Gaming / In diesen Videospielen übernehmen Sie die Rolle einer künstlichen Intelligenz
Eine Reise in die Tiefen des Ozeans von Gliese 677Cc und ein Abenteuer auf einer havarierten Weltraumstation. Zwei Videospiele, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Beide haben gemeinsam, dass der Spieler in die Rolle einer künstlichen Intelligenz schlüpfen muss und die Welt nicht mit anderen Augen, sondern mit ganz anderen Sensoren erlebt: „Observation“ und „In Other Waters“ (ohne Spoiler).
Eine ansprechende Geschichte zu erzählen, ist knifflig. Das gilt für Bücher wie für Computerspiele. Eine Entscheidung, die der Autor treffen muss, ist die der Perspektive. Betrachten wir die Welt in der Ich-Perspektive durch die Augen der handelnden Person oder blicken wir den Figuren in der dritten Person über die Schulter? Betrachten wir eine Hauptperson, den Helden oder die Heldin der Geschichte, oder wechseln wir zwischen mehreren Figuren und sehen zu, wie sich die Stränge der Geschichte entwickeln und am Ende zusammenfinden?
Für eine ungewöhnliche Perspektive haben sich zwei Games entschieden, die in den letzten Monaten erschienen sind. In „Observation“ und in „In Other Waters“ schlüpft der Spieler in die Rolle von künstlichen Intelligenzen, die den Heldinnen der Geschichten bei ihren Abenteuern assistieren müssen.
In „Observation“ erwacht der Spieler an Bord einer havarierten Weltraumstation, reaktiviert von der Astronautin Emma Fisher. Schnell muss man sich einen Überblick über die Lage an Bord machen. Angewiesen von Fisher übernimmt der Spieler die Überwachungskameras der Station und öffnet und schließt Schotte für sie. Später erhält der Spieler die Möglichkeit, eine fliegende Sphäre zu bedienen, mit der er sich durch die Mikrogravitation innerhalb und außerhalb der Station bewegen kann. Während man sich durch die unterschiedlichen Kameraansichten „bewegt“ und so die Station erkundet, lernt man auch mehr und mehr über die verschollene Crew. Sofern man Zeit dazu hat, denn dauernd geht irgendwo ein Alarm, oder es läuft sonst etwas schief, das der Aufmerksamkeit des Spielers bedarf.
In „Observation“ sind die Handlungen des Spielers relativ stark eingegrenzt. Das Game ist mehr eine (gut gemachte) interaktive Kurzgeschichte, in der er einige Handgriffe ausführen darf. Die Handlungen des Spielers haben keinen Einfluss auf den Ausgang des Abenteuers. Dort, wo das Spiel dem Spieler eine Entscheidung überlässt, führen alle Handlungsalternativen zum gleichen Ergebnis. Das erwartet man nicht unbedingt von einem Computerspiel, bei einem Buch oder einem Film würde man allerdings auch nicht infrage stellen, dass man nicht in die Handlung eingreifen kann.
Panik und Stress
Dennoch gelingt es „Observation“, sehr immersiv und kurzweilig zu sein. Die gut sechs bis neun Stunden Spielzeit verstreichen schnell und sind eine Achterbahn der Gefühle (hauptsächlich Panik und Stress).
Bei „In Other Waters“ schlüpft der Spieler ebenfalls in die Rolle einer künstlichen Intelligenz. Beide Games könnten unterschiedlicher aber nicht sein. Der Spieler assistiert der Xenobiologin Ellery Vas bei ihren Tauchgängen auf einer mysteriösen Wasserwelt und der Suche nach ihrer verschollenen Partnerin. Der Spieler sieht allerdings nicht das Gleiche, was die Forscherin sieht, sondern nur eine Karte der Umgebung und die Steuerelemente ihres Taucheranzuges. Mit Leben gefüllt wird die Welt durch die detaillierten Berichte der Forscherin. Sie beschreibt, wie die Flora und Fauna interagieren, wer wo lebt, wer wen jagt und was wie aussieht. So füllt sich nach und nach ein Katalog mit Tieren, Pflanzen und Pilzen.
Die Rolle des Spielers ist es, Routen für Vas zu planen, die Umgebung zu analysieren und ihre Ressourcen (Sauerstoff und Treibstoff etwa) zu verwalten. Dabei muss er sich ganz auf sein Radar verlassen und auf die schematische Darstellung des Riffs, auf der Tiere und Pflanzen nur durch kleine Punkte dargestellt sind.
Hypnotisch
Wo „Observation“ nervenaufreibend ist, ist „In Other Waters“ entspannend. Mit einer schlichten und schönen Grafik, hypnotischen Hintergrundgeräuschen (das Summen des Antriebs und das Pingen des Radars) und seiner ruhigen Musik zieht „In Other Waters“ Spieler in seinen Bann. Das Game ist ein visuelles und akustisches und sehr immersives Kleinod – wenn auch das Gameplay sehr ungewohnt ist und sehr weit entfernt vom den gewohnten AAA-Games.
„Observation“ und „In Other Waters“ hatte zu Beginn des Jahres noch niemand auf dem Radar. Leider finden sie auch keine Erwähnung in den üblichen und unzähligen Jahresrückblicken mit besten Spielen des Jahres. Davon sollte man sich allerdings nicht abschrecken lassen.
Beide Spiele gehen auf sehr ähnliche Art mit dem Thema KI um (die KI als Assistent einer Forscherin). Was Aufmachung und Atmosphäre betrifft könnten sie aber unterschiedlicher nicht sein – während „Observation“ eher einem Horrorfilm gleicht, lässt sich „In Other Waters“ nur schwer einem Genre zuordnen (außer der sehr breiten Indie-Kategorie).
„Observation“ ist für PC, PS4 und Xbox One erhältlich. „In Other Waters“ für PC und Switch.
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