Editorial / Innere Barrieren: 2020 hat unsere zwischenmenschlichen Beziehungen verändert
„Ich habe null Kontakte pro Tag, und das seit Monaten“: Diesen Kommentar gab es letztens in einem sozialen Netzwerk unter einer Umfrage zu lesen. Dieser Satz zeigt, wie sich die Pandemie auf das Leben aller ausgewirkt hat – jedenfalls bei denjenigen, die das Virus ernst nehmen.
Die Pandemie zwingt die Menschheit zur Isolation, da jedes Treffen potenziell gefährlich sein könnte. Der Mensch darf, als soziales Wesen, sein Bedürfnis nach Kontakt und Bindung nicht befriedigen. Die Gesellschaft hat sich mittlerweile an die „gestes barrières“ gewöhnt, die uns monatelang eingetrichtert wurden: Bei der Begrüßung auf das Händeschütteln, Umarmungen und Küsschen zu verzichten oder genügend Abstand zu halten, hat (fast) jeder von uns verinnerlicht. Das „physical distancing“ hat in manchen Situationen durchaus seine Vorteile und könnte ruhig in Post-Corona-Zeiten beibehalten werden, wie etwa in der Warteschlange an der Supermarktkasse.
Die Maßnahmen der Regierung schlagen sich jedoch auf die Psyche nieder. Zu Hause zu bleiben, ist fast schon zur Gewohnheit geworden und für manche kostet der Schritt nach draußen Überwindung. Fakt ist auch, dass die letzten Monate den Stresslevel bei jedem erhöht haben – egal ob bei Jugendlichen oder bei den älteren Semestern. Einsamkeit, Angstzustände und daraus resultierende Depressionen haben sich in den vergangenen Monaten vermehrt in der Gesellschaft gezeigt, sodass neben den physischen Auswirkungen auch psychische Langzeitfolgen zu erwarten sind. Das Risiko dazu ist umso höher, je länger die Krise andauert.
Die Beziehungen zueinander haben sich bereits heute verändert: Familien haben sich teilweise seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen. Freundschaften sind loser geworden, denn sich nur online zu treffen, reicht irgendwann nicht mehr aus. Singles hatten es in den vergangenen Monaten schwer, jemand Neues kennenzulernen, und wenn, war es schwierig, einen geeigneten Ort für ein Treffen zu finden. Die Gefahr einer Ansteckung bleibt auch bei einem ersten Kennenlernen stets im Hinterkopf. Bei einem Date spazieren zu gehen, hat etwas von Flanieren im 19. Jahrhundert. Alleinstehende mussten auf Körperkontakt und Nähe verzichten. Im Home-Office und Feierabend haben sie so gut wie keine Kontakte zur Außenwelt. Fernbeziehungen über Landesgrenzen hinweg aufrechtzuerhalten, war noch schwieriger als vorher. Paare wiederum haben sich durch den Lockdown wieder ganz neu kennengelernt – im Positiven wie auch im Negativen.
Null soziale Kontakte seit Monaten: Schwer vorstellbar und doch die Realität für viele, nicht nur in Luxemburg, sondern weltweit. Wie wird die Situation aussehen, nachdem Corona endlich „besiegt“ worden ist? Wie schnell kann die Menschheit von „physical distancing“ auf „physical approaching“ umschalten? Genauso wie die Schutzgesten erlernt werden mussten, müssen sie auch wieder vergessen werden. Diese innere Barriere vor jedem Kontakt muss erst wieder überwunden werden. Doch vielleicht können diese letzten Monate der Distanz auch bewirken, dass die Menschen später wieder mehr aufeinander achtgeben – sodass daraus wieder ein wirkliches soziales Miteinander wird.
Nach diesem Training des Alleinseins ist man bereit für eine Reise zum Mars!Super!
Es wäre praktisch, wenn die Maske wie in asiatischen Ländern bei Schnupfen, Bronchitis und Grippe zur Gewohnheit würde. Die Grippesaison würde viel glimpflicher ablaufen. Warum nicht Masken mit der Aufschrift „Ech hunn de Schnapp“ tragen, um die Maske gesellschaftsfähig zu halten?
Es wäre auch schön, das Abküssen von fremden Menschen an Sylvester oder bei ähnlichen Ereignissen vermeiden zu können (wenn man das wünscht), ohne gleich schief angesehen zu werden.
Und nicht zu vergessen: Kinder in ihrem Wunsch respektieren, die Verwandschaft bei Feiern nicht zur Begrüßung und zum Abschied küssen zu müssen. Viele Kinder mögen das gar nicht.
Daat jidfereen ofzeknutschen an on fait la bise ass mir emmer schons op Schlapp gangen.
Also ich bin mit der coronabedingten Lebenssituation im Gegensatz zur Verfasserin sehr zufrieden. Tut mir leid für die Toten, aber die Distanz zwischen den Leuten ist für mich ein Segen, besonders in Hinsicht darauf, dass es in diesem Land immer enger werden wird.