?
Wir werden bis jetzt sehr gut mit Material versorgt. Hier gilt dem Gesundheitsministerium ein großer Dank. Auch wurde die Möglichkeit geschaffen, dass unser ausländisches Personal in Hotels hierzulande übernachten kann. Des Weiteren können unsere Mitarbeiter ihre Kinder in extra für sie eingerichtete Kindertagesstätten abgeben. Außerdem hat Familienministerin Frau Cahen vor Kurzem persönlich in jedem unserer Häuser angerufen, um sich nach der Situation zu erkundigen. Diese moralische Unterstützung hat uns sehr gutgetan.
Wie wird die Corona-Krise die Altenpflege verändern? Wie geht es nach der Aufhebung des Ausnahmezustands Ihrer Meinung nach weiter?
Meines Erachtens wird es nach der Krise keine wesentlichen Veränderungen geben, da wir uns weltweit auf einem sehr hohen Standard befinden, was die Altenpflege anbelangt. Wir werden sehr schnell wieder zu unserem normalen Rhythmus zurückfinden.
Letzte Frage: Ihre Meinung über das Krisenmanagement der Regierung?
Am Krisenmanagement unserer Regierung kann sich die ganze Welt ein Stück abschneiden. Mit einem Wort: hervorragend.
„Homes pour personnes âgées“ (HPPA)
Bereits im 19. Jahrhundert wurden hierzulande Altenhilfeeinrichtungen von den Franziskanerinnen der Barmherzigkeit ins Leben gerufen. 1996 wurde dann die Asbl. mit dem Namen „Homes pour personnes âgées de la congrégation des franciscaines de la miséricorde“ (HPPA) gegründet. Heime in allen Regionen des Landes werden von der Vereinigung betrieben. Etwa 640 Personen (Statec 2019) arbeiten für die Vereinigung, die in ihren sechs Altenheimen (Mamer, Redingen/Attert, Clerf, Mersch, Luxemburg-Stadt und Grevenmacher) über 750 Senioren betreut. Jeannot Ewald ist der Generaldirektor der HPPA. Vorsitzender des Verwaltungsrats der Vereinigung ist der Ex-CSV-Parlamentarier Paul-Henri Meyers.
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