Kopf des Tages / Josiane Weber, Historikerin aus Leidenschaft
Josiane Weber ist seit mittlerweile einem Jahr im Ruhestand. Ihre Leidenschaft zur Wissenschaft hat die ehemalige Gymnasiallehrerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Luxemburger Literaturarchiv (CNL) jedoch nicht verloren. Im Gegenteil: Die Zeit nutzte sie für eine 600-seitige Biografie über die ehemalige Großherzogin Marie-Adelheid.
Geboren 1957 in Differdingen, wächst Josiane Weber im benachbarten Beles auf und geht dort zur Grundschule. Später besucht sie das Lycée Hubert Clément in Esch. Ein echter „Minettsdapp“, möchte man meinen. Ursprünglich wollte Josiane Weber Krankenschwester werden. Das Studium brach sie allerdings nach einem halben Jahr wieder ab. „Es war einfach nicht das, was ich machen wollte“, erzählt die Historikerin. Es folgten drei Jahre „op der Bunn“, ehe sie sich für ein Studium in Germanistik und Geschichte in Trier entschied.
Nach erfolgreichem Abschluss wird Josiane Weber Gymnasiallehrerin und lehrt fortan Geschichte und Deutsch. Welches Fach bevorzugt unterrichtet wird? „Deutsch. Mit einer Sprache hat man mehr Zugang zu den Kindern“, verrät sie. Die Privilegien und Freiheiten als Gymnasiallehrer wusste Josiane Weber von Anfang an zu schätzen: „Ich arbeite nicht gerne im Büro zu den üblichen Dienstzeiten, wenn draußen Sonnenschein ist. Dann arbeite ich lieber sonntags etwas mehr.“
Josiane Weber empfängt uns mit einem Lächeln und führt uns in ihr Wohnzimmer. Der mit hellen Möbeln ausgestattete Raum wird geprägt von einem großen Wandschrank aus dunklem Holz – natürlich vollgestellt mit Büchern. Einige Fotos haben auch noch ihren Platz gefunden. Eine frühe Ausgabe von Till Eulenspiegel scheint hinter einem der Fotos zu stehen. Es wird deutlich: Bücher haben ihren festen Platz im Haushalt von Josiane Weber. Kein Wunder, ihr Mann heißt Gast Mannes, luxemburgischer Literaturwissenschaftler und ehemaliger Hofbibliothekar der großherzoglichen Familie.
Kinder haben Josiane Weber und Gast Mannes keine. „Ich habe jedoch zwei Stiefsöhne, von denen einer auch Vater wurde. Ich bin also Stiefgroßmutter wenn man so will“, erklärt die pensionierte Lehrerin mit einem Lachen.
Ab 2007 nimmt die Karriere von Josiane Weber eine erneute Wendung. Sie wird wissenschaftliche Mitarbeiterin am Luxemburger Nationalarchiv und teilt ihre Arbeitszeit zwischen dem Archiv und dem Gymnasium auf. Auch heute verschlägt es sie noch auf freiwilliger Basis des Öfteren ins CNL. Sechs Jahre später sucht sich die passionierte Historikerin eine neue Herausforderung: Sie will promovieren. Am bekannten Umfeld der Universität Trier begibt sie sich in die Obhut von Dr. Lutz Raphael und Dr. Andreas Gestrich und promoviert 2013 mit ihrer Arbeit zum Thema „Familien der Oberschicht in Luxemburg (1850-1900): Elitenbildung und Lebenswelten.“
Auch nach ihrer Promotion ist der Drang zum wissenschaftlichen Recherchieren und Schreiben nicht verflogen, wie die neuste Biografie „Großherzogin Marie-Adelheid von Luxemburg. Eine politische Biografie (1912-1919)“ zeigt. Auf über 600 Seiten hat Josiane Weber das politische Leben der Großherzogin Marie-Adelheid porträtiert und mit so einigen Mythen aufgeräumt. Des Weiteren hat die Autorin im Laufe ihrer Karriere zahlreiche Abhandlungen zur Geschichte des Vormärz, zur Rezeption der deutschen Literatur und dem Deutschunterricht in Luxemburg, zur Frauengeschichte und zur luxemburgischen Literaturgeschichte geschrieben.
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Das Buch über Marie Adelheit ist ein monumentales Werk mit äußerst viel Recherchen. Bestimmt traut sich nach ihr kein Historiker mehr an dieses traurige Kapitel unserer Geschichte heran, denn er würde nichts neues vorfinden. Dass ihr der Zugang zu den Archiven des Hofes verweigert wurde, würde später auch nichts Neues an den Tag bringen, denn das Vermutete hat sich durch Fakten bestens bestätigt.