Nahostkonflikt / Israels Botschafterin Idit Rosenzweig-Abu: „Wie kann der 7. Oktober nie wieder passieren?“
An diesem Montag jährt sich der Terror-Überfall der Hamas auf Israel zum ersten Mal. Das Datum des 7. Oktober zieht sich denn auch wie ein roter Faden durch unser Gespräch mit der israelischen Botschafterin für Luxemburg, Idit Rosenzweig-Abu, das wir vergangene Woche mit ihr geführt haben.
Tageblatt: Wie schätzen Sie die Reaktionen Luxemburgs auf die Ereignisse in Israel und der Region ein?
Idit Rosenzweig-Abu: Ich denke, der luxemburgische Außenminister ist sehr engagiert in unserer Region. Ich habe Außenminister Bettel zweimal begleitet, im Januar und Mitte des Jahres und er wird Ende dieses Monats wieder dorthin gehen. Als er dort war, traf er jeden, nach dem er mich gefragt hatte, den (israelischen) Außenminister, den Präsidenten, er ging in den Süden, er traf sich mit israelischen Nichtregierungsorganisationen, er hatte Treffen auf der palästinensischen Seite. Er war sehr engagiert.
Welche Erwartungen hat Israel an Luxemburg im Rahmen des derzeitigen Konfliktes?
Ich glaube, die Erwartungen sind die gleichen, die wir an alle anderen westlichen Staaten stellen. Wir wissen, dass Luxemburg, wie andere europäische Länder, versteht, wie komplex dieser Konflikt ist. Es geht nicht nur um Israel gegen die Palästinenser, sondern auch um den Iran und regionale Mächte. Und selbst in der palästinensischen Gesellschaft gibt es gegensätzliche Interessen. Wie gefährlich die dschihadistische Bedrohung und die Denkweise des 7. Oktober, nach der alles erlaubt ist: in Häuser eindringen, vergewaltigen, Kinder entführen … Die Bedrohung der Dschihadisten, die Glorifizierung, diese Art Krieg zu führen, ist so grausam. Wir erwarten, dass jedes Land die Situation in dieser Komplexität erkennt und Israel darin unterstützt, wieder Sicherheit zu erlangen. Wir wollen Gaza nicht kontrollieren, wir wollen unsere Gebiete nicht ausweiten. Wir wollen in Sicherheit leben.
Wir wissen, dass Luxemburg, wie andere europäische Länder, versteht, wie komplex dieser Konflikt ist
Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel hat in Aussicht gestellt, sowohl in Israel als auch in den palästinensischen Gebieten eine diplomatische Vertretung zu eröffnen. Wie sehen Sie das?
Ich habe verstanden, dass das Thema noch im Außenministerium diskutiert wird. Und ich glaube, der Außenminister versteht, dass eine Anerkennung des palästinensischen Staates in der palästinensischen Öffentlichkeit als eine Leistung der Hamas wahrgenommen werden würde. Denn 20 Jahre lang hat die Palästinensische Autonomiebehörde den Punkt der Anerkennung nicht erreicht und erst nachdem so etwas passiert ist, soll diese Anerkennung kommen. Außerdem bin ich sicher, dass das Ministerium weiß, dass es ernste Probleme hinsichtlich der Palästinensischen Autonomiebehörde gibt. Zum Beispiel haben sie einen Mechanismus zur finanziellen Unterstützung für Terroristen geschaffen, die im Gefängnis sitzen. Diese finanzielle Unterstützung hängt im Wesentlichen davon ab, wie viele Menschen sie getötet haben, oder ob sie nur jemanden verletzt haben. Wir nennen das „pay for slay“ (zahlen, um jemanden umzubringen; Anm. d. Red.). Das ist etwas sehr Beunruhigendes, denn indirekt ermutigt es die Menschen zu terroristischen Handlungen. Darüber hinaus fordert die EU von der Palästinensischen Autonomiebehörde in diesem Jahr Reformen. Der Reformprozess wurde eingeleitet, insbesondere im Bildungswesen und bei der Korruptionsbekämpfung, ist aber noch nicht abgeschlossen. Ich bin mir sicher, dass all diese und viele andere Faktoren im luxemburgischen Außenministerium in Betracht gezogen werden.
Wir stehen einige Tage vor dem ersten Jahrestag des terroristischen Überfalls der Hamas auf Israel. Wie hat sich das und der seitdem anhaltende Krieg auf die israelische Gesellschaft ausgewirkt?
Der Krieg hat schwierige wirtschaftliche Auswirkungen und viele Vertriebene in Israel hervorgebracht. Das hat eine Menge Unsicherheiten geschaffen: Kinder, die ein Jahr lang nicht zur Schule gehen konnten, Gemeinschaften, die jetzt nomadisch leben müssen. Und viele Menschen sind in der Armee. Wir haben zwar eine große reguläre Armee, aber wir haben auch viele Leute in der Reserve. Im Grunde ist jeder in Israel verpflichtet, zur Armee zu gehen. Danach ist man bis zum Alter von 45 Jahren Teil der Reserve. Das gilt nicht nur für Männer, sondern auch für Frauen. In vielen Familien sind also der Vater oder die Mutter oder beide rekrutiert worden. Ich denke, Sie können sich vorstellen, wie sich das monatelang auf die Familien und ihre wirtschaftliche Situation und darüber hinaus auswirkt.
War es ein Fehler, dass Israel sich 2005 ohne jegliches Abkommen mit der palästinensischen Seite aus dem Gazastreifen zurückgezogen hat?
Wenn Sie die israelische Rechte fragen, war es ein Fehler. 2005 sagte Premierminister Ariel Scharon: Wir müssen den Palästinensern beweisen, dass wir uns zurückziehen werden. Die Palästinenser glauben uns nicht, dass wir fähig sind, Siedlungen zu evakuieren. Der Ort, an dem das am einfachsten zu bewerkstelligen wäre, ist Gaza, denn es gibt keine religiösen Verbindungen zu Gaza. Ariel Scharon sagte, dass wir unsere Ernsthaftigkeit beweisen müssen, um diesen Konflikt zu lösen. Und das hat er getan, und zwar mit Gewalt. Und dann hoffte man, dass die palästinensischen Behörden die Kontrolle übernehmen würden. Doch dann ist es ganz schnell eskaliert und die Hamas hat die Kontrolle übernommen. Die Tatsache, dass das nach hinten losging, ist jetzt eines der größten Hindernisse für den Frieden. Denn in Israel besteht die Sorge, wenn man Gaza oder das Westjordanland verlässt, dann wird man ein paar Jahre später einen weiteren 7. Oktober bekommen. Das ist eine große Angst, denn die Grenze zum Gazastreifen ist 40 Kilometer lang, die Grenze zum Westjordanland 600 Kilometer. Hat Israel mit der Evakuierung des Gazastreifens einen Fehler gemacht …
… Evakuierung schon, aber ohne Abkommen …
Ja, das stimmt. Es war ohne Abkommen. Aber die Palästinensische Autonomiebehörde war vor Ort und kontrollierte das Gebiet. Ariel Scharon sagte, dass wir nicht in der Lage sind, ein umfassendes Abkommen zu erzielen, weil es wichtige Themen gibt, bei denen die Palästinenser uns nicht genug Vertrauen entgegenbringen, wie z.B. Jerusalem oder wie die Gewährung des Rückkehrrechts. Vor Ariel Scharon unternahm Ehud Barak große Anstrengungen, um ein Abkommen zu schließen. Nach Ariel Scharon hat Ehud Olmert versucht, mit der palästinensischen Autonomiebehörde neu zu verhandeln, um ein Abkommen zu erreichen. Und auch das hat nicht funktioniert.
Wann ist der Moment erreicht, an dem Israel sagt: Wir beenden den Krieg im Gazastreifen?
Vor etwa einem Monat schlug Israel eine sichere Passage für Yahya Sinwar (ranghöchster Hamasführer im Gazastreifen; Anm. d. Red.) und seine Leute vor, um den Gazastreifen zu verlassen und den Krieg zu beenden. Mit der Zusicherung und der amerikanischen Unterstützung, dass ihnen dabei kein Schaden zugefügt wird. Doch sie haben es abgelehnt. Vor ein paar Tagen gab es ein Briefing der Amerikaner, die sagten, dass die Hamas sich nicht mehr an Gesprächen über einen Waffenstillstand beteiligen würde. Wir wissen nicht, ob Sinwar getötet wurde oder nicht. Der Krieg wird erst zu Ende sein, wenn die Geiseln zurück sind. Und zweitens, wenn es in Gaza eine Art alternatives Regime zur Hamas gibt. Wir denken, dass dies innerhalb der familiären Strukturen des Gazastreifens geschehen könnte, der Hamula. Wir sehen bereits an einigen Orten im Norden des Gazastreifens große Familien, die ihre eigenen Gebiete verwalten. Ich hoffe, dass die Hamas schwach genug sein wird, um den Konflikt in Gaza zu beenden.
Im Gazastreifen wurden große Teile der Infrastruktur zerstört: Schulen, Krankenhäuser, Wohnungen, technische Einrichtungen … Wie sollen die Menschen in Zukunft dort leben?
Es ist mir wichtig zu betonen, dass keine Schule verletzt wurde, wenn sie nicht als militärische Einrichtung genutzt wurde. Gaza ist nicht der erste Ort auf der Welt, der durch einen Krieg zerstört wurde. Ich weiß, dass die Medien diesen Konflikt gerne als einzigartig darstellen, aber es gab in der Weltgeschichte Kriege und Orte, die zerstört und wieder aufgebaut wurden. Gaza muss wie viele andere Orte einen Prozess des Wiederaufbaus durchlaufen. Hoffentlich ohne Tunnel darunter und mit einer Infrastruktur, die wirklich für die Bevölkerung genutzt wird und nicht für iranische Zwecke.
Das wird aber Jahre beanspruchen, während denen viele Menschen nicht anderswo hin können. Das ist eine sehr schwierige humanitäre Situation.
Ich stimme zu. Krieg schafft schlimme humanitäre Situationen. Sie können nicht woanders hingehen, auch weil die Ägypter die Grenzen nicht öffnen. Man kann nicht erwarten, dass wir uns auf der einen Seite um unsere eigene Bevölkerung kümmern und auf der anderen Seite um die palästinensische Bevölkerung. Im Übrigen ist es kein einseitiger Krieg. Es gab letzte Woche noch Raketen aus Gaza. Irgendwann muss das palästinensische Volk beschließen, für sich selbst zu sorgen. Die Mehrheit der palästinensischen Bevölkerung lebt im Westjordanland, und auch von ihr wird erwartet, dass sie sich um ihre eigenen Leute kümmert.
Die internationale Gemeinschaft weist Israel immer wieder darauf hin, dass der Bau von israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten nicht nur gegen internationales Völkerrecht verstößt, sondern auch die Beilegung des Konflikts verhindert. Warum werden diese Appelle in der israelischen Politik nicht berücksichtigt?
Wir müssen zwischen dem Westjordanland und Gaza unterscheiden. Gaza hat keine Verbindung zum jüdischen Volk. Es war also nie ein Ort, an dem das jüdische Narrativ des biblischen Israel existierte. Zum Westjordanland: Wir müssen verstehen, dass es in unserer Region zwei Nationen gibt, die eine Verbindung zur Gesamtheit des Landes haben. Etwa die tiefe Verbundenheit der jüdischen Bevölkerung mit Sichem, wo sich ein Grab von Joseph aus der Bibel befindet, oder mit Hebron, wo Abraham und Isaak begraben sind. Dies sind Orte, die eine tiefe Verbindung zur jüdischen Geschichte haben. Es gab die Bereitschaft zu teilen, zum Verzicht auf diese Ansprüche. Doch die Gegenleistung musste sein: Dann können wir in Frieden leben, dann können wir aufhören zu kämpfen, dann können wir aufhören, uns einschüchtern zu lassen. Denn sie werden auch ihre Ansprüche aufgeben, auf Akkon oder Jaffa. Wir sehen aber, dass wir die Sicherheit nie zurückerhalten haben. Selbst nach Oslo und nachdem wir uns aus dem Gazastreifen zurückgezogen hatten, gab es noch mehr Terrorismus. Ein Teil der israelischen Gesellschaft sagt also: Wenn dies ein Nullsummenspiel ist, dann wollen wir die Souveränität über das gesamte Land ausüben. Das ist das Narrativ vieler Menschen, die in den Siedlungen leben. Innerhalb der israelischen Gesellschaft wird dieser Teil immer stärker, weil die Versuche, die Formel „Frieden für Land“ voranzutreiben, fast jedes Mal gescheitert sind. Und zwar auf eine Weise, die auf israelischer Seite viel Blutvergießen zur Folge hatte.
Innerhalb der israelischen Gesellschaft wird dieser Teil immer stärker, weil die Versuche, die Formel „Frieden für Land“ voranzutreiben, fast jedes Mal gescheitert sind
Aber diese Narrative lassen außer Acht, dass es Resolutionen der Vereinten Nationen gibt, in denen die Grenzen klar definiert sind und die als Grundlage für ein Abkommen für beide Seiten dienen können.
Was haben uns die internationalen Resolutionen am 7. Oktober geholfen? Alle Orte, die am 7. Oktober verletzt wurden, waren keine Siedlungen, waren nie in den Grenzen von 1967, waren in Israel. Wie haben uns die internationalen Resolutionen jetzt im Norden Israels geholfen?
Extremisten und Radikale kümmern sich nicht um UN-Resolutionen.
Wenn die Anzahl der Extremisten und Radikale und die Bedrohung durch sie zu groß ist, dann kann ein israelischer Führer das Volk nicht überzeugen, dieses Risiko erneut einzugehen. Die Frage ist doch: Was dann? Und Netanjahu sagt: dann eine Art Autonomie oder Selbstverwaltung für die Palästinenser, eine palästinensische Körperschaft, die nicht als Staat definiert wäre, weil sie keine Armee hätte. Ja, das Volk existiert an diesem Ort, aber auch wir existieren an diesem Ort.
Sollte das Ziel keine Zweistaatenlösung sein?
Die Zweistaatenlösung ist ein Ideal. Es ist ein Ideal, das auf dem Papier perfekt ist. Und es macht Sinn. Aber in Wirklichkeit haben wir das schon einmal erlebt, und es ist gescheitert.
Wann?
Nach Oslo.
Der Kern des Konflikts ist die Anerkennung der Tatsache, dass das jüdische Volk in diesem Land beheimatet ist
Es gab doch noch keinen palästinensischen Staat, der hat noch nie existiert.
Ja, aber wir haben den Prozess zur Gründung eines palästinensischen Staates eingeleitet. Israel ist derjenige, der Waffen an die palästinensische Polizei liefert. Israel hat das Westjordanland in Gebiete aufgeteilt, wie es im Osloer Abkommen vorgesehen war. Israel hat Arafat erlaubt, aus Tunesien zurückzukehren. Israel hat viele Schritte zum Aufbau eines palästinensischen Staates unternommen. Es hätte weitergehen können, und wir hätten es schaffen können. Doch dann explodierten Busse in Tel Aviv, in Jerusalem. Jedes Mal, wenn wir uns dem Ziel näherten, wie nach Oslo und nach Camp David, gab es massive Terror-Wellen. Der Kern des Konflikts ist die Anerkennung der Tatsache, dass das jüdische Volk in diesem Land beheimatet ist. Dass es ein Recht für eine jüdische Einheit gibt, in diesem Land zu sein. Laut Umfragen gibt es eine Mehrheit in der palästinensischen Gesellschaft, die immer noch auf die Beseitigung des Staates Israel hofft. Die internationale Gemeinschaft, die Israel zu einer Zweistaatenlösung drängt, muss eine Art Plan zur De-Radikalisierung vorlegen.
Sollte die internationale Gemeinschaft sich mehr involvieren, um eine Lösung zu finden?
Im Allgemeinen sind den Möglichkeiten der internationalen Gemeinschaft Grenzen gesetzt. Aber es gibt verschiedene Dinge, die erforscht werden könnten. Es muss eine Offenheit jenseits dieses Schlagworts der Zweistaatenlösung geben. Welcher Staat ist damit gemeint? Haben die Palästinenser ein funktionierendes Organ, das sie regiert? Haben sie die Kontrolle? Wie würde das funktionieren? Wenn Jassir Arafat im Jahr 2000, als er ein akzeptierter Führer der palästinensischen Bevölkerung war, zu schwach war, um diesen Konflikt zu beenden, ist Mahmoud Abbas, mit fast 90 Jahren und sehr schwach, in der Lage, diesen Konflikt zu beenden? Das sind die Fragen, mit denen wir uns in der Praxis beschäftigen müssen. Wie verhindern wir, dass das Westjordanland zu Gaza wird, wenn wir uns zurückziehen?
Es gibt ein sehr hohes Maß an Zivilisten unter den Opfern sowohl im Gazastreifen als auch im Libanon. Wie ist das mit dem Anspruch des Staates Israel zu vereinbaren, das einzige Land in der Region zu sein, das eine Demokratie ist und die Menschenrechte achtet?
Ich denke, der Libanon unterscheidet sich sehr von Gaza. Es fällt mir sehr schwer, auf die Zahl der Opfer im Gazastreifen einzugehen, zumindest wenn man davon ausgeht, als wären in Gaza 40.000 Zivilisten gestorben. Es ist ganz klar, dass zumindest die meisten von ihnen, oder sagen wir, zumindest mehr als die Hälfte, keine Zivilisten sind. Wir haben Abteilungen in der Armee, die sich darauf konzentrieren, jeden Einsatz zu genehmigen und jeden Treffer zu rechtfertigen. In der Tat führt der Krieg in den Städten zu mehr Opfern. Das war auch in Mossul und Rakka mit der ISIS-Koalition so. Das war auch in Afghanistan und im Golfkrieg im Irak so. Ich glaube nicht, dass Israel andere Kriegsstandards hat, die das Völkerrecht missachten und dass wir uns anders verhalten als die Amerikaner in Afghanistan oder die Verbündeten mit ISIS. Was den Libanon anbelangt, so hat Israel sein Möglichstes getan, um seine Schläge direkt auf die Zielpersonen zu richten. Es wurde Geheimdienstarbeit geleistet, um so präzise wie möglich zu sein. Die Menschen wurden im Voraus gewarnt, denn wir wissen, dass es Regionen gibt, die von der Hisbollah kontrolliert werden. Deshalb hat Israel die Menschen gewarnt, über den libanesischen Rundfunk Warnungen gesendet und persönliche Telefonanrufe getätigt. Wir tun also wirklich unser Bestes, um auf die Hisbollah zu zielen. Und wir hoffen, dass es jetzt, da (Hisbollah-Führer Hassan, Anm. d. Red.) Nasrallah weg ist, zu einer Kräfteverschiebung kommen wird. Israel hat keinen Territorialstreit mit dem Libanon. Das ist abgeschlossen.
Können die Hamas und Hisbollah besiegt werden?
Ich denke, dass keine Idee vollständig besiegt werden kann, nicht einmal der Nationalsozialismus, denn den gibt es hier immer noch. Aber ich denke, man kann das Risiko verringern. Und man kann Raum für andere Kräfte schaffen, die mächtiger werden. Das ist die einzige Möglichkeit, sich zu schützen.
Es braucht ein Prozess der Änderung etwa der Bildungssprache sowohl in Israel als auch in der Palästinensischen Autonomiebehörde, einer Erziehung zur Versöhnung
Kann die internationale Gemeinschaft dazu beitragen, den Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern voranzutreiben?
Ich denke, in erster Linie kann die internationale Gemeinschaft jetzt den Krieg im Norden verhindern oder dabei helfen, ihn zu beenden. Jeder Krieg mit dem Libanon endete mit internationalen Garantien und internationaler Intervention. Das ist sofort oder innerhalb von Wochen erreichbar. Was die israelisch-palästinensische Frage angeht: Das ist viel komplizierter. Es erfordert Geduld. Es bedarf eines Reformprozesses innerhalb der Palästinensischen Autonomiebehörde. Es braucht ein Prozess der Änderung etwa der Bildungssprache sowohl in Israel als auch in der Palästinensischen Autonomiebehörde, einer Erziehung zur Versöhnung. Es braucht Sicherheitsgarantien für Israel. Es ist ein schrittweiser Prozess, in dem Druck auf die Palästinensische Autonomiebehörde ausgeübt wird, auch um eine Lösung für Gaza zu finden. Es ist die Verantwortung der Palästinensischen Autonomiebehörde, weil es sich um ihr Volk handelt und nicht weil sie Israel einen Gefallen tun will. Die Palästinensische Autonomiebehörde sagt derzeit, dass sie sich nicht an der Verwaltung des Gazastreifens beteiligen werde, solange es keine gesamte Lösung gibt. Wenn die internationale Gemeinschaft eine Rolle spielt, muss diese Rolle eher konstruktiv als deklarativ sein.
Es ist aber davon auszugehen, dass die derzeitige Regierung, die sehr rechts steht, keine Zweistaatenlösung will.
In dieser Regierung gibt es einen rechtsextremen Teil, der das auf keinen Fall will. Dieser Teil ist jedoch nicht die Mehrheit dieser Regierung. Und einige Parteien in dieser Regierung waren auch in der Regierung von (Jitzchak, Anm. d. Red.) Rabin. Israel ist eine Demokratie und spätestens 2026 wird es Wahlen geben. Die Frage aber ist: Kann eine neue Regierung der Öffentlichkeit etwas Nachhaltiges bieten? Denn selbst wenn die Regierung komplett wechselt und eine linke Regierung kommt, muss sie der Öffentlichkeit immer noch erklären, wie der 7. Oktober nicht wieder passieren kann.
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