Arbeitsrecht / Wegen der Corona-Krise darf in vielen Bereichen 12 Stunden gearbeitet werden
Bis zu zwölf Stunden täglich und bis zu 60 Stunden pro Woche werden die Beschäftigten jener 14 Sektoren, die vital für das Funktionieren der Gesellschaft sind, im Rahmen der aktuellen Krise künftig arbeiten können. Voraussetzung ist eine motivierte Anfrage mit beiliegendem Gutachten der Betriebsdelegation oder einer der beiden repräsentativen Gewerkschaften OGBL und LCGB. Dies ist die wohl dramatischste Änderung im Arbeitsrecht, die Minister Dan Kersch am Freitag erläuterte, nachdem Premier Bettel sie bereits angekündigt hatte.
Eine ganze Reihe von Maßnahmen, die in kürzester Zeit mit den Sozialpartnern diskutiert worden seien, würden nun getroffen, um die Gesellschaft am Laufen zu halten.
Alle Arbeitnehmer, die von Kurzarbeit betroffen sind (allein 105.000 Menschen in den Betrieben, die wegen Vorgaben der Regierung nicht weiter arbeiten können und bislang die Mitarbeiter von 7.000 zusätzlichen Betrieben), bekommen im Prinzip 80 Prozent ihres Bruttolohnes (vom Staat gezahlt), außer die Arbeitgeber erklären sich bereit, den Unterschied zu kompensieren. Um den sozial Schwächsten zu helfen und die Kaufkraft zu erhalten, wurde nun beschlossen, dass die Bezieher des Mindestlohns weiterhin den ganzen Lohn erhalten. Diese Maßnahme, so Kersch, wird Härtefälle verhindern, kostet aber die Arbeitgeber nun die 13,8 Prozent Sozialbeiträge auf diesen 20 Prozent. Er sei deshalb froh, dass die „Union des entreprises luxembourgeoises“ (UEL) mit der Maßnahme einverstanden sei, so der Arbeitsminister. Die Verdienstspanne im „Chômage partiel“ reicht nun von 2.141,99 bis zu 5.362,48 Euro. Von der Maßnahme profitieren alle, die weniger als 2.677 Euro verdienen.
Neue Anfrage für „Congé familial“
Der Urlaub aus familiären Gründen, den bislang Eltern nehmen konnten, um sich um die Kinder zu kümmern, wurde um zwei Wochen verlängert. Allerdings müssen die Interessenten jetzt eine neue Anfrage stellen (Formulare auf guichet.lu) und dürfen den Sonderurlaub nicht mit dem „Chômage partiel“ kombinieren. Auch wird der Urlaub nur mehr gewährt, wenn keine andere Möglichkeit der Kinderbetreuung für die Eltern besteht, als selbst auf sie aufzupassen. Der Urlaub kann nun auch von Eltern von behinderten Kindern zwischen dem 13. und dem 18. Lebensjahr beantragt werden.
Bei der Arbeitsagentur ADEM gelten zurzeit eine Reihe von Ausnahmeregelungen die Termine und Perioden sowie die Ausbildungsprogramme betreffend und Studenten können jetzt bis zu 40 Stunden pro Woche in einem zeitlich beschränkten Arbeitsvertrag (CDD) beschäftigt werden.
Die spektakulärste Änderung im Arbeitsrecht ist allerdings das Heraufsetzen der maximalen Tages- und Wochenarbeitszeit auf zwölf beziehungsweise 60 Stunden. Dies war für die Gewerkschaften nur schwer zu akzeptieren: Arbeitszeit ist traditionell eines der bedeutendsten Elemente ihres sozialen Kampfes. Unter den oben beschriebenen Bedingungen kann also künftig etwa bei Banken, im Handel, bei Tankstellen, in der Telekom-Branche, im Gesundheits- und Pflegesektor, im Transportsektor … bis zu zwölf Stunden pro Tag gearbeitet werden; eine Derogation, zu der die Anfrage laut Kersch aus den Sektoren selbst kam.
Reaktion des OGBL
In einer Stellungnahme, die kurz nach den Ankündigungen von Xavier Bettel und Dan Kersch vom OGBL verbreitet wurde, unterstreicht die Gewerkschaft, dass die Auswirkungen der aktuellen sanitären Krise jene der Finanzkrise 2008/09 übertreffen könnten, und begrüßt deshalb die schnellen Maßnahmen der Regierung. Obwohl die soziale Ungleichheit seit einigen Jahren zunehme, stelle der OGBL sich Hilfen für die Betriebe nicht entgegen, es müsse aber jetzt den Angestellten geholfen werden. Priorität sei der Erhalt von Arbeitsplätzen.
Die Gewerkschaft verlangt u.a., dass während der Krise nicht nur jenen nicht gekündigt werden darf, die im „Chômage partiel“ sind, sondern Kündigungsschutz für alle Beschäftigten gelten solle.
Die Gewerkschaft sei durch die Anhebung der potenziellen Arbeitszeit beunruhigt, auch wenn sie verstehe, dass es notwendig sei, die wichtigsten Dienstleistungen weiter garantieren zu können. Diese Maßnahme würde geltende Kollektivverträge übergehen und würde das Mitbestimmungsrecht der Personaldelegationen infrage stellen.
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Und wie wäre es mit 12 Stunden respektiv 60 Stunden bei einzelnen wichtigen Staatsbetrieben? und nicht nur im Privatsektor!
Die Betroffenen werden sicher einverstanden sein,sind sie doch indirekt selbst vom guten Funktionieren des Systems betroffen.
In Krisenzeiten brauchen wir keine Gewerkschaftler die nach Streik rufen. Sowie der Herr Melanchon in Frankreich der noch kurz vor der Krise zu einem Streik der LKW-Fahrer aufgerufen hat. Solche Schüsse gehen immer nach hinten los
wir Danken dem Pflegesektor mit einer 60 Stundenwoche???!!!
„Darf“? Für die Beschäftigten wohl eher ein „Muss“.