LNS / Internationaler Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft: Drei Expertinnen im Fokus
„W“ wie Wissenschaft – und Weiblichkeit. Dass sich beides nicht ausschließt, sondern miteinander harmoniert, wird seit fünf Jahren am 11. Februar, dem „Internationalen Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft“, gefeiert. Zu diesem Anlass stellt das LNS drei Mitarbeiterinnen vor, die als Forscherinnen von ihren persönlichen Erfahrungen als Frauen innerhalb der Wissenschaft berichten.
Der 11. Februar ist ein besonderer Tag. Seit 2016 gilt er als der „Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft“. An diesem Datum richten sich die Augen der Öffentlichkeit auf die Verdienste von Forscherinnen, Expertinnen und Erfinderinnen – kurz: auf die Leistungen von Frauen, die in der Wissenschaft tätig sind. Dieses Jahr stellt das „Laboratoire national de santé“ (LNS) drei Mitarbeiterinnen vor, die dem Laboratorium zufolge Repräsentantinnen weiblicher Exzellenz sind. Unter der Devise „Wissenschaft braucht die hellsten Köpfe“ kommen Elizabet Petkovski, Anke Wienecke-Baldacchino und Ann-Christin Hau in direkten Gesprächen zu Wort. Die weiblichen Fachgrößen erzählen von ihrer tagtäglichen Arbeit, der Bedeutung ihres Fachgebiets sowie der Rolle der Frau in der Wissenschaft.
Die Gerichtsmedizinerin Elizabet Petkovski arbeitet seit zehn Jahren beim LNS. Sie ist Leiterin des „Genetischen Identifizierungsdienstes der Abteilung für Rechtsmedzin“. Der Dienst ist dafür zuständig, Fingerabdrücke und Gen-Profile zu bestimmen und so in Rechtsfällen Fakten und Beweismittel zu liefern. „Wir agieren auf Anfrage der luxemburgischen Justizbehörde“, erklärt Elizabet Petkovski. Über ihren eigenen Werdegang berichtet sie, dass sie während ihres Studiums in Straßburg einen Vortrag über genetische Identifikation in der Forensik gehört habe. „Diese Erfahrung hat nachhaltig zu meinem Wunsch beigetragen, wissenschaftlich, objektiv, emotionslos und sachlich – was besonders wichtig ist – an der Wahrheitsfindung mitzuwirken.“ Sie wolle sich an der „Aufklärung von Ungerechtigkeiten“ beteiligen, und zwar in Kooperation mit anderen Forschungsbereichen.
Petkovski ist bisher nie persönlich Opfer von Sexismus oder Diskriminierung geworden. Es sei klar, dass es auf der Welt immer noch Regionen gebe, in denen der Sexismus fortbestehe, sagt die Spezialistin. „Ich persönlich empfinde ihn in meinem alltäglichen Leben nicht.“ Sie fährt fort: „Ich bin noch nie aufgrund meines Geschlechts bevorzugt oder benachteiligt worden.“ Die Frage, ob sie als Frau Unterschiede zu ihren männlichen Kollegen wahrnehme, verneint die Spezialistin nach eigenen Worten „kategorisch“. „Es gibt charakterliche Unterschiede, die mit den Menschen zu tun haben, aber nicht mit ihrem Geschlecht“, sagt die Gerichtsmedizinerin. „Für mich definiert sich ein Forscher durch seine wissenschaftlichen Qualitäten, durch die Anerkennung seiner Kolleginnen und Kollegen, durch seine Ausdauer, die Qualität und die Detailgenauigkeit seiner Forschung“, sagt Petkovski. „Im Angesicht der Wissenschaft sind wir alle gleich.“
„Näher am Patienten“
Anke Wienecke-Baldacchino arbeitet seit 2018 als Bioinformatikerin am LNS in der Mikrobiologie-Abteilung. „Ich komme aus der Forschung, meine letzte Stelle war an der Uni Luxemburg“, erzählt die Wissenschaftlerin. Ihr Weg führte sie aus einem bestimmten Grund zum LNS: „Ich habe eine Arbeit gesucht, wo ich ein bisschen näher am Patienten bin und quasi den direkten Output von den Daten, die ich generiere, sehe.“ Im Augenblick ist die Bioinformatikerin vor allem damit beschäftigt, „SARS-CoV-2-Sequenzen zu analysieren und Datensätze darüber zusammenzustellen, welche Virus-Varianten gerade in Luxemburg zirkulieren“.
„Ich hatte den Luxus, immer meinen Interessen folgen zu können“, sagt Wienecke-Baldacchino, die nach einem Abstecher in Fachbereiche wie Ingenieurwissenschaften und Epidemiologie ihre Leidenschaft zur Bioinformatik fand. „Es gibt immer neue Methoden, neue Wege, neue Algorithmen. Man ist permanent in Bewegung und das entspricht mir voll und ganz“, meint die LNS-Mitarbeiterin.
Im Gegensatz zu ihrer Arbeitskollegin stellt sie sehr wohl Differenzen zwischen Männern und Frauen in der Wissenschaft fest. Diese sollen struktureller Natur sein. „Ein interessanter Unterschied, den ich beobachtet habe, ist, dass alle meine weiblichen Vorgesetzten kinderlos waren“, stellt Wienecke-Baldacchino fest. „Ich würde also sagen, dass Frauen mit Kindern es seltener in Führungspositionen schaffen.“ Sie erklärt: „Das Wissenschaftsmilieu mit seinen meist befristeten Verträgen und permanentem Publikationsdruck bietet nicht gerade die optimalen Voraussetzungen für Familie, und mit Kindern verändern sich die Prioritäten.“ Dass es oftmals weniger Frauen in Führungspositionen gebe, sei also häufig auch den Lebensumständen geschuldet.
Dennoch sieht sie Stärken in der Existenz als Frau und der Präsenz von Frauen in einem männlich dominierten Arbeitsfeld: „Ich glaube, und das ist jetzt meine Meinung, dass Frauen mehr auf Zusammenarbeit und Netzwerke setzen.“ Frauen arbeiten laut Wienecke-Baldacchino „nicht als einsamer Wolf, der sein Projekt durchbringen möchte und alle Ergebnisse für sich beansprucht“. Sie würden lieber im Team agieren, weil man dort effizienter sei. Außerdem würden sich Frauen ihrer Ansicht nach mehr hinterfragen und ihre Ergebnisse
kritischer betrachten, was für ihre Forschungsresultate gewinnbringend sei.
Frau und Mann: Komplementäre Arbeitsweisen
Ann-Christin Hau forscht seit Dezember 2020 am LNS an neurologischen Erkrankungen und bösartigen Veränderungen im Gehirn. Davor betrieb sie neurowissenschaftliche Grundlagenforschung. Dabei habe ihr jedoch die konkrete Anwendbarkeit ihrer wissenschaftlichen Ergebnisse gefehlt. „Den direkten Nutzen für den Patienten zu sehen ist sehr viel befriedigender“, sagt Hau, die seit 2019 parallel in ihrer Freizeit Humanmedizin studiert.
Zu der Lage der Frauen in der Wissenschaft sagt die Neuroonkologin: „Ich glaube, dass wir in der Generation, zu der ich mich jetzt zähle, tatsächlich mehr die Möglichkeit haben, so zu sein, wie wir sein wollen.“ Wie Männer und Frauen an die Arbeit herangingen, sei Hau zufolge unterschiedlich: „Mir ist aufgefallen, dass Männer in der Wissenschaft oft sehr charismatisch auftreten, mit sehr viel Selbst- und Projektdarstellung, wohingegen Frauen systematischer und strukturierter arbeiten.“ Diese Differenzen zwischen den Geschlechtern seien aber im Dienste des Erkenntnisgewinns oftmals gewinnbringend und komplementär. „Deswegen würde ich auch nicht sagen: Frauen sind die besseren Wissenschaftler. Und sie sind definitiv nicht die schlechteren“, schlussfolgert Hau.
- „und zerbröselt in vierzig stückchen illusion“: Tom Webers Lyrikband „fluides herz“ erzählt von Zerfall und Neubeginn - 19. Dezember 2022.
- Wir müssen die Lyrik befreien: Warum die Dichtung trotz ihrer Präsenz in den Medien ein Image-Problem hat – und wie sich das ändern kann - 27. November 2022.
- Mehr Akzeptanz fürs Kinderwunschlosglück: „Nichtmuttersein“ von Nadine Pungs - 4. September 2022.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos