Architekturexpo im Luca / Jean-Christophe Quinton: (Raum-) Vorstellungen eines Architekten
Die Architekturstiftung Luca zeigt derzeit mit „L’altérité des pièces et la promesse des formes“ von Jean-Christophe Quinton eine Schau, die den Besucher:innen Einblicke in die Arbeitsweise des Pariser Architekten gibt.
„Ich präsentiere eine Art zu entwerfen, in der Welt zu sein und einen Impuls zu teilen“, erklärt Jean-Christophe Quinton strahlend anlässlich der Presseführung seiner Ausstellung „L’altérité des pièces et la promesse des formes“ im Luxembourg Center for Architecture (Luca). Wenn er von seinem Metier spricht, sprüht er vor Enthusiasmus. Rasch wird klar, dass der renommierte Architekt und Direktor der „École nationale supérieure d’architecture de Versailles“, dessen Ausstellung bis vor Kurzem noch in der „Galerie d’architecture de Paris“ zu sehen war, eine Gabe hat, die Leidenschaft für seinen Beruf didaktisch zu vermitteln.
Die monografische Werkschau, eine Zusammenarbeit mit dem „Institut français du Luxembourg“ und der „Association Victor Hugo“ anlässlich des 70-jährigen Jubiläums des Kulturabkommens zwischen Frankreich und Luxemburg, gewährt den Besucher:innen Einblicke in Quintons rund 20-jährige Berufspraxis als Architekt, ausgehend von seiner Vorstellung des Raumes.
Aus Zeichnungen entstehen Pläne
Anfangs definiert Quinton sein Selbstverständnis des Architektenberufs: Ausgehend von den jeweiligen städtischen Strukturen, den Räumen und der Bausubstanz, entwirft er behutsam und akribisch, und dies zunächst in Skizzen in seinen Notizbüchern, die kleinen Kunstwerken gleichen und die die Besucher:innen beim Durchstreifen der Schau (sie liegen dort aufgeklappt auf Tapeziertischen aus) durchblättern können.
Die Ausstellung, die von Quinton selbst konzipiert wurde, stützt sich auf mehrere Säulen: Er proklamiert die Kultur der Architektur, ihre Geschichte, Ästhetik, ihre Methoden, die er als Kultur der Andersartigkeit, der Transversalität, der Fähigkeit, mit verschiedenen Maßstäben zu arbeiten, definiert; schließlich die Kultur des Handelns desjenigen, der – Walter Benjamins Flaneur gleich – durch die Städte geht, schaut, analysiert und letztendlich seine Entwürfe präsentiert.
Ein Blick auf die Webseite seines Architekturbüros in Paris offenbart eine Reihe von Projekten. So nahm Quinton 2014 an der Ausschreibung für den Bau des Guggenheim-Museums in Helsinki teil, 2014 entwarf er gemeinsam mit Karsten Ruf die Sankt-Hedwigs-Kathedrale Berlin (Baudenkmal Unter den Linden), 2019 nahm er an einer Ausschreibung für das „Village olympique“ in Paris teil. Daneben realisierte er Projekte im sozialen Wohnungsbau im Großraum Paris, die zeigen, dass dieser nicht per se trostlos und funktional sein muss, sondern durchaus gestalterisch ansprechend umgesetzt werden kann, wobei die kleineren Konzeptionen hier überzeugender wirken. Das Wohnhaus auf einem Anwesen in Calcatoggio (Südkorsika) wirkt wie ein aufgeklappter Kubus und fügt sich mit seinen Steinen perfekt in die raue Landschaft ein.
Auf einige der Holz-Maquetten dieser Projekte blicken die Besucher:innen beim Gang durchs Luca wie auf einen kleinen Spielpark. Anhand von Plänen, (Holz-)Modellen, Zeichnungen, Skizzen teilt Quinton in seiner Schau seine Entwürfe und Ideen mit den Besucher:innen. „Vor 20 Jahren entschied ich mich dafür, die Architektur zu erforschen, indem ich die der Architektur eigenen Ressourcen nutzte.“ Seitdem entwickele er die Kultur des Raumes. Denn: „Ein Raum ist wie ein geselliges Wesen, das die Beziehung zu anderen, die Andersartigkeit braucht.“
Jeder Plan sei das Ergebnis einer Gesamtheit von Elementen, mit denen der Architekt umgehen muss, Qualitäten und Fehler, Zwänge und Begrenzungen (insbesondere finanzielle), aber auch Freiheiten, sichtbare und unsichtbare Elemente, die jedoch stets den Raum zum Ausgangspunkt haben. Für Quinton entsteht das Projekt aus dieser Annäherung zwischen dem Raum, einer irreduziblen Entität, und dem Willen, eine optimale Verbindung zu den räumlichen Gegebenheiten sicherzustellen. Aus seinen Zeichnungen, den Raumstudien, entstehen die Pläne, kristallisiert sich sukzessive ein architektonischer Charakter heraus.
„Das Zusammentreffen von Grundriss und Schnitt ermöglicht es, eine räumliche Emotion zu erzeugen. Es ist ein unmittelbarer Bezug, sich mit der Architektur in Verbindung zu setzen“, erläutert er. Der Grundriss sei schließlich das Ergebnis einer Strategie, die nach qualitativen Beziehungen zwischen den Räumen sucht, dem Wunsch, eine Qualität in ihrer Verbindung zu gewährleisten. Unter den Ausdrucksformen seiner Ideen steht die Zeichnung im Mittelpunkt seines Vorgehens. Er zeichnet gerne vor Ort, was ihm hilft, „in der Welt zu sein“. Er nennt es Zeichnen, um klarer zu sehen – ein Akt, der es ihm ermöglicht, die verschiedenen Formen, die sich ihm präsentieren, zu verstehen.
Dies schlägt sich in einer Serie großformatiger Zeichnungen städtischer Räume nieder, die Quinton aus dem Leben gegriffen hat. In der Schau werden einige davon gezeigt. Und es gäbe die Zeichnung, um andere zum Sehen zu bringen, um für andere da zu sein. So ist vor Kurzem das Kinderbuch „Orson Voyage“ (Jean-Christophe Quinton, André-Louis Quinton und Florent Schwartz) entstanden, aus dem einige Auszüge, fantasievolle Skizzen, auf Tafeln in der Schau zu sehen sind. Die kleine monografische Werkschau im Luca macht es so möglich, in die Welt der architektonischen Formen einzutauchen und gewährt Einblicke in das Raumverständnis eines Architekten und seine Art, die Welt zu begreifen und zu entwerfen.
Mehr zur Ausstellung
Jean-Christophe Quintons’ „L’altérité des pièces et la promesse des formes“ ist noch bis zum 21. September im Luxembourg Center for Architecture (Luca) zu sehen. Am 24. August und 12. September finden auf Einschreibung hin Führungen (FR/EN/LUX) durch die Ausstellung statt. Am 20. September findet um 18.30 Uhr eine Konferenz mit Jean-Christophe Quinton statt. Weitere Informationen unter luca.lu.
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