Hinter den Kulissen (3) / In zweiter Reihe: Wie der „Service international“ Präsidenten und Abgeordnete begleitet
Wie können Luxemburgs Abgeordnete und der Chamber-Präsident an einem Tag bei der NATO vorstellig werden, am nächsten Tag eine ausländische Delegation empfangen, nur um danach nahtlos ihre Arbeit in der Chamber aufzunehmen? Dafür sorgt der „Service des relations internationales et européennes et du protocole“ des Luxemburger Parlaments.
Wenn Chamber-Präsident Claude Wiseler (CSV) Politiker und Staatsmänner empfängt, eine Delegation der Chamber sich auf Auslandsreise befindet und Luxemburgs Vertreter sich im NATO- oder Benelux-Parlament treffen, sind Tania Tennina und Yves Carl meist nicht weit. Tania Tennina ist Verantwortliche des „Service des relations internationales et européennes et du protocole“ und überblickt somit alle internationalen Tätigkeiten der Chamber. Yves Carl hat als ihr Stellvertreter vor allem die europäischen Angelegenheiten der Chamber im Blick.
„Wir kümmern uns um den bilateralen Austausch mit anderen Parlamenten, Versammlungen der NATO-, Benelux- und OSZE-Parlamente, den Empfang ausländischer Delegationen und die Betreuung des Chamber-Präsidenten und der Abgeordneten auf Auslandsreisen“, zählen Tania Tennina und Yves Carl auf. Und als wäre das nicht schon genug, betreuen die Beamten der internationalen Abteilung auch alle europäischen Dossiers der Chamber. Dafür wurde eigens eine Unterkommission in der Chamber gegründet.
Eingespieltes Team
Ein enormer Arbeitsaufwand, der nur mit einem guten Team im Rücken bewältigt werden kann. „Wir arbeiten gut zusammen, sind ein gutes Team“, sagt Tania Tennina. Das brauche es aber auch angesichts der Herausforderungen, die sich den Chamber-Beamten tagtäglich stellen. „Man hat vielleicht morgens einen Plan, aber spätestens um 9 Uhr sieht dieser meist wieder anders aus“, ergänzt Yves Carl. Dadurch dass der Beruf viel Abwechslung biete, verlangt er den Beamten einiges an Improvisationskönnen ab. „Ein Tag, der nach Plan abläuft, gibt es bei uns nicht.“
Wodurch die Frage nach einem Alltag im „Service international“ bei den beiden Verantwortlichen auch nur einen Lacher hervorruft. „Nein, den gibt es nicht“, schmunzelt Tania Tennina. Man habe jeden Tag Kontakt zum Chamber-Präsidenten und dessen Team. Jedoch werde die Arbeit viel zu viel davon beeinflusst, was in der Welt passiere. „Das einzig Alltägliche bei uns ist, dass man ab und zu seine Berichte schreiben muss“, stimmt Yves Carl dem zu. Ansonsten werde sich rund um die Uhr für anstehende Termine koordiniert.
Parlamentarischer Sex-Appeal
Was aber innerhalb der Chamber niemanden abzuschrecken scheint. Bei der Frage, für welche Abteilung sich die verschiedenen Beamten noch interessieren würden, war der „Service des relations internationales et européennes et du protocole“ die häufigste Antwort. Ob sich die beiden Verantwortlichen den Sex-Appeal erklären können? „Man kommt halt mit vielen Menschen in Kontakt, die man wohl sonst nicht treffen würde“, sagt Tennina. Und selbstverständlich sei es immer wieder besonders, ausländische Delegationen empfangen oder selbst mit auf Reisen gehen zu können. Da komme man auch an Orte, die für Normalsterbliche meist nicht zugänglich seien. „Die Nähe zur Macht, zum Präsidenten und dessen Kabinett – das macht unsere Arbeit schon sehr interessant.“
Was für die Beamten natürlich bedeutet, dass sie sowohl Flexibilität als auch viel Geduld mitbringen müssen. „Wir arbeiten im Bereich der parlamentarischen Diplomatie“, sagt Tania Tennina. Eine gewisse Zurückhaltung und Diskretion seien dafür erforderlich. „Wissen, wie man mit verschiedenen Informationen umgeht, ist unabdingbar“, sagt Tania Tennina. Verschiedene Themen seien je nach Land sehr sensibel – und das gelte es in der täglichen Arbeit zu berücksichtigen. „Gerade dann, wenn wir den Chamber-Präsidenten auf eine Rede oder einen Termin vorbereiten.“
Einprägsame Zeit
Die Nähe zur politischen Macht sorgt dann auch dafür, dass Tania Tennina und Yves Carl schon den einen oder anderen Politpromi hautnah erleben durften. „Ich war sehr von Nancy Pelosi beeindruckt“, erinnert sich Tennina an die Visite der damaligen „Speaker of the House“ zurück. Amerikanische Delegationen seien eh schon sehr rar gesät. Der Besuch von Pelosi aber hätte sie ganz besonders geprägt. „Nancy Pelosi ist eine ‚große Dame‘, die auch heute noch eine wichtige Rolle spielt.“
Für Yves Carl war es ein Auslandsaufenthalt, der sich für immer in sein Gedächtnis gebrannt hat. „Es war eine Visite im Iran, bei der wir den damaligen Präsidenten, Außenminister und Premierminister getroffen haben“, sagt Carl. Die Visite sei zufällig auf den Tag gefallen, als die Sanktionen gegen den Iran aufgehoben wurden – wodurch die Visite der Luxemburger Delegation ganz andere Ausmaße annahm. Bis zum Präsidentenpalast, dem inneren Sanktum des iranischen Regimes, sei man damals herangekommen. „Innenpolitisch ist es im Iran danach leider in eine falsche Richtung gegangen, jedoch war es eine der eindrucksvollsten Visiten, die ich miterlebt habe.“ Doch auch die erst kürzlich stattgefundene Versammlung aller Parlamentspräsidenten der NATO-Mitgliedsländer in Washington sei ein beeindruckender Moment gewesen. „Wann man dann erst mal im Kongress steht … Es gibt Plätze der Demokratie, die man einfach gerne abhakt“, sagt Carl.
Apropos Washington: Ob die Luxemburger Beamten bei Reden des Luxemburger Parlamentspräsidenten auch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wie es amerikanische Diplomaten jahrelang beim ehemaligen Präsidenten Donald Trump gemacht haben? „Es ist unsere Aufgabe, den Chamber-Präsidenten vorzubereiten“, stellen Tennina und Carl klar. Man stehe im Hintergrund und unterstütze die Politiker, die in der ersten Reihe stehen. „Wenn der Präsident dann etwas sagt, was nicht vorgesehen war, ist das seine politische Entscheidung“, erklären die beiden Verantwortlichen der Internationalen Abteilung des Parlamentes. So schlimm, dass man die Hände über dem Kopf zusammenschlagen müsse, sei es aber noch nie gewesen. Ganz die Parlaments-Diplomaten eben.
Hinter den Kulissen
Das Parlament besteht nicht allein aus 60 Abgeordneten. Insgesamt arbeiten rund 160 Menschen für die Chamber, und das in den unterschiedlichsten Bereichen. In der Serie „Hinter den Kulissen der Chamber“ stellt das Tageblatt verschiedene Abteilungen des Parlaments vor, die meist nicht so in der Öffentlichkeit stehen und dennoch das gute Funktionieren von Luxemburgs Demokratie garantieren.
Bisher erschien in der Serie:
Teil 1 „Das Hinterzimmer: Wie der „Service Séances plénières“ die Chamber-Sitzungen vorbereitet“ am 27. August
Teil 2 „Der unsichtbare Dienst am Land: Wie der „Service logistique“ die Chamber am Laufen hält“ am 30. August
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