Editorial / „Investéier deng Suen a Steen“: „Demokratie der Hausbesitzer“ neu interpretiert
„Investéier deng Suen a Steen“. Es ist wohl die Luxemburger Investitionsstrategie schlechthin gewesen, anhand derer sich jeder ohne größere Risiken bereichern konnte. Gleichzeitig legte dieser Glaubenssatz den Grundstein für die heutige Wohnungsbaukrise.
Die „Demokratie der Hausbesitzer“: Jahrelang wurde dieser Begriff mit dem in Luxemburg vorherrschenden sozialen Frieden gleichgesetzt. Nicht umsonst galt in der Luxemburger Politik jahrelang das Credo, dass sich jeder Bürger, der in Luxemburg arbeitet, auch sein eigenes Eigenheim leisten kann – unabhängig davon, ob er als Handwerker, Informatiker, Beamter oder Bankdirektor tätig war. Wer sich sein eigenes Vermögen aufbauen konnte, tendiert eher weniger dazu, gegen die Politik auf die Straße zu gehen.
„The Luxembourg Dream“, bestehend aus Eigenheim mit gepflegtem Vorgarten und einem oder zwei Autos, ist angesichts der derzeitigen Lage auf dem Wohnungsmarkt für immer weniger arbeitende Menschen ein realistisches Ziel. Der Begriff „Demokratie der Hausbesitzer“ lässt sich ob der offensichtlichen Ausweglosigkeit für immer mehr Luxemburger Bürger immer zynischer interpretieren: Nur wer bereits ein gewisses Vermögen hat, kann oder darf politisch teilhaben – Abendessen bei Giorgetti und Co. lassen grüßen. Währenddessen machen sich immer mehr Luxemburger auf Wohnungssuche in der Grenzregion und geben somit einen Teil ihrer politischen Rechte, nämlich ihr passives Wahlrecht, ab.
Die Politik förderte Investitionen in Immobilien jahrelang ganz gezielt. Wer risikofrei sein Geld anlegen wollte, sollte einfach in eine Zweit- oder Drittwohnung investieren. Dass damit bereits eher einer gehobenen Mittel- und Oberschicht geholfen wurde, muss den Verantwortlichen damals schon klar gewesen sein. Dass der Luxemburger doch nur Opfer seines eigenen wirtschaftlichen Erfolges wurde, ist ein Argument, das an Naivität und Kurzsichtigkeit nicht zu übertreffen ist.
Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, müsste ein Strukturwandel auf dem Wohnungsmarkt her. Die Maßnahmen, die am Dienstag vom Luxemburger Parlament gestimmt wurden, werden diesen Wandel wohl kaum herbeiführen. Obschon auch einige für Erstkäufer und Geringverdiener dabei sind, kann man über das Maßnahmenpaket vor allem eins festhalten: Es werden langfristig vor allem diejenigen profitieren, denen es eigentlich nicht so schlecht geht und die es sich leisten können, trotz hoher Zinsen weiter zu investieren, um von den steuerlichen Vorteilen profitieren zu können.
Die Luxemburger Politik scheint mittlerweile erkannt zu haben, dass das Ziel, die „Demokratie der Hausbesitzer“ zu bewahren, ob des explosionsartigen Bevölkerungswachstums wohl keine realistische Basis mehr darstellt, um eine an die Bedürfnisse des Landes angepasste Wohnungsbaupolitik zu machen. Damit bricht die Luxemburger Politik mit einer jahrzehntelangen Tradition. Die Politik muss sich also jetzt fragen, was das für Auswirkungen auf die kommenden Generationen hat – um nicht in 20, 30 oder 50 Jahren wieder von den Auswirkungen einer Politik überrascht zu werden, die eigentlich vorhersehbar waren.
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