Schwimmen / Jagd nach Hundertsteln: Julien Henx hat Olympia 2024 im Visier
Die letzten Jahre waren für Julien Henx nicht einfach. Die Folgen einer Corona-Infektion und einer Lungenembolie machten dem Schwimmer lange zu schaffen und er musste hart kämpfen, um zurückzukommen. Mittlerweile zeigt die Formkurve des 27-Jährigen aber wieder deutlich nach oben und Henx hat sich für die kommenden Monate große Ziele gesetzt. Vor dem Euro Meet am Wochenende in der Coque gibt er im Gespräch mit dem Tageblatt einen Einblick in seine Zukunftspläne und verrät, wie er sich für die Olympischen Spiele 2024 in Paris qualifizieren will.
Tageblatt: Julien Henx, seit einigen Monaten haben Sie Ihre Haare rosa gefärbt. Was hat es mit der neuen Frisur auf sich?
Julien Henx: Ich habe mir die Haare im September für ein Konzert von Machine Gun Kelly rosa gefärbt. Er trägt die gleiche Frisur und ich war auf drei aufeinanderfolgenden Konzerten von ihm – in Köln, Frankfurt und London. Die Frisur hat mir gefallen und ist pflegeleicht, deswegen habe ich sie so gelassen. Die Haare werden vorerst so bleiben, bis sie mich irgendwann selbst nerven.
Schwimmt man damit schneller?
Bis jetzt hatte ich mit dieser Frisur nur gute Leistungen. (lacht)
Ihre Fingernägel sind auch gefärbt. Ein weiterer Glücksbringer?
Die Fingernägel habe ich schon länger gefärbt. Damit habe ich schon im Juni angefangen. Meine Managerin hat einen vierjährigen Sohn und in seiner Schule hatte jeder die Nägel gefärbt. Als die Farbe dann nachließ, habe ich ihn gefragt, ob er sie neu macht. Er meinte, nur wenn ich mitmachen würde … So kam es dazu. Ich fand es cool und es wurde immer mehr.
Auf sportlicher Ebene zeigt Ihre Formkurve seit einigen Monaten nach oben. Davor hatten Sie lange mit den Folgen einer Corona-Infektion zu kämpfen. Sind Sie mittlerweile wieder auf dem Level angekommen, auf dem Sie vorher waren?
Ich hatte 2021 im März eine Lungenembolie und musste sechs Wochen lang komplett pausieren, ehe ich wieder langsam mit dem Training anfangen konnte. Es hat wirklich sehr lange gedauert, bis ich überhaupt im Training wieder irgendwelche positiven Gefühle hatte. Ich habe in dieser Zeit extrem viel gekämpft, Atemübungen gemacht und einfach nur gehofft, dass wieder alles gut wird. Etwas mehr als ein Jahr später bin ich dann wieder einen Landesrekord geschwommen. Danach ging es bergauf. Letzte Woche habe ich bei meinem Pneumologen verschiedene Tests gemacht und meine Ergebnisse waren noch nie so gut. Ich bin mittlerweile über den Werten, die ich vor drei, vier Jahren hatte. Das ist extrem positiv, denn der Arzt hat mir gesagt, dass viele Menschen eigentlich nicht mehr zu 100 Prozent zurückkommen oder nur sehr langsam.
Das heißt, Ihre Form ist jetzt besser denn je?
Meine bisher beste Form überhaupt hatte ich im Dezember in Melbourne (bei der Kurzbahn-WM; Anm. d. Red.). Ich blieb dann eine Woche länger dort, in der ich nicht geschwommen bin. Als ich dann zurück nach Hause kam, musste ich aufgrund einer Grippe eine weitere Woche pausieren. Das war natürlich Pech. Ich habe mich danach im Training aber sofort wieder gut gefühlt. Jetzt steht mit dem Euro Meet mein erstes Rennen der Saison im großen Becken an. Mein letzter Wettbewerb im 50-Meter-Becken liegt bereits fünf Monate zurück, insofern bin ich ganz gespannt, wie es laufen wird.
Was haben Sie sich für das Euro Meet vorgenommen?
Ich habe mir die Startliste angeschaut. Ich liege relativ weit vorne, habe aber noch ein paar extrem bekannte Namen vor mir. Das motiviert mich umso mehr, denn mit starker Konkurrenz schwimme ich selbst meistens auch schneller. Ich brauche diesen Druck. Ich glaube, dass ich jetzt am Anfang der Saison schon extrem schnell sein kann. Das erste Ziel ist das A-Finale und im besten Fall will ich eine Medaille gewinnen. Aber es geht für mich vor allem darum, zu sehen, wo ich stehe.
Die Olympische Spiele sind mein Ziel, seit ich 2012 in London als 17-jähriger Zuschauer dabei warüber seinen Olympia-Traum
Welchen Stellenwert hat dieses internationale Meeting vor heimischem Publikum eigentlich für Sie persönlich?
Das erste Mal, als ich am Euro Meet teilnahm, war 2008 oder 2009. Ich erinnere mich noch genau daran, sogar welche Musik im Hintergrund lief. Ich war sehr aufgeregt. Das Euro Meet ist das größte Rennen in Luxemburg. Es kommen viele Stars aus der ganzen Schwimmwelt und das Event ist groß aufgezogen. Meine Familie und Freunde, meine Sponsoren und die Armee werden da sein, was sonst im Jahr eigentlich nicht möglich ist – außer bei den nationalen Meisterschaften, aber das hier ist viel größer. Auch für die Zuschauer ist es extrem cool, die großen Namen so nah zu erleben. Sie stehen nach dem Rennen einfach vor dem Schwimmbad und man kann sie ansprechen.
Sind Sie für den Wettbewerb zu Hause zusätzlich motiviert?
Ja klar. Es sind immer tolle Momente, zu Hause gegen die Großen zu schwimmen. Ich erinnere mich an 2020, als ich über 50 Meter Schmetterling Vierter wurde – auf der Bahn neben Olympiasieger Florent Manaudou. Ich kenne ihn zwar auch privat, aber hier gibt man sich im Wasser die Hand. Auf einer WM passiert so was nicht. Da schwimmt er in einem anderen Vorlauf in einem anderen Kader. Solche Situationen sind hier wirklich cool.
Haben Sie sich im Training spezifisch auf das Euro Meet vorbereitet?
Im Trainingspensum sind wir in der Woche etwas runtergegangen, um so das Beste rauszuholen. Das nimmt einem nicht die Form weg, gibt aber einen kleinen Schub, um eine anständige Zeit zu stimmen. Mein Trainer kann dies relativ gut einschätzen, wir kennen uns seit acht Jahren und er weiß genau, wie ich reagiere.
Mit Ihrem Trainer Arslane Dris haben Sie zuvor schon in Frankreich zusammengearbeitet. Was ändert es für Sie, dass er jetzt Nationaltrainer ist?
Ich bin natürlich sehr glücklich, dass er hier ist. Es fehlt etwas an Personal und er hat hier noch andere Gruppen. Als ich in Bordeaux war, war ich sein Hauptmann. Wenn ich zu einem Lehrgang oder zu einem Rennen reisen musste, wurde er vom Klub freigestellt, um mich zu begleiten. Jetzt ist das etwas schwieriger. Das ist aber normal, ich bin nicht sein einziger Schwimmer. Die Freiheiten liegen nicht bei hundert Prozent, aber ich bin froh, dass er hier ist und dass ich mit ihm trainieren kann und auch der Nachwuchs profitiert extrem von ihm. Und wenn wir alle von ihm profitieren können, ist das ein guter Kompromiss.
Was haben Sie sich für die restliche Saison als Ziel gesetzt?
Die beiden großen Ziele dieses Jahr sind die Spiele der kleinen europäischen Staaten Ende Mai und die WM in Japan Ende Juli (über 50 Meter Schmetterling hat Henx die B-Norm bereits erreicht; Anm. d. Red.). Dort will ich mich der Olympianorm annähern. Dafür ist der Aufbau wichtig. Für einen Sprinter ist es wichtig, viele Rennen zu schwimmen, um kleine Fehler zu beheben. Im Training kann ich nämlich nicht die gleiche Schnelligkeit reproduzieren wie in einem Rennen. Ich muss den Druck spüren. Am Ende werden es Hundertstel sein, die entscheiden, ob ich mich qualifiziere oder nicht, ob ich ein Halbfinale oder ein Finale erreiche oder ob ich einen Rekord schwimme. Deswegen sind Rennen wie das Euro Meet sehr wichtig auf dem Weg zu meinen Zielen.
Ist die Qualifikation für die Olympischen Spiele in den kommenden Monaten das übergeordnete Ziel?
Die Olympische Spiele sind mein Ziel, seit ich 2012 in London als 17-jähriger Zuschauer dabei war. Das sind jetzt elf Jahre her und ich kämpfe jeden Tag, um dieses Ziel zu erreichen.
Wie schätzen Sie Ihre Qualifikationschancen für Paris 2024 ein?
Die Qualifikationsperiode beginnt am 1. März. Mein Ziel ist es, eine A-Norm zu schwimmen, um sicher dabei zu sein. Die Norm liegt bei 21,96 Sekunden (über 50 m Freistil – Henx’ Paradestrecke 50 m Schmetterling ist nicht im olympischen Programm; Anm. d. Red.). Meine Bestzeit liegt aktuell bei 22,69. Diese bin ich 2020 beim Euro Meet geschwommen. Seitdem hatte ich aber nie die Möglichkeit, noch einmal gesund und gut vorbereitet in einem großen Becken diese Zeit anzugreifen. Natürlich muss ein großer Sprung gemacht werden. Dessen bin ich mir bewusst. Im kleinen Becken bin ich aber schon eine 21,57 geschwommen (im Dezember 2022 in Melbourne; Anm. d. Red.), sodass ich denke, dass ich im großen Becken nah dran bin. Ich bin positiv gestimmt und fühle mich auch in der Lage, das zu schaffen.
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