Fokus / Inhalte werden nachgeliefert: Neue politische Heimat von Frank Engel vorgestellt
„Fokus“ heißt die neue politische Heimat von Frank Engel – der die Vorstellung jedoch aufgrund gesundheitlicher Probleme verpasste.
Unter dem Titel „Zil, Wäerter, Fokus“ präsentierte sich die neue politische Gemeinschaft Fokus am Montagnachmittag in Strassen. Marc Ruppert, designierter Präsident der Partei Fokus, wollte beim ersten offiziellen Auftritt ein Bild ganz konkret vermeiden. „Wir sind keine One-Man-Show“, beteuerte Ruppert bei der Vorstellung des gemeinsamen Projektes. „Es sind die Themen, die im Mittelpunkt stehen sollen.“ Bei der Vorstellung von Fokus aber wurde deutlich: Themen sollen erst in den kommenden Wochen und Monaten ausgearbeitet werden. Und: Für politische Stellungnahmen fehlte den anwesenden Parteigründern der politische Killerinstinkt. Stattdessen wurde immer wieder auf einen Mann verwiesen, der schmerzlich vermisst wurde: Frank Engel. Der geschasste CSV-Präsident verpasste den Neustart seiner vor Monaten angekündigten „eigenen“ Partei nämlich aufgrund gesundheitlicher Probleme.
Die vorläufige Parteispitze von Fokus setzt sich aus dem Präsidenten Marc Ruppert, Parteisprecher Frank Engel, Generalsekretär Gary Kneip und den beiden Vize-Präsidentinnen Françoise Kirsch und Anne Lecuit zusammen. Vorläufig, da diese vorerst festgelegten Strukturen auf einem Gründungskongress in rund 100 Tagen von den bis dahin angeworbenen Mitgliedern bestätigt werden sollen. „Für die Rolle von Frank Engel als Parteisprecher haben wir uns an anderen Parteien im Ausland inspiriert“, sagte Ruppert. Man wolle ihm die nötigen Freiheiten geben, sich ohne Zwänge zu politischen Ideen zu äußern. Ein cleverer Schachzug, wurde Frank Engels Ende als CSV-Parteipräsident doch durch seine Äußerungen zur Erbschaftssteuer eingeläutet, die er ohne parteiinterne Absprachen in einem Interview gemacht hatte.
Thema Finanzierung
Türkis soll das farbliche Markenzeichen der neuen politischen Gruppierung sein. Eine Farbe, die der politische Beobachter zwangsläufig mit der ÖVP assoziiert, die in Österreich mit eher dubiosen Finanzspielchen Schlagzeilen macht. Dass mit Frank Engel gerade eines der Zugpferde der neuen Partei sich wegen angeblicher Finanztricks vor Gericht hat verantworten müssen – das Urteil im Freundeskreis-Prozess lautete auf Freispruch für alle Angeklagten – muss Zufall sein oder die Farbe ist aus Marketing-Sicht schlecht gewählt.
Eines der Hauptthemen am Montagnachmittag sollte aber die Finanzierung der Partei sein. Die Partei stehe am Anfang und sei aufgrund des Parteienfinanzierungsgesetzes erstmal auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen, die ihr von Mitgliedern und Sympathisanten zugetragen werden würden, so Marc Ruppert. Für junge Mitglieder zwischen 15 und 25 Jahren fragt die Partei einen reduzierten Mitgliedsbeitrag (50 Euro), normale Mitglieder sollen 100 Euro im Jahr zahlen, während für jedes sogenannte Sponsoren-Mitglied 200 Euro oder mehr in der Partei-Kasse landen. Große Beträge von einzelnen Mitgliedern habe die Partei aber noch nicht erwirtschaftet. „Das ist auch gut so, da dann vielleicht auch eine gewisse Erwartungshaltung mit einhergeht“, so Ruppert. Dass die noch leere Parteikasse aber vorerst ein Thema bleibt, kann auch der Kassenwart Jacques Linster nicht verneinen. Gemeinde- und Parlamentswahlen warten im kommenden Jahr auf die neue Partei.
Die Kassen sollen vorerst die ersten 100 Mitglieder füllen, die innerhalb der ersten 100 Tage bis zum Gründungskongress angeworben werden sollen. „Wir sind optimistisch, dass wir das Ziel erreichen, da wir auch schon von anderen Parteien gehört haben, dass sich einige uns anschließen wollen“, sagte Ruppert. Klare Spielregeln für den Beitritt gebe es aber: „Mandatsträger, die sich uns anschließen wollen, müssen ihr Mandat an ihre Partei zurückgeben.“ Auch werde man keine aktiven Abwerbungsversuche bei anderen Parteien vornehmen, sagte Ruppert. Ein Hauch von Luxemburger Wahlkampf-Atmosphäre, wo man den politischen Gegner und späteren möglichen Koalitionspartner nicht entfremden will, schwebte durch das Lokal in Strassen.
Wer nun meint, die Partei im Selbstfindungsprozess werde vorerst keine größeren Ansprüche stellen, sah sich sogleich eines Besseren belehrt. „Wir treten nicht an, um ein oder zwei Sitze zu gewinnen“, sagte der Luxemburger Unternehmer und neuer Generalsekretär von Fokus Gary Kneip. Später untermauerte er die Ambitionen noch einmal. „Wir wollen Regierungsverantwortung übernehmen.“ An Selbstvertrauen mangelt es Fokus definitiv nicht, auch wenn der direkte Machtanspruch nicht unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal in Luxemburg darstellt.
Ob die neue Partei sich mit den sechs ausgewählten Themenkomplexen, die da wären: Wohnen; Bildung und Jugend; Mobilität; Umwelt und Energie; Rechtsstaat und Wirtschaft; Finanzen und Steuern, von der politischen Konkurrenz zu unterscheiden vermag, bleibt vorerst abzuwarten. Zu vage, zu dünn blieben die von den beiden Vizepräsidentinnen Anne Lecuit und Françoise Kirsch auf der Pressekonferenz vorgetragenen Ansichten zum Thema Bildung und Jugend. Dass das Bildungssystem in Luxemburg eine Generalüberholung und neue Perspektiven braucht, ist keine neue, innovative Idee. Ohne konkrete Reformvorschläge bleibt es nämlich vorerst genau das: eine Idee. Anne Lecuit soll die Jugendsektion der Newcomer-Partei aufbauen, die vor allem eines sein soll: jünger als die ihrer Pendants in den etablierten Parteien.
An die konkrete Themensetzung aber will Fokus basisdemokratisch herangehen. Neben Mitgliedern sollen auch externe Sympathisanten und Experten in den dafür vorgesehenen Arbeitsgruppen diskutieren können. Das Eingeständnis des Parteipräsidenten Marc Ruppert, dass die politische Meinung von Frank Engel durchaus mehr Gewicht habe als andere, ist dem Themenfindungsprozess wohl wenig dienlich. Françoise Kirsch verwies in ihrem Beitrag dennoch auf die gute Stimmung und freundliche Atmosphäre, in der innerhalb der Partei gearbeitet werden würde. Das zynische „noch“ eines anwesenden Pressevertreters war zumindest am Tisch der Journalisten gut hörbar.
Basisdemokratisch will die neue Partei aber auch an die kommenden Wahlen herangehen. Anhand von offenen Bürgerlisten will die Partie das nötige Personal in den Gemeinden stellen – Kooperationen mit anderen Parteien nicht ausgeschlossen. „Wir sind uns bewusst, dass derartige Gerüchte besonders im Hinblick auf die Piraten im Umlauf sind“, sagte Marc Ruppert. Dadurch, dass sich Fokus aber als „ideologisch losgelöst“ definiere, sehe er darin auch kein Problem. Auch Koalitionen für die angestrebte Regierungsbeteiligung wollte man keine ausschließen. Nur mit der ADR werde man wohl auf keinen gemeinsamen Nenner kommen, meinte Marc Ruppert.
Eingerostete Parteistrukturen und undurchsichtige Parteifinanzen hinter sich lassend, mehr Basisdemokratie wagend und jenen Bürgern ein Zuhause bietend, die sich durch die klassischen Parteien nicht mehr vertreten fühlen … – gepaart mit den von Marc Ruppert definierten bürgerlichen Werten von „Respekt, Solidarität, Engagement, Eigenverantwortung – kurzum Manieren“, so will Fokus seine politische Zukunft aufbauen. Konkrete Programmpunkte und Inhalte sollen, wie von Marc Ruppert angekündigt, in naher Zukunft nachgereicht werden. Dann auch mit Frank Engel, versicherte der Fokus-Präsident.
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Eine konservative Partei ohne ‚C‘ und ohne Nazis, die entzieht der CSV und dem ADR bestimmt viele Stimmen.
Out of focus, heißt unscharf, so wie das nachlieferbare Programm. Lustig immerhin, eine Partei ohne mal ein Programmembryo.