Gemeindewahlen 2023 / In Wiltz klagt man über Mängel beim öffentlichen Nahverkehr
Das Tageblatt veröffentlicht bis zu den Kommunalwahlen im Juni jede Woche einen Beitrag, in dem Menschen aus einer Gemeinde zu Wort kommen, sich zur Lokalpolitik der vorigen sechs Jahre äußern und ebenfalls einen Blick in die Zukunft wagen. Diese Woche haben wir uns in Wiltz umgehört.
Vergangenen Freitag kurz vor Mittag herrscht auf dem Parkplatz in der avenue de la Gare ein reges Kommen und Gehen. Die meisten huschen schnell vorbei. Zeit für ein Gespräch haben die wenigsten. Über Politik wollen sie schon gar nicht reden. „Ich bin mittlerweile 89 Jahre alt. Ich weiß noch nicht, ob ich wählen gehe. Das hängt vom Wetter ab. Wenn es so ist wie heute, dann gehe ich auch zur Wahl“, entgegnet uns ein älterer Mann. Auf die Frage, welchen Kandidaten er denn wählen würde, dreht er sich im Weggehen noch einmal um und ruft: „Nach all den Skandalen würde frischer Wind der Gemeinde bestimmt ganz guttun.“
Die Staatsanwaltschaft aus Diekirch hat nämlich vor einem Jahr Ermittlungen gegen den Wiltzer Bürgermeister Frank Arndt (LSAP) sowie weitere Beteiligte in die Wege geleitet. Der Verdacht der Korruption, der Bestechung und der illegalen Vorteilsnahme steht im Raum. Arndt wird trotzdem wieder für die Wiltzer Sozialisten als Spitzenkandidat bei den kommenden Gemeindewahlen antreten. 2017 hatte er noch mit Abstand die meisten Stimmen (1.816) erhalten. Nicht mehr antreten wird der amtierende Schöffe Pierre Koppes (LSAP). Mit 45,5 Prozent aller Stimmen ist die LSAP seit 2017 die stärkste Partei in Wiltz. Ebenfalls im Gemeinderat vertreten sind die CSV und die DP. Diese drei Parteien werden die Sitze im Gemeinde- und Schöffenrat auch dieses Mal wieder unter sich aufteilen.
Bryan treffen wir in der Nähe eines kleinen Supermarktes. Er hat Zeit, und er hat etwas zu bemängeln. Und zwar den öffentlichen Transport. „Die Zugverbindung in Richtung Hauptstadt ist wegen zwei Baustellen momentan gesperrt. Wenn wir den Bus nach Ettelbrück nehmen, dann sind wir mehr als 40 Minuten lang unterwegs. Für eine Fahrt. Morgens ist es am schlimmsten. Wenn der Bus aus Bastogne hier ankommt, ist er schon gut gefüllt und freie Sitzplätze sind dann Mangelware“, schildert der junge Mann, der seit sechs Jahren in Wiltz wohnt, den Ist-Zustand im öffentlichen Verkehr. Deshalb sein Wunsch: den öffentlichen Nahverkehr ausbauen und an die Bedürfnisse der Passagiere anpassen.
Stadt der kurzen Wege
„Doch auch mit dem Auto steht man hier zu Spitzenstunden öfter mal im Stau“, fügt Bryan noch hinzu. Der Verkehr dürfte auch in Zukunft nicht weniger werden, denn im Viertel „Wunne mat der Wooltz“ rollen seit Monaten die Bagger. Entlang des Flusses Wiltz sollen in den kommenden Jahren auf den Industriebrachen rund 1.000 neue Wohneinheiten sowie 450 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Die ersten Bewohner sollen Ende dieses Jahres in das neue Viertel einziehen. Ziel dieses Mammutprojekts ist es, eine Stadt der kurzen Wege zu schaffen. Wohnen, Arbeit und Freizeit – dies soll alles ermöglicht werden, ohne auf das Auto zurückzugreifen. Zudem werden eine neue Schule, ein Kindermuseum sowie ein Zentrum zur Kreislaufwirtschaft gebaut. Im Rahmen des „Wunne mat der Wooltz“-Projektes erfolgt auch eine Einteilung in verschiedene Shared-space-Zonen. Die Fahrzeuge der Bewohner sollen auf Sammelparkplätzen abgestellt werden, damit die Straßen frei für Radfahrer und Fußgänger sind. Insgesamt soll es sechs Brücken über die Wiltz ins neue Viertel und hinaus geben. Zwei sind für Fahrzeuge vorgesehen, die anderen vier für Fußgänger. Am Bahnhof wird ein Parkhaus mit rund 500 Stellplätzen entstehen.
Der 63 Meter hohe Industrieschornstein der alten Lederfabrik im Zentrum des Areals bleibt bestehen und wird in einen Kletterpark umgewandelt. Darüber hinaus wird die Wiltz renaturalisiert und soll stärker in das Viertel mit eingebunden werden. Neue Grünflächen runden das Gesamtpaket ab und dürften die Lebensqualität weiter erhöhen. Das 25,5 Hektar große Areal soll als Bindeglied zwischen Ober- und Unterwiltz dienen, zwei Panoramalifte werden die beiden Stadtteile miteinander verbinden. Das gesamte Mammutprojekt soll bis 2035 abgeschlossen sein.
Wiltz
Größe: 39,25 km2
Ortschaften: Erpeldingen, Eschweiler, Knaphoscheid, Rullingen, Selscheid, Weidingen, Wiltz
Einwohnerzahl: 7.949 (Stand: 1.1.2023)
Bürgermeister: Frank Arndt (LSAP)
Gemeinderat: Patrick Comes (Schöffe, CSV), Pierre Koppes (Schöffe, LSAP), Albert Waaijenberg (Schöffe, CSV), Raymond Shinn (LSAP), Michael Schenk (LSAP), Mike Hieff (LSAP), Daniel Strecker (LSAP), Ronny Strotz (CSV), Chantal Kauffmann (CSV), Carole Petitnicolas-Weigel (CSV), Jean Jacquemart (DP), Amel Cosic (DP).
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