Eurobarometer-Umfrage / In vielen EU-Staaten bestehen Zweifel an Unabhängigkeit der Justiz
In nur 17 EU-Staaten geht einer Eurobarometer-Umfrage zufolge eine Mehrheit der Befragten davon aus, dass ihre Gerichte und Richter unabhängig sind.
Das Vertrauen in die Gerichte und ihre Richter ist ein wichtiger Bestandteil im europäischen Rechtsstaat. Alle Gesetze nutzen nichts, wenn sie nicht auch richtig angewendet werden. Dazu zählt nicht nur die Überwachung und Kontrolle, ob Gesetze eingehalten werden, sondern auch die Rechtssprechung, nachdem Regelverstöße festgestellt wurden. Eine jüngst veröffentlichte Eurobarometer-Umfrage ist daher der Frage nachgegangen, inwiefern die EU-Bürger ihre nationalen Gerichte und Richter als unabhängig bewerten und welche Faktoren die Unabhängigkeit beeinträchtigen.
Im EU-weiten Durchschnitt bewerteten 53 Prozent der Befragten die Unabhängigkeit ihrer Gerichte und Richter als sehr oder ziemlich gut. Immerhin in zehn EU-Staaten findet sich keine Mehrheit für diese Bewertung. In sechs dieser Länder ist eine Mehrheit sogar der Ansicht, dass es ziemlich bis sehr schlecht um die Unabhängigkeit der Justiz in ihren Ländern bestellt ist.
Sehr viel Vertrauen in die Unabhängigkeit ihrer Gerichte haben die Finnen (89 Prozent), Dänen (84) und Österreicher (83) gefolgt von den Luxemburgern (78). Am anderen Ende der Skala sind nur ein Fünftel der Befragten in Kroatien, 24 Prozent in Polen, 25 Prozent in der Slowakei und 31 Prozent in Bulgarien dieser Ansicht. In diesen Ländern überwiegt die Meinung, dass ihre Gerichte nicht unabhängig sind: Kroatien zu 74 Prozent, Polen 64 Prozent, Slowakei 68 Prozent, Bulgarien 56 Prozent.
Im Allgemeinen sind die Männer (55 Prozent), im Gegensatz zu den befragten Frauen (52 Prozent), eher der Ansicht, dass die Gerichte unabhängig sind. Am meisten Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz haben junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren (59 Prozent), was aber mit steigendem Alter abnimmt, bis hin zu den über 55-Jährigen, von denen nur noch die Hälfte dieser Ansicht sind. Kaum eine Rolle spielt bei dieser Frage der Umstand, ob jemand in ein Gerichtsverfahren verwickelt ist (51 Prozent) oder nicht (53 Prozent).
Druck aus der Politik auf die Gerichte
Welches aber sind nun die Gründe dafür, dass die Gerichte als unabhängig, oder eben nicht, angesehen werden? 79 Prozent der Befragten gaben an, es sei der Status und die Position der Richter, die ihre Unabhängigkeit garantierten. 62 Prozent meinten noch, es liege daran, dass es keine Einmischung und keinen Druck von wirtschaftlichen oder anderen Interessensvertretern gebe. Nur mehr 59 Prozent sind der Ansicht, die Gerichte seien unabhängig, da sich weder die Regierung noch andere aus der Politik in die Gerichtsbarkeit einmischten.
Anders das Bild bei jenen Befragten, die die Gerichte nicht als unabhängig erachten. Sie sind zu 78 Prozent der Meinung, dass sich die Politik, also die Regierung und Politiker, bei den Gerichten einmischten und Druck ausüben würden. 71 Prozent glauben, dass vonseiten der Wirtschaft oder anderen Interessenvertretern Druck auf das Justizsystem ausgeübt werde. Und immerhin noch 62 Prozent gaben an, dass der Status und die Position der Richter nicht ausreiche, um eine unabhängige Justiz zu gewährleisten.
In Luxemburg gehen nur sechs Prozent der Befragten davon aus, dass sich die Politik in die Arbeit der Gerichte einmischt. Nur in Dänemark (5 Prozent) und Finnland (4 Prozent) sind noch weniger der Befragten dieser Ansicht. Am meisten aber meinen die Befragten in Kroatien (65 Prozent), Polen und der Slowakei (56 Prozent) und Spanien (43 Prozent), dass Politiker oder die Regierung Druck auf die Richter ausüben. Im EU-weiten Durchschnitt sind 27 Prozent der Menschen dieser Ansicht. In Kroatien sind zudem mit 62 Prozent die meisten der Meinung, dass sich Wirtschaftsvertreter bei den Gerichten einmischen. 54 Prozent in der Slowakei und 44 Prozent in Bulgarien teilen diese Einschätzung. Am anderen Ende der Skala sind in Luxemburg (6 Prozent), Finnland (5) und Dänemark (4) die wenigsten dieser Meinung.
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