Gazastreifen / Israelische Armee: Kontrolle über mehrere Hamas-Regierungsgebäude übernommen
Mehr als fünf Wochen nach Beginn des Gazakrieges hat die israelische Armee nach eigenen Angaben die Kontrolle über mehrere Regierungsgebäude der islamistischen Hamas übernommen.
Dazu gehörten das Hamas-Parlament und Gebäude der Polizei in Gaza, erklärte das israelische Militär am Dienstag. Unterdessen wurden nach Angaben des Direktors des Al-Schifa-Krankenhauses im Gazastreifen 179 Tote in einem Massengrab beigesetzt, während tausende Zivilisten auf dem Klinikgelände ohne Strom und Wasser festsaßen.
Die israelische Armee erklärte weiter, auch die Kontrolle über eine Ingenieursfakultät übernommen zu haben. Diese habe als „Institut für die Produktion und Entwicklung von Waffen“ gedient. In Onlinemedien waren Bilder zu sehen, auf denen israelische Soldaten die israelische Flagge am Podium des Parlamentschefs ausbreiteten. Zudem zeigten die Aufnahmen Soldaten vor einer Mauer, auf der „Sitz der Militärpolizei“ stand.
Die Armee entdeckte nach eigenen Angaben auch einen Tunneleingang, „der sich in einer Moschee im Gazastreifen“ befinde. Mit Kampfflugzeugen und Hubschraubern sei zudem eine „Terrorzelle“ bombardiert worden, „die Panzerabwehrraketen gegen Soldaten“ abgefeuert habe.
Derweil saßen am Dienstag tausende Menschen auf dem Gelände des Al-Schifa-Krankenhauses in der Stadt Gaza fest. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen bezeichnete die Lage in der größten Klinik des Gazastreifens im Onlinedienst X, ehemals Twitter, als „sehr schlecht, sie ist unmenschlich“.
Leichen lägen in den Gängen des Krankenhauskomplexes, die Leichenhalle werde nicht mehr mit Strom versorgt, sagte Krankenhausdirektor Mohammed Abu Salmija. Am Dienstag seien 179 Leichen in einem Massengrab beigesetzt worden. Darunter seien auch sieben Babys, die aufgrund fehlenden Stroms nicht am Leben hätten gehalten werden können.
Tot einer 19-jährigen Geisel bestätigt
Ein Zeuge sagte, der Geruch von verwesenden Leichen in dem Klinikkomplex sei erdrückend. Die Kämpfe und Luftangriffe seien zwar in der ganzen Nacht fortgesetzt worden, jedoch weniger intensiv als in den vorherigen Nächten. Eine Sprecherin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnete derweil in Genf eine Evakuierung der gefährdetsten Patienten aus dem Krankenhaus als „unmögliche Aufgabe“. Diese Patienten zu verlegen, würde zu ihrem Tod führen, sagte sie.
Israel hatte Zivilisten und Patienten aufgerufen, das Krankenhaus zu verlassen. Kritik der WHO, des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (Ocha) und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) daran hatte die israelische Mission in Genf verurteilt. Die israelische Armee wirft der Hamas vor, ihr militärisches Hauptquartier in Tunneln unter dem Al-Schifa-Krankenhaus errichtet zu haben. Die Hamas weist das zurück.
Derweil meldete das israelische Militär „Hinweise“ auf Geisel-Verstecke der Hamas in einem Kinderkrankenhaus in Gaza. Armeesprecher Daniel Hagari sagte am Montag, die Armee habe „Hinweise gefunden, die darauf hindeuten, dass die Hamas“ im Keller des Al-Rantisi-Krankenhauses „Geiseln festgehalten hat“. Als Belege zeigte er in einem Video unter anderem eine Babyflasche und ein an einem Stuhl befestigtes Seil. Die Armee habe auch „Hamas-Infrastruktur“ und Waffen gefunden.
Die israelische Armee bestätigte am Dienstag zudem den Tod einer 19-jährigen Hamas-Geisel. Die Soldatin Noa Marciano „wird von der Armee für tot erklärt“, teilte das Militär mit. „Sie war von der Terrororganisation Hamas entführt worden.“ Angaben zur Todesursache machte die israelische Armee nicht. Hunderte Kämpfer der Hamas waren am 7. Oktober nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1.200 Menschen in Israel getötet und rund 240 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
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