Brustkrebs / Informieren, sensibilisieren, initiieren: Bald gibt es wieder einen „Brustkrebslauf“ in Luxemburg
Nach zwei Jahren Pause startet am kommenden Samstag wieder ein „Broschtkriibslaf“ in Luxemburg. Claude Wolf hat mit der langjährigen Helferin Astrid Scharpantgen über Sinn und Zweck der Initiative gesprochen.
Die Diagnose trifft die meisten Frauen wie ein Verdikt. Brustkrebs! Es hört sich fast an wie ein Todesurteil. „Das muss und soll nicht sein“, sagt Astrid Scharpantgen, Gründungsmitglied von Europa Donna Luxemburg und eine der Initiatorinnen des „Broschtkriibslaf“, der am kommenden 1. Oktober im Park von Hesperingen stattfindet.
Der Startschuss fällt um 10.00 Uhr, ab 8.30 Uhr laufen die Einschreibungen und werden die Startnummern verteilt. Für viele Teilnehmerinnen ist das eine Gelegenheit, die Mitarbeiter von Europa Donna sowie Betroffene wiederzusehen und sich auszutauschen. Tatsächlich wird der Lauf über 4 Kilometer, der in seiner 20. Auflage stattfindet, von vielen ehemaligen Krebspatientinnen und ihren Familien bestritten. Eine Brustkrebs-Diagnose ist aber beileibe keine Voraussetzung – willkommen sind alle Männer und Frauen, denen das Problem am Herzen liegt.
„Es ist und bleibt wichtig, dass wir davon reden“, betont Astrid Scharpantgen. Den einen will sie damit die Angst vor der Krankheit und den damit verbundenen Folgen nehmen, anderen wiederum will sie helfen, das Tabu rund um den Krebs zu brechen und so entspannt wie möglich damit umzugehen.
Entspannung ist das Stichwort. Wer Europa Donna kennt, ruft häufig gleich nach dem medizinischen Befund bei der Beratungsstelle an und fordert unverzüglich Hilfe. Diese Personen müssen erst einmal beruhigt werden. In den seltensten Fällen ist eine Brustkrebsoperation dringend notwendig. Es bleibt meistens Zeit, um sich zu organisieren, vielleicht eine zweite medizinische Meinung einzunehmen und alle anderen anfallenden Probleme zu lösen.
Ein Glied in der Pflegekette
Europa Donna Luxemburg ist keine Pflegestelle. Krebspatientinnen werden hier nicht betreut, sondern nur beraten und begleitet. In den vergangenen 20 Jahren hat der Verwaltungsrat rund um Präsidentin Mariette Fischbach, welche seit zehn Jahren das Amt innehat, ein Netz von Experten aufgebaut, die die Krebspatientinnen bei sämtlichen Etappen ihrer Krankheit beraten und begleiten.
Das sind natürlich die Operation und die Chemotherapie, die je nach Tumorgröße schon vor der Chirurgie durchgeführt werden, sowie eventuelle Radiotherapien. Das sind aber auch begleitende Maßnahmen, mit deren Hilfe die Frauen die meist sechsmonatige Behandlung besser überbrücken können. Astrid Scharpantgen spricht von Reflexologie, mit der die Patienten in der Regel besser über die einzelnen Etappen der Chemotherapie hinwegkommen, weil damit das bei der Krankheit stark beanspruchte Immunsystem gestärkt wird. Auch eine gezielte Behandlung beim Physiotherapeuten kann helfen, genau wie Sport und Bewegung. Reiki und Akupunktur werden ebenfalls angeraten.
„Niemand braucht sich bei einer Krebsbehandlung einzusperren. Man sollte normal aktiv bleiben, dabei jedoch lernen, auf seinen Körper zu hören, und selbst probieren, wie weit man gehen kann“, rät die langjährige Beraterin.
Die genannten Begleitmaßnahmen werden von der Gesundheitskasse nicht übernommen. Deshalb bietet Europa Donna diese Komplementarbehandlungen an und bezahlt 50 Prozent der Kosten bis zu einem Betrag von 300 Euro. Allerdings sollte man selbst überlegen, wie viel einem die eigene Gesundheit wert ist.
Europa Donna ist nicht vergleichbar mit der Krebsstiftung. Es ist eine gemeinnützige Organisation, die nur geringfügig vom Gesundheitsministerium unterstützt wird. Sie bezieht die meisten ihrer Gelder – und das sind immerhin 60.000 bis 90.000 Euro im Jahr – aus Spenden. Der alljährliche Lauf ist somit eine wichtige Einnahmequelle. In den Anfangsjahren führte der Lauf quer durch die Oberstadt, später fiel der Startschuss in Neumünster.
Dieses Jahr haben die Organisatorinnen aus Sicherheitsgründen beschlossen, die Läufer und Läuferinnen nicht mehr auf Verkehrsachsen zu schicken, und haben daraufhin die Kundgebung in den Hesper Park verlegt. Willkommen sind Jogger und Nordic Walker. Zu gewinnen gibt es nichts, es werden auch keine Zeiten gestoppt. Die Kundgebung ist als Unterstützung und Sensibilisierung gedacht.
An viele Türen klopfen
„Wir müssen noch immer sensibilisieren und informieren“, unterstreicht Scharpantgen. „Trotz verstärkter Prävention (Frauen zwischen 50 und 69 Jahren werden alle zwei Jahre zum Programm Mammografie eingeladen) ertastet noch immer ein Drittel aller betroffenen Frauen selbst einen Knoten in der Brust.“
Deshalb setzt Europa Donna nach wie vor stark auf das eigene, regelmäßige Abtasten der Brust. „Das müsste für jedes junge Mädchen ein automatischer Reflex sein“, sagt Scharpantgen. Sorgen bereitet auch die Prävention nach dem Limit der 70 Jahre, wenn die Frauen nicht mehr vom Ministerium zur Mammografie bestellt werden. Wer sich nach dieser Zeitspanne trotzdem noch der vorbeugenden Untersuchung unterziehen möchte, der braucht Zeit und Geduld. Dezember 2023 erhielt die Autorin dieser Zeilen im Juli 2022 als Antwort auf die Bitte um einen Termin. Die Wartezeit war bei Nachfrage in einer anderen Klinik nicht mehr so lange, das Problem jedoch bleibt.
„Es kann doch nicht sein, dass solche Termine nur über gute Beziehungen zu bekommen sind“, reagiert man bei Europa Donna.
Die Beraterinnen kennen auch den Grund für diese langen Wartezeiten: Die sehr präzisen Untersuchungen müssen von speziell ausgebildetem Personal durchgeführt werden. Und an dem mangelt es, genau wie an spezialisierten Ärzten.
Eine große Hilfe wäre es natürlich auch, wenn die Spezialtechnologie in den Krankenhäusern über eine längere Zeitspanne angewandt werden könnte. Auch hier wird wiederum der Personalmangel vorgeschoben. Auf entsprechende Anfrage wurde Europa Donna gesagt, dass dies nicht in den Aufgabenbereich des Gesundheitsministeriums falle. Es sei nur verantwortlich für das Programm Mammografie, Punkt.
Im Gesundheitsministerium ist die privatrechtliche, unabhängige Vereinigung Europa Donna ein Gesprächspartner wie jeder andere. Dabei ist sie nach zwanzigjähriger Tätigkeit kein kleines Rad im Gesundheitssystem. Sie hat seit ihrer Gründung ein echtes Netzwerk aufgebaut, wo sich Kranke und Pflegepersonal treffen und austauschen können. Die Vereinigung kofinanziert immer wieder spezialisierte Fortbildungsmaßnahmen, zum Beispiel für die spezialisierten Brustkrebs-Krankenschwestern oder Kurse in Lymphdrainage für die Physiotherapeuten.
Baustein Nachbehandlung
Viele Fragen stellen sich die Betroffenen in der Nachbehandlung bzw. beim Wiederaufbau der Brust. Besonders der Wiederaufbau mit dem eigenen Gewebe ist eine medizinische Herausforderung und nochmals ein schwerer Eingriff. „Die Haut hat teilweise durch die Radiotherapie gelitten, hier kommt dann noch eine neue Härteprobe“, stellt die Fachfrau fest. Sie hat allerdings vollstes Verständnis für den Wunsch nach einem Brustaufbau. Nicht jede Frau hat den Mut, zu ihrem lädierten Körper zu stehen.
Helfen will Europa Donna auch bei einer anderen Folgeerscheinungen des Brustkrebses. Viele Frauen müssen nach ihrer Krankheit mit einer speziellen Hormontherapie in die Menopause versetzt werden. Das wiederum geht mit einer mehr oder weniger starken Gewichtszunahme einher. Um diese Frauen zu unterstützen, möchte Europa Donna mit Ernährungsberaterinnen diese Problematik thematisieren und eine bestmögliche Ernährungsumstellung anbieten. Allerdings wird auch dieser Teil der Begleitung der Krebspatientinnen nicht von der Gesundheitskasse übernommen. „Hier ist ein Mentalitätswechsel fällig“, so die Feststellung. Vielleicht ist der „Broschtkriibslaf“ ja ein guter Anfang?
20. Broschtkriibslaf
Wo: Im Park von Hesperingen
Wann: Am 1. Oktober 2022
Programm:
8.30 Uhr: Einschreibungen
9.00 Uhr: Startnummern werden verteilt
9.45 Uhr: Warm-up
10.00 Uhr: Start
12.00 Uhr: Preiseverleihung an die drei Mannschaften, die am zahlreichsten vertreten waren
Europa Donna International
Europa Donna ist in 47 europäischen Ländern vertreten. Die Mission der Vereinigung ist es, sicherzustellen, dass alle Brustkrebs-Betroffenen in Europa Zugang zu bestmöglichen Informationen, hochwertigen Vorsorge-Untersuchungen, Diagnosen, Behandlungen und Nachsorge haben.
Dafür hat sie sich zehn Ziele gesetzt: Förderung der Verbreitung und des Austausches aller aktuellen Informationen über Brustkrebs, Schärfen des Bewusstseins in der Öffentlichkeit, Notwendigkeit eines geeigneten Screenings zur Früherkennung, flächendeckende Durchführung optimaler Behandlungen, bestmögliche Unterstützung bei Behandlung und Nachsorge, eine angemessene Ausbildung des Gesundheitspersonals, Einsatz für die besten Behandlungsmöglichkeiten, eine regelmäßige Qualitätskontrolle der medizinischen und technischen Ausrüstung, Sicherstellung, dass alle Frauen umfassend über Untersuchungs- und Behandlungsmöglichkeiten inklusive der Teilnahme an klinischen Studien informiert werden und ein Recht auf eine „zweite Meinung“ sowie die Bereitstellung finanzieller Mittel für die Brustkrebsforschung.
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