Luxemburg / Infektionsquellen werden nicht mehr umfassend zurückverfolgt – Coronatote trotz geringer Anzahl an Hospitalisierungen
Wenngleich das Coronavirus nicht verschwunden ist und das Gesundheitsministerium täglich eine hohe Anzahl an Neuinfektionen vermeldet, ist die pandemische Lage in Luxemburg eher entspannt. Auch das Contact Tracing hat seine Aktivität inzwischen zurückgefahren. Doch trotz allem sterben weiterhin Menschen – und das bei einer geringen Belegung der Intensivstationen. Das Tageblatt hat sich beim Gesundheitsministerium erkundigt, welche Vorbereitungen das Großherzogtum für den Herbst trifft.
Trotz der sommerlichen Temperaturen und einer Quasi-Rückkehr in die alte Normalität ist die Pandemie noch nicht vorbei. Die Zahl der Menschen, die in Luxemburg mit oder am Coronavirus gestorben sind, ist in den vergangenen Wochen weiter angestiegen. Derweil liegt die Zahl der Coronatoten laut Angaben der „Santé“ bei insgesamt 1.107 (Stand: 26. Juli). Am 12. Juli meldete das Gesundheitsministerium sogar drei Todesfälle an einem Dienstag (12.7.). Auf den Normal- und Intensivstationen sieht die Lage zurzeit aber recht entspannt aus: Insgesamt 24 Personen wurden am Dienstag wegen ihrer Beschwerden mit Covid-19 im Krankenhaus behandelt. Zum Vergleich: Im November und Dezember 2020 mussten bis zu 199 Menschen auf den Normalstationen und bis zu 50 auf den Intensivstationen behandelt werden.
Woher kommt also diese Diskrepanz zwischen der Zahl der Todesfälle und jener der Hospitalisierungen? Das Gesundheitsministerium führt dieses Missverhältnis auf den Ort des Todes zurück. Neben den von Krankenhäusern gemeldeten Todesfällen auf den Intensivstationen oder in einer anderen Krankenhausabteilung umfassen die von der „Santé“ vermeldeten Todesfälle auch jene, die sich zu Hause, in Pflegeheimen usw. ereignet haben.
Ausschlaggebend ist hierbei allerdings, dass einige Todesfälle rückwirkend gemeldet werden – und zwar nicht nur die kumulierten Todesfälle über die Wochenenden, also von Freitag bis inklusive Sonntag, sondern auch jene im Eigenheim. Die „Santé“ könne diese Fälle nämlich erst vermelden, nachdem sie eine Todesbescheinigung erhalten hat.
Aktivität des Contact Tracing zurückgefahren
Doch nicht nur die Erfassung der Todesfälle, sondern auch die Effizienz des Contact Tracing wirft Fragen auf. Seit nunmehr einem Monat schreibt die „Santé“ in ihrem Wochenrückblick: Bei der anhaltend hohen Zahl von Fällen sei es schwierig, anzurufen, zu überprüfen und die wahrscheinliche Ansteckungsquelle zu bestimmen, ebenso wie den Anteil der positiven Fälle von Einwohnern, die in den 14 Tagen vor dem Datum des Ergebnisses gereist seien.
Die hohe Anzahl der Neuinfektionen ist jedoch nicht der einzige Grund, warum die Ansteckungsquellen nicht mehr umfassend zurückverfolgt werden können. Die „Santé“ meint gegenüber dem Tageblatt, dass „die vielen sozialen Kontakte und die zahlreichen festlichen Aktivitäten die Bestimmung der Infektionsquelle“ – seit der Aufhebung der sanitären Maßnahmen – ungemein erschweren. Sogar wenn ein positiver Kontakt bekannt ist, könne man weitere Infektionsquellen nicht ausschließen, wenn Infizierte an vielen sozialen, sportlichen oder kulturellen Anlässen teilgenommen haben. Außerdem sei die Frage nach dem Ursprung der Infektion in der aktuellen Version des Selbstdeklarationsformulars nicht vorgesehen.
Darüber hinaus werden seit Beginn der siebten Corona-Welle nur noch Personen über 50 und Ungeimpfte – da für sie ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf besteht – systematisch angerufen. Auch Menschen, die über die Gesundheits-Helpline einen Antrag gestellt haben, können derzeit einen Anruf vom Contact Tracing erhalten.
Hinzu kommt, dass die Anzahl der Contact-Tracing-Mitarbeiter „zurückgegangen ist“, teilt das Gesundheitsministerium auf Tageblatt-Nachfrage hin mit. „Angesichts der derzeitigen Arbeitsorganisation und der geringeren Intensität der Kontaktverfolgung sind wir in der Lage, die Arbeitslast zu tragen“, schreibt die „Santé“. Im kommenden Herbst werde jedoch wieder Personal eingestellt, „um eine mögliche Welle oder eine erhöhte Nachfrage nach Contact Tracing zu bewältigen, insbesondere, wenn wieder Quarantänemaßnahmen für Kontakte eingeführt werden sollten“.
Vorbereitungen für den Herbst?
Sollte es wieder zu Clustern in Alters- und Pflegeeinrichtungen kommen, wird die Gesundheitsbehörde Untersuchungen durchführen, „um sicherzustellen, dass geeignete Maßnahmen ergriffen werden“, heißt es in dem Antwortschreiben des Gesundheitsministeriums ans Tageblatt.
In den beiden vergangenen Jahren erntete die Regierung ordentlich Kritik dafür, dass sie im Sommer die von vielen herbeigesehnten Maßnahmen-Lockerungen beschlossen hatte, ohne sich dabei aber proaktiv auf den darauffolgenden Herbst und Winter vorzubereiten. Die Rechnung folgte in Form einer weiteren dramatischen Welle. Doch dieses Jahr soll es anders sein: Die Regierung hatte sich Anfang Juli zwar gegen die Einführung einer sofortigen Impfpflicht ausgesprochen, wolle aber zumindest diesen Sommer nicht untätig bleiben.
Die Regierungsparteien wollen einen entsprechenden Gesetzentwurf vorbereiten, der im Notfall nur noch von den Parlamentariern durchgewunken werden muss, damit eine Impfpflicht kurzerhand doch eingeführt werden könnte. Luxemburgs Opposition ist allerdings nicht ganz überzeugt von dieser bisher nie dagewesenen Herangehensweise.
Von einer durch eine medizinische Expertengruppe vorgeschlagenen und zunächst von der Regierung auch in Erwägung gezogenen selektiven Impfpflicht ab 50 Jahren hatte Letztere nach einem negativen „Avis“ der Ethikkommission vorläufig Abstand genommen.
Neben dem Gesetzestext wolle die Regierung den Einwohnern Luxemburgs „weiterhin vielfältige Möglichkeiten zur Impfung anbieten“: Impfbusse, Impfung gefährdeter Personen durch mobile Teams, Impfzentren, Impfung durch Ärzte und Apotheker. Die verschiedenen Impfkampagnen sollen von den erforderlichen Aufklärungsmaßnahmen begleitet werden. „Die Regierung wird auch auf eine starke Beteiligung von Ärzten und Apothekern an der Impfkampagne setzen“, schreibt das Gesundheitsministerium. Darüber hinaus habe die Regierung auf europäischer Ebene die nötigen Schritte eingeleitet, um von den neuen Impfstofftypen profitieren zu können, sobald diese von den zuständigen Gesundheitsbehörden genehmigt sein werden.
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„… Menschen, die in Luxemburg mit oder am Coronavirus gestorben sind …“.
Wenn ich diesen Ausdruck immer wieder lesen muss, frage ich mich, wann das Gesundheitsministerium endlich mal Transparenz in diese Zahl bringt und aufhört Unfalltote die zufällig auch noch mit Corona infiziert waren, als Corona-Tote zu zählen.
Die Tatsache, dass geheim gehalten wird wieviel Menschen tatsächlich am Virus gestorben sind, ist Wasser auf die Mühlen der Schwurbler, weil man kann frei interpretieren was man will und keiner kann es widerlegen.