/ In Differdingen geht es ohne Traversini weiter
In der ersten Gemeinderatssitzung nach dem Rücktritt von Roberto Traversini müssen die Gemeinderäte einen neuen Bürgermeister wählen. Mit Christiane Brassel-Rausch könnte die erste Frau den Bürgermeisterposten in der „Cité du fer bekleiden. Hier noch einmal die wichtigsten Fakten, die zu dem politischen Beben in Differdingen geführt haben.
Am 20. September hatte Roberto Traversini seinen Rücktritt als Bürgermeister bekannt geben. Rund eine Woche später legte er sein Amt als Abgeordneter nieder. Am Mittwoch findet die erste Gemeinderatssitzung ohne den Grünenpolitiker statt.
Um solche Vorkommnisse künftig in Differdingen zu vermeiden, werden die Oppositionsparteien LSAP, DP und „déi Lénk“ eine Motion im Gemeinderat stellen, die dem Tageblatt bereits am Dienstag vorlag. Darin fordern sie, dass die offenen Fragen der Räte rund um Traversinis Grundstück so schnell wie möglich beantwortet werden und außerdem ein Verhaltenskodex ausgearbeitet wird, um das Überschneiden von privaten und öffentlichen Interessen zu vermeiden.
Ganz am Anfang, als die Affäre rund um das Gartenhäuschen von Roberto Traversini noch nicht im Fokus der Öffentlichkeit gestanden hatte und erst im Gemeinderat darüber diskutiert werden sollte, sollen die DP und die LSAP an die CSV herangetreten sein, um eine andere Koalition zu bilden. Das sagte jedenfalls Ali Ruckert, der Vertreter der kommunistischen Partei, dem Radiosender RTL. Der LSAP-Schöffe Fred Bertinelli hatte diese Behauptung als „Quatsch“ abgetan. Tom Ulveling (CSV), sagte gegenüber dem Wort, dass man ein Koalitionsabkommen mit einer Partei und nicht mit einer Person abgeschlossen habe. CSV und „déi gréng“ werden also wie gehabt die Mehrheit im erneuerten Differdinger Gemeinderat stellen. Die Grünen werden weiterhin das Bürgermeisteramt bekleiden.
Nicht viele Einzelstimmen
Sollte Brassel-Rausch am Mittwoch die Mehrheit der Stimmen von den anwesenden Räten erhalten, dann wird sie die erste Frau an der Spitze Differdingens. Bei den Gemeindewahlen 2017 war sie mit 2.768 Stimmen lediglich an fünfter Stelle gewählt worden. Nicht bei allen Parteien kam Brassel-Rausch als Kandidatin für Traversinis Nachfolge gut an. Erny Muller (LSAP) kritisierte die geringe Zahl von 618 Einzelstimmen, die die Grünenpolitikerin 2017 erhalten hatte. Er ist der Meinung, dass der Wille des Wählers mit dieser neuen politischen Zusammensetzung nicht mehr respektiert wird.
Gary Diderich („déi Lénk“) hatte in der letzten Gemeinderatssitzung vor den Sommerferien den Stein ins Rollen gebracht, als er drei Fragen zu einem Grundstück in der Nähe der route de Pétange in Niederkorn gestellt hatte. Das Grundstück grenzt direkt an den Wald. Das besagte Haus sowie einen Schuppen hatte Roberto Traversini Ende 2018 geerbt. Sie wurden in den 70er-Jahren ganz legal dort erbaut.
Als der Allgemeine Bebauungsplan im Jahr 1983 geändert wurde, fanden sich eine Handvoll Häuser nicht mehr in diesem Bauperimeter wieder. Im PAG werden sie seitdem als „Kleingarten und Gärtnereigebiet“ geführt. Nun sollte das Haus von einer Kleingartenzone in ein Wohngebiet „übersiedeln“. Angrenzende Parzellen sollten jedoch weiterhin in der Kleingartenzone bleiben.
Gleich zu Beginn der Gemeinderatssitzung vom 18. September hatte Traversini angekündigt, dass die erste PAG-Abstimmung vom vergangenen Juni aufgehoben wird, weil er damals an der Abstimmung teilgenommen hatte. Heute wird der Gemeinderat erneut darüber abstimmen.
Fehler eingestanden
„Da ich in Unkenntnis darüber war, dass für die anstehenden Renovierungsarbeiten am Gartenhäuschen eine Genehmigung des Umweltministeriums notwendig ist, habe ich Anfang Juli 2019 mit Renovierungsarbeiten begonnen. Als ich vom Förster darauf aufmerksam gemacht wurde, dass eine Genehmigung nötig ist, habe ich unverzüglich alle Arbeiten auf dem Grundstück eingestellt und einen Genehmigungsantrag eingereicht“, erklärte Traversini am 18. September auf seinem Anwesen in Niederkorn. Die grüne Umweltministerin Carole Dieschbourg hatte die fehlende Genehmigung am 12. August rückwirkend ausgestellt. Eine bevorzugte Behandlung bei der Vergabe der Genehmigung wies Traversini jedoch von der Hand. Der grüne Schöffe Georges Liesch bestätigte, dass entsprechende Baugenehmigungen vorlägen.
Neben den Renovierungsarbeiten wurden zudem rund fünf Kubikmeter Boden bewegt, obwohl das eigentlich nicht ohne Genehmigung erlaubt ist. „Ich habe hier einen Fehler gemacht, der mir sehr leidtut. Selbstverständlich werde ich dafür Sorge tragen, dass die ursprüngliche Waldfläche wiederhergestellt und die Bodenarbeiten rückgängig gemacht werden“, so der damalige Differdinger Bürgermeister.
Einige der Umbauarbeiten sollen diesen Sommer vom örtlichen CIGL durchgeführt worden sein. Das „Centre d’initiative et de gestion local“ ist eine soziale Initiative der Gemeinde zur beruflichen Wiedereingliederung. Seine Dienstleistungen dürfen nur von Bürgern über 60 Jahre in Anspruch genommen werden. An der Spitze des CIGL steht als Präsident Roberto Traversini.
Auch hier musste der ehemalige Bürgermeister Fehler eingestehen. Der Verwaltungsrat des CIGL hatte zudem bekannt gegeben, dass einige Arbeiten nicht richtig bezahlt wurden. Hier sind somit Nachzahlungen fällig.
Ermittlungen
Anhand von E-Mails und Fotos konnte die DP belegen, dass die Pläne für die beiden Häuser von einem Lehrling aus dem Differdinger Baudienst ausgemessen und gezeichnet wurden. Die privaten Pläne waren mit dem offiziellen Logo der Stadt Differdingen versehen. Die DP hat diese Beweise auch an die Justiz übergeben.
Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen in diesem Fall aufgenommen. Es besteht der Verdacht auf Veruntreuung von öffentlichen Geldern, illegale Vorteilnahme, Verschleierung und Verstoß gegen das Gesetz von kommunalen Einrichtungen. Zur Sicherung von Beweisen wurden die Räumlichkeiten der Differdinger Gemeinde, aber auch die Büros des CIGL und des Umweltministeriums durchsucht.
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Es geht immer weiter. Jeder ist zu ersetzen. Aber niemand ist ohne Fehl und Tadel. Und das fängt auf kommunalpolitischer Ebene an. Wenn die Gemeinderäte, insbesondere die Opposition, ihrer Rolle als Kontrollgremien nachkämen, gäbe es keine Gartenhäuschenskandale oder dergleichen. Wehret den Anfängen!