Rundreise / Islands beeindruckende Westfjorde: Durchatmen in der Einsamkeit
Wer dringend mal vom stressigen Alltag abschalten möchte und sich nach ein wenig Einsamkeit sehnt, ist in Islands Westfjorden gut aufgehoben. Majestätische Fjorde, verlassene Hochebenen und beeindruckende Naturspektakel hat Jessica Oé auf einer Pressereise erlebt.
Wann haben Sie das letzte Mal wirklich nur die Natur gehört? In Luxemburg scheint der alltägliche Lärm von Autos, Industrie, anderen Menschen ständig präsent. Auf der Rundreise durch Islands Westfjorde ist es mir mehrmals vorgekommen, einfach für einen Moment die Augen zu schließen, durchzuatmen und tatsächlich niemanden außer die Natur zu hören. Der niederprasselnde Wasserfall hinter mir, das rauschende Meer in einem Kilometer Ferne, die Bekassine, die über das Feld huscht und durch deren Flügelschlag ein fast meckerndes Geräusch entsteht, die Island-Pferde, die auf der Weide stehen und am Gras rupfen … Wer es zulässt, kann in Island in die Natur eintauchen.
Los geht die Rundreise vom Flughafen in Keflavik, nur wenige Kilometer von Islands Hauptstadt Reykjavik entfernt. Das Auto sollte am besten schon im Vorfeld angemietet werden und Reisende sollten ausreichend Geduld einpacken: Da viele Flüge quasi gleichzeitig landen, ist an den Schaltern der Autoverleiher schnell langes Warten angesagt. Die erste Etappe führt auf die Halbinsel Snaefellsnes – und verrät einen Trend, der sich durch die ganze Reise zieht. Die dichte Stadt lässt man schnell hinter sich, stattdessen wuchten sich Hügel und Klippen rechter Hand auf, bedeckt von Gras, Moos und dichten Lupinenfeldern. Die Straße führt weitestgehend am Meer entlang.
Mehr als 90 darf man auf Asphaltstraßen nicht fahren, auch wenn sie bei gutem Wetter gerne dazu verleiten. Je weiter Reykjavik hinter einem verschwindet, desto weniger Verkehr herrscht auf den Straßen, bis man schließlich nur noch vereinzelt anderen Verkehrsteilnehmern begegnet. Beim Fahren sollte man auf Schafe aufpassen: Sie sind in Island freilaufend – und dösen auch gerne mal am Straßenrand. Links und rechts zweigen immer wieder kleine Straßen zu Höfen und Gasthäusern ab, jedes mit einem markanten Namen. Die ersten Nächte verbringen wir auf dem familiengeführten Gestüt Lýsuhóll, davon mehr in einem späteren Bericht.
Die Halbinsel Snaefellsnes
Die Halbinsel Snaefellsnes hat insbesondere für Wanderfreunde viel zu bieten. Viele der Sehenswürdigkeiten und Dörfer sind durch ausgeschilderte Wanderwege miteinander verbunden. Der Untergrund ist meist nicht allzu schwierig und auch für Anfänger gut zu bewältigen. Doch wer die vielen Höhepunkte der Halbinsel in einem Tag erleben möchte, sollte schon zum Auto greifen. Ein absolutes Muss ist eine Erkundung des Wasserfalls Bjarnarfoss und der Erdspalte Rauðfeldsgjá. Es gilt, wasserfeste Wanderschuhe mitzubringen, da hier ein kleines Stück durch den Fluss geklettert werden muss, um in die Spalte hineinzugelangen. Am Ende belohnt aber eine fantastische Sicht die Mutigen. Ein weiteres, wenn auch klassischeres Highlight ist die schwarze Kirche von Búðir, gebaut 1848, eine der ältesten Holzkirchen Islands. Ebenso schwarz ist der Sand von Djúpalónssandur. Die vom Meerwasser teils kreisrunden und sehr flachen Steine sind ideal zum Auftürmen – oder als kleines Mitbringsel für die Familie.
Einen Ausflug wert sind auch der strahlend orange Leuchtturm Svörtuloft – der allerdings nur über eine abenteuerliche Schotterstraße erreichbar ist – und der Berg Kirkjufell. Der sollte insbesondere „Game of Thrones“-Fans bekannt vorkommen, da er als Drehkulisse diente. „Ein Berg geformt wie eine Pfeilspitze“, so wurde er in der Serie beschrieben. Bei unserem Besuch fehlte ihm allerdings die Schneemütze. Der Snaefellsjokull-Nationalpark war zur Zeit unseres Aufenthalts im Juni leider noch nicht zu besuchen.
Von Stykkishólmur, auf der anderen Seite der Halbinsel, geht es am dritten Tag mit der Fähre „Baldur“ über den Breiðafjörður zu den eigentlichen Westfjorden. Mit etwas Glück kann man bei der Überfahrt Delfine, Wale und etliche Vögel erspähen. Wer auf keinen Fall die Meeresbewohner verpassen möchte, kann in mehreren Dörfern entlang der Route Waltouren buchen. Uns zeigten sich eine Gruppe verspielter Weißseitendelfine und mehrere Pottwale.
Paradies für Vogelfreunde
Erst mal übergesetzt wird schnell klar: War Snaefellsnes bereits abgelegen, sind die Westfjorde regelrecht einsam. Hat man erst die anderen Fahrzeuge, die ebenfalls übergesetzt haben, verloren, begegnet man oft kilometerlang keinem anderen Auto. Dafür sollte man die Kamera bereithalten, immer wieder eröffnen sich atemberaubende Ausblicke, wenn man die an den Fjorden gelegenen Klippen und Hügel hoch- und runterfährt. Führt die Straße am Meer entlang, sollte man unbedingt ein Auge auf die Strände halten. Gerne räkeln sich hier Robben auf Steinen oder kleinen Inseln.
Die Straßen selbst sind mittlerweile Schotterstraßen – in mehr oder weniger gutem Zustand. Mit 90 km/h ist hier keiner mehr unterwegs, was aber bei den fantastischen Aussichten auch nicht stört. Kleiner Tipp: Solch epische Kulisse hat auch epische Musik verdient, Filmmusik von „Herr der Ringe“, „Gravity“ oder auch „Game of Thrones“ ließ unsere Herzen noch höher schlagen.
Auf den beiden ersten Teilen der Strecke durch die Westfjorde, mit Übernachtungen in Patreksfjörður und Heydalur, nahe Ísafjörður, sollte man unbedingt einen Ausflug zu den Klippen in Látrabjarg einplanen. Die Fahrt hierhin geht zwar über raue Straßen und zieht sich eine gute Weile, doch die Erfahrungen am Ende machen es wieder wert. Die Klippen sind nämlich Brutplatz für Papageientaucher, Lummen, Tordalken und Möwen. Ein Paradies für Vogelfreunde. Wer nicht sofort einen der Vögel erspäht, kann entlang der Klippen wandern und immer mal wieder einen Blick über die Kante wagen. Dabei gilt es aber Vorsicht walten zu lassen, um nicht abzustürzen! Auch sollte man immer mal wieder das direkte Umfeld checken: Die Papageientaucher lassen sich teilweise nicht stören, wenn Touristen sogar nur einen Meter neben ihnen stehen.
Nur einen kleinen Abstecher weiter weg befindet sich der rosafarbene Strand Raudasandur. Er lädt zum ausgiebigen Spazierengehen ein. Wäre nicht der etwas kalte Wind, könnte man fast meinen, am Strand in Spanien unterwegs zu sein. In den umliegenden, mit Strandhafer bedeckten Dünen entdeckt man vereinzelt Schafe, die sich sogar bis hierher durchschlagen. Zur Zeit unseres Besuchs haben die Küstenseeschwalben gebrütet, was einen Spaziergang durch die Landschaft deutlich erschwerte. Die kleinen Vögel sind sehr, sehr angriffslustig. Wer Raudasandur besucht, sollte allerdings auf Ebbe und Flut achten – Teile des Watts werden sehr schnell wieder vom Wasser verschluckt und dann steht eine längere Wanderung durchs kniehohe Nass an.
Der erste Teil des Berichts darf natürlich nicht ohne den mächtigen Wasserfall Dynjandi enden. Wir hatten ihn erst gar nicht auf dem Plan, näherten uns von oben und sahen eigentlich nur einen relativ ruhig fließenden Strom, den wir über eine Brücke überquerten. Dann schwenkt die Route in einer Linkskurve nach unten, bis auf einmal auf linker Seite der Dynjandi hinunterdonnert. Wasserfälle sind uns während unserer Fahrt so oft begegnet, dass wir am Ende schon fast gelangweilt von ihnen waren. Doch dieses Naturspektakel ist ziemlich einzigartig und ist definitiv einen längeren Fotostopp wert.
* Der nächste Teil des Berichts folgt in der nächsten Ausgabe des Magazin.
Zur Pressereise
Drei Journalistinnen, ein Auto und zwölf Tage freie Fahrt: Das war das Konzept der von dem Reiseunternehmen Islanderlebnis im Juni stattgefundenen Pressereise. Weitere Berichte über die Erfahrungen in Island werden Sie in den kommenden Wochen und Monaten im Tageblatt-Magazin lesen.
Die Reise kann direkt bei Islanderlebnis.de unter dem Namen „Westisland mit viel Zeit entdecken“ gebucht werden. Sie kostet ab 1.874 € p. P.
Das Unternehmen wird in den kommenden Wochen auch ein Büro in Luxemburg eröffnen und ist dann unter der Adresse 6, Pierre-Risch-Strooss, L-5450 Stadtbredimus zu finden.
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