Easy cooking / Internet-Plattform für Feinkost: Virtuelle Antwort auf materielles Bedürfnis
Seit einem Jahr belastet die Pandemie die hiesige Gastronomie und dabei ganz besonders die Restaurants. Um über die Runden zu kommen, bieten zahlreiche Unternehmen ihre Vorzeige-Gerichte zum Mitnehmen an. Mit seiner 2017 gegründeten Internet-Plattform „Easy cooking“ hatte Paul Eischen gewissermaßen schon vorgebaut.
„Ich bin hierzulande der einzige Feinkoch ohne Laden. Das ist meine freie, bewusste Entscheidung. Ich habe abends keine Reste, die ich wegschmeißen muss.“ Mit seiner digitalen Einkaufsplattform war Paul Eischen der aktuellen Notlage gewissermaßen schon zuvorgekommen.
„Easy cooking“ ist seit 2017 online. Die letzten Monate brachten ihm verstärkten Zuspruch. Dies, weil die Gourmets auf eine breite Auswahl von vorgefertigten Gerichten zurückgreifen können, weil sie auf diese Weise in den Bereichen Fischhandel, Metzgerei und Bäckerei online einkaufen können und weil sie aus Sorge um ihre Gesundheit verstärkt auf das Internet zurückgreifen.
Anders als im Supermarkt oder im Feinkostladen kann man bei Paul Eischen allerdings nicht spontan einkaufen. Die Bestellung braucht eine gewisse Vorlaufzeit, die bei den anspruchsvollen „Plateau-repas“ mit den verlockenden Namen wie „Envolée de goûts“, „Retour du pêcheur“ oder „Rendez-vous à la ferme“ bis zu vier Tage dauern kann. Nudel- oder Tagesgerichte kommen schon nach 24 Stunden auf den Tisch und können auch beim Drive-in in Capellen einfach abgeholt werden. Alles ist auf der Internetseite genau erklärt.
„Unser System ist die Garantie, dass alles frisch ist und ohne Konservierungsstoffe auskommt“, erklärt Paul Eischen. Durch den kostenlosen Lieferservice, den er – unter gewissen Auflagen – anbietet, wird die Kühlkette nicht unterbrochen. Die Gerichte werden von der Zubereitung bis zum Verzehr bei der richtigen Temperatur gelagert. Das gilt auch für den Einkauf der Metzgerei- oder Fischprodukte. Sie sind kochfertig zubereitet und abgepackt und bleiben im Kühlwagen, bis sie vor der Tür abgeladen werden.
Diese auf den ersten Blick etwas umständliche Vorlaufzeit beruht auf einem ausgetüftelten Computerprogramm, das eigens für Paul Eischen konzipiert wurde: Die Elektronik erkennt die Vorbestellungen und kann aufgrund dieser Wünsche die Einkaufslisten erstellen und die einzelnen Etappen der Vorbereitung festlegen. Der Belegschaft liegt morgens ein genauer Zeit- und Arbeitsplan vor.
Auf „Easy cooking“ stehen mittlerweile rund 500 Gerichte zur Auswahl. „Das ist nur möglich, weil wir sie virtuell anbieten“, sagt Eischen. Entgegen seinen anfänglichen Erwartungen greifen die Kunden weniger auf vorbereitete Rohwaren zurück als auf vorgefertigte Gerichte zum Aufwärmen. So genießen sie häufig aufwendige Speisen, die sie individuell nicht zubereiten würden.
Perspektiven
„Der Kunde hat in der Pandemie gelernt umzudenken. Er muss sich früher als bisher den Kopf über seinen Speiseplan zerbrechen, eventuell Gerichte vorbestellen. Das gab es bis dahin nur an Weihnachten oder bei großen Anlässen“, weiß Paul Eischen. Allerdings verhindere eine präzisere Planung, dass man Sachen wegschmeißt, greift er seinen Anfangsgedanken über nachhaltiges Küchenmanagement wieder auf.
Vor der Pandemie hat das Feinkostgeschäft bereits über die Hälfte seiner Tätigkeit ausgemacht, weitere Einnahmen generierten die Ausrichtung von großen Diners für Unternehmen und Familien sowie die Brasserie. Beide Aktivitäten sind seit März 2020 brutal ausgebremst.
„2019 war ein gutes Jahr. Wir hatten einige Reserven. Allerdings gehen diese allmählich zu Ende“, sagt der Feinkoch. Dankbar ist er für die Hilfe des Staates, die einen Teil der ungedeckten Kosten übernimmt, mit Respekt spricht er auch von seinem Vermieter, der Entgegenkommen zeigt. Auftragsarbeiten des Servior-Pflegedienstes und des Roten Kreuzes bringen ebenfalls Arbeit.
Dennoch ist etwa die Hälfte der 13 verbliebenen Mitarbeiter abwechselnd in Kurzarbeit. Man sei froh über die bestehenden Aufträge, sei sich aber auch bewusst, dass sie nicht dem sonst üblichen Rhythmus entsprechen. „Wir arbeiten in Normalzeiten abends und am Wochenende. Das ist jetzt alles weggefallen. Es wird bei der Wiederaufnahme nicht einfach sein, es werden wohl einige abspringen“, sinniert der Feinkoch. „Wir dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken. Gegessen wird immer. Wir müssen unsere Vorschläge nur anders an den Mann bringen als bisher.“ Eine Antwort bringt das „Easy cooking“.
Die Frage nach den möglicherweise geöffneten Terrassen beantwortet Eischen mit einem Lächeln. Sein Lokal im obersten Stockwerk eines großen Möbelhauses hat keine Terrasse, „aber man könnte sich überlegen, zurzeit nicht benötigte Weihnachtschalets anzumieten, sie auf dem Parkplatz aufzustellen, die Umgebung mit Sand zu bestreuen und so eine Strandatmosphäre zu schaffen, wo jeder in seinem Häuschen für sich sitzt und sein Essen genießt.“
Das ist allerdings Zukunftsmusik. Viel konkreter ist das Geschäftsmodell, das Eischen aus der Krise heraus auf die Beine brachte. Unter dem Namen „Lët’z wok“ bietet er küchenfertige Wok-Mischungen an, die mithilfe eines elektrischen Woks am Tisch zubereitet werden. Eine von der Kundschaft bereitwillig aufgenommene Alternative zur Fondue oder Raclette. Es gibt die Wok-Mischungen mit Fleisch, mit Fisch oder rein vegetarisch. Alles ist vorbereitet, abgewogen und gewürzt. Die Rezepte kann man auf der Homepage nochmals ablesen. Den Wok kann man kaufen oder mieten. „So habe ich auch Laien zum Kochen gebracht“, erzählt Eischen. Er ist zwar der Chef und der Unternehmer, bleibt jedoch über den Dialog und den Lieferservice, den er teilweise selbst macht, seinen Kunden und ihren Wünschen nahe. Das erlaubt ihm, seine Ziele weiterzuverfolgen. Denn gegessen wird ja immer.
Ein Vollprofi
Seit mehr als 30 Jahren ist Paul Eischen in der Gastronomie tätig. Nach Abschluss der Hotelfachschule in Diekirch lernte er in einer Reihe von prestigereichen Häusern die Feinheiten des Berufes. Bei der Aufzählung von „La Cheneaudière“ im französischen Colroy-la-Roche, „Les Crayères“ in Reims, dem „Erbprinz“ in Ettlingen und der „Schwarzwaldstube“ von Harald Wohlfahrt in Baiersbronn gerät mehr als ein Gastronom ins Schwärmen.
1995 kam Eischen nach Luxemburg zurück. Hier wartete eine neue Herausforderung. Anstelle des Escher Sternekochs Gilles Fridrici – der kein Luxemburger war – wurde er von Tony Tintinger kurzerhand auserkoren, um die Farben unseres Landes beim berühmten „Bocuse d’Or“-Wettbewerb zu verteidigen. „Drei Wochen blieben mir für die Vorbereitung“, erinnert sich Eischen. Ein Preis war nicht drin, geblieben ist eine schöne Erinnerung.
Im Anschluss daran hat Paul Eischen Kochkurse gegeben und private Essen ausgerichtet, bis er im Dezember 2000 sein Restaurant in Capellen eröffnete. Der Schwerpunkt lag dabei von Anfang an auf dem „Traiteur“-Business.
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