EU-Außenminister auf Kirchberg / Iranerinnen und Iraner demonstrieren in Luxemburg gegen das Regime und für Sanktionen
Am Montag nutzten Iranerinnen und Iraner das Treffen der EU-Außenminister auf Kirchberg, um auf die Situation in ihrem Land aufmerksam zu machen.
Seit die junge iranische Kurdin Mahsa Amini vor ziemlich genau einem Monat infolge von Polizeigewalt wegen eines nicht „ordnungsgemäß“ getragenen Kopftuchs in einem Teheraner Spital verstarb, steht die Islamische Republik am Rand einer Revolution.
Seitdem vergeht kein Tag, an dem es nicht zu Protesten kommt. Die iranischen Sicherheitsbehörden versuchen die Demonstrationen mit Gewalt zu unterdrücken. Mehr als 122 Demonstrantinnen und Demonstranten sind bereits getötet worden. Das teilte die Menschenrechtsorganisation Iran Human Rights (IHR) mit Sitz in Oslo am Montag mit. Andere Menschenrechtsgruppen zählen bislang 240 Tote bei den Protesten. Rund 8.000 Menschen sollen in 111 Städten festgenommen worden sein.
Am Samstag war es zudem in dem für die Misshandlung von politischen Gefangenen berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran zu einem Brand gekommen. Laut offiziellen Mitteilungen starben acht Menschen. Aktivisten gehen von einer erheblich höheren Opferzahl aus.
Viele Fahnen, viel Wut
Am Montag auf Kirchberg demonstrierten insbesondere die Unterstützer des „Conseil national de la résistance iranienne“ (CNRI), der iranischen Exil-Opposition, um ihre Solidarität mit den Demonstrantinnen und Demonstranten in ihrem Heimatland zu zeige. Lautstark und Fahnen schwenkend forderten die CNRI-Anhänger auf der place de l’Europe ein Ende des Mullah-Regimes sowie härtere Sanktionen der Europäischen Union gegen die Herrschenden im Iran.
In Kirchberg dabei war auch die 24-jährige Luxemburgerin Solmaz Jodairi Saber, die sich über die rege Teilnahme an den Protesten an einem Montagmorgen freute. „Der Mord an Mahsa ist bei weitem nicht die erste Bluttat gegen junge Regime-Gegner im Iran oder Menschen, die sich nicht an die Regeln der Islamischen Republik halten, doch dieser Mord hat eine Bremse gelöst und vor allem die Jugend in ihrer Wut geeint“, sagte Solmaz Jodairi Saber gegenüber dem Tageblatt.
„Diese Unfreiheit, diese Unterdrückung, die Menschen halten das nicht mehr aus und wollen jetzt den Systemwechsel.“ In ihren Forderungen an die EU ist Solmaz Jodairi Saber sehr deutlich: Der Zeitpunkt sei gekommen, alle diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zum Regime im Iran abzubrechen und die „iranischen Agenten aus Europa zu verbannen, auch jene, die in Luxemburg sind“.
Forderungen an die EU
Extra aus Deutschland angereist war die ebenfalls 24-jährige Anahita Pouralijanki. Bei dem Protest in Kirchberg fiel sie dadurch auf, dass sie ein Plakat mit den Worten „Part of no Party“ hochhielt – Mitglied keiner Partei. Die junge Frau will vor allem, dass die Menschen im Iran selber entscheiden können, wie sie leben wollen. Von der EU fordert sie, die Bankkonten der iranischen Regime-Eliten einzufrieren, die Konsulate zu schließen und die wirtschaftlichen Beziehungen abzubrechen. „Was wir von den Europäern brauchen, sind Taten und keine leeren Versprechen.“
Überrascht war die 24-Jährige, dass am Montag in Luxemburg mit dem CNRI quasi nur eine Partei protestierte – zumal eine, von der sie sich ausdrücklich distanziert. „Das sind nicht alle“, sagte Anahita Pouralijanki dem Tageblatt, „wir sind ganz viele Menschen aus allen Parteien und allen Richtungen, die dieses Regime loswerden wollen – ich gehöre keiner Partei an, aber ich bin trotzdem hier, wir sind alle solidarisch mit den Menschen in Iran und wir gehen alle auf die Straßen!“ Solange nicht alle iranischen Frauen frei seien, könnten die Männer es auch nicht sein, „deswegen demonstrieren sie mit den Frauen – Frauenrechte sind schließlich Menschenrechte“, so die 24-Jährige, um noch anzufügen: „Im Iran bringen sie Menschen um, das kann ich nicht tolerieren.“
Die EU-Außenminister gingen bei ihrem Treffen in Luxemburg dann tatsächlich auf Konfrontationskurs zum Iran. Auch die iranische Beteiligung am Ukraine-Krieg durch Waffenlieferungen an Russland wurde zum Thema. Die Außenminister verhängten neue EU-Sanktionen gegen elf Verantwortliche des Regimes sowie gegen vier Organisationen. Neben der Sittenpolizei steht auch die Cyber-Einheit der Revolutionsgarden auf der Sanktionsliste. Gegen alle Betroffenen werden Einreiseverbote verhängt, zudem wird ihr Vermögen in der EU eingefroren.
- Caritas und der Papst-Besuch: Chefsachen - 26. September 2024.
- Juncker und Asselborn sind sich eins: Schengen ist in Gefahr – und Luxemburgs Regierung sollte sich wehren - 18. September 2024.
- Der politische Herbst beginnt - 16. September 2024.
Warum immer im Ausland protestieren ???