Gärtnern auf drei Etagen / In Mersch entsteht ein Waldgarten
Ein Waldgarten imitiert den Aufbau eines natürlichen Waldgebietes – ein Gartentyp, der in Luxemburg noch recht unbekannt ist. In Mersch haben Betreiber des dortigen Gemeinschaftsgartens beschlossen, auf einer kleinen Parzelle ein solches Experiment zu wagen.
Sich selbst um den Anbau von frischem Obst und Gemüse kümmern, ist seit langem eine Lieblingsbeschäftigung der Luxemburger. Das beweist nicht nur die Beliebtheit der Vereinigung „Gaart an Heem“, sondern auch die immer beliebter werdenden Gemeinschaftsgärten zeugen davon. Seit 2016 existiert ein solcher in Mersch. Nun wollten einige Gärtner und Gärtnerinnen noch einen Schritt weitergehen und eine ungenutzte Parzelle des Gemeinschaftsgartens in einen Waldgarten umwandeln. An einem Sonntag Anfang Dezember trafen sich begeisterte Hobbygärtner und pflanzten zusammen unter Anleitung einer Gartenexpertin des „Centre for Ecological Learning“ die ersten Bäume und Sträucher ihres „Waldes“ an.
„In Waldgärten mischen sich Bäume, Sträucher und niedrige Pflanzen, um ein produktives Ökosystem zu bilden“, erklärt Aline Ouvrard, Koordinatorin des Projekts. Die Besonderheit eines solchen Gartens bestehe aber vor allem in seinem Aufbau. Ein Waldgarten sei nicht, wie ein normaler Garten, in verschiedene Beete eingeteilt, sondern nach verschiedenen Wuchshöhen aufgebaut. Die verschiedenen Schichten existieren auf engem Raum übereinander. Deswegen sei auch eine gute Planung wichtig, damit einerseits nicht die Bäume den unteren Pflanzen alles Licht wegnehmen. Andererseits tragen die Bäume aber auch zu einer geringeren Verdunstung im Bodenbereich bei. So wird der natürliche Nährstoffkreislauf des Bodens bewahrt.
Dauerhaftes Ökosystem
Mit einem Waldgarten kann ein Gärtner mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Erstens könne man Gärten anlegen, die widerstandsfähiger gegenüber dem Klimawandel seien, erklärt Ouvrard. Zweitens sei der Arbeitsaufwand in einem Waldgarten erheblich geringer als etwas in einem herkömmlichen Gemüsegarten. Ein Waldgarten gehört zu den sogenannten Permakulturen, was bedeutet, dass er im Optimalfall ein dauerhaftes Ökosystem bildet, das kaum vom Menschen bearbeitet werden muss, also sehr pflegeleicht ist. Ist der Garten gut durchdacht, nimmt die Natur dem Gärtner oder Gärtnerin den größten Teil der Arbeit ab.
Und diese Arbeit bestehe hauptsächlich im Anpflanzen der Hecken, Bäume und der Bodenpflanzen; danach muss man eigentlich nur gelegentlich die Pflanzen schneiden und … die Ernte einfahren. Die Produktion von Nahrungsmitteln sei ja der eigentliche Zweck eines Gartens.
Ihre Aufgabe beim Projekt sei praktisch der einer Architektin gewesen, erzählt Ouvrard. Bei der Gestaltung eines Gartens muss sie darauf achten, dass am Ende alle Pflanzen ausreichend Licht erhalten, und die Bäume den unteren Pflanzen nicht vom Licht abschneiden. Begonnen wird mit dem Anlegen des Gartens mit der oberen Wuchshöhe, dann folgen die Sträucher, was in Mersch Anfang Dezember getan wurde. Spätherbst sei ein guter Zeitpunkt, denn: „A la Sainte-Catherine, tout bois prend racine“, erklärt Ouvrard, die aus einer normannischen Gemüsegärtnerfamilie stammt und auch Mit-Koordinatorin des Projekts „Eisegaart“ ist.
150 bis 200 Quadratmeter reichen
Obwohl das Anlegen des Gartens keine aufwendige Sache ist, sei die Gemeinde anfangs etwas misstrauisch gewesen: Dort sei man besorgt gewesen, ob ein solcher Garten nicht vielleicht Überschwemmungen verschlimmern könnte. „Wir haben die Gemeinde aber aufgrund von Beispielen vom Gegenteil überzeugen können, es sei nur von Vorteil, wenn wie in Mersch entlang der Mamer solch ein Garten angelegt wird“, sagt Ouvrard.
Es stimmt, anfangs sei er von der Idee anfangs nicht begeistert gewesen, sagt der Merscher Bürgermeister Michel Malherbe dem Tageblatt. „Wenn man etwas als Erster tust, gibt es oft Probleme.“ Doch angesichts der geringen Kosten hätte er dann doch zugesagt.
Finanziell war es für die Gemeinde in der Tat kein großer Aufwand: Material und Pflanzen kosteten etwas 1.000 Euro, das Pflanzen der Bäume und Hecken übernahmen Freiwillige, erzählt Ouvrard. Man brauche auch keine große Fläche um einen Waldgarten anzulegen, das könne man schon auf 150 bis 200 Quadratmetern tun. Das Know-how dazu können Interessierte übrigens in Kursen des CELL erwerben.
CELL
Das „Centre for Ecological Learning“ (CELL) versteht sich als ein Zentrum für die ökologische Wende in Luxemburg und vereint Initiativen, die sich für einen sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Wandel einsetzen. Das CELL organisiert z.B. Veranstaltungen über Energiesparmaßnahmen, nachhaltige Landwirtschaft und alternative Praktiken wie Permakultur und Do-it-yourself.
Weitere Infos unter www.cell.lu und eisegaart.cell.lu.
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Einen Baum pflanzen aber dafür fünf Bäume fällen. Auf lange Weile geht die Rechnung nicht auf.