Auschwitz-Befreiung vor 75 Jahren / Josy Schlang ist durch die Hölle gegangen
Nicht nur die auf ihrem Unterarm eintätowierte Nummer hat die wenigen Überlebenden des Konzentrationslagers Auschwitz gezeichnet. Auch das dort Erlittene hat sie ein Leben lang gekennzeichnet. Viele fühlten sich den Toten schuldig, über die Greuel zu berichten, die ihnen widerfahren waren. Andere vergruben das Leid tief in sich hinein. Vor der Gedenkzeremonie zum 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz möchte das Tageblatt an zwei Luxemburger Überlebende erinnern: an den Escher Josy Schlang, der im Resistenzmuseum tätig war und dort viel Aufklärungsarbeit leistete, und an Jeanne Salomon, deren Sohn Henri Juda heute dafür sorgt, dass ihr Schicksal nicht in Vergessenheit gerät. Stellvertretend für alle Opfer: Josy Schlang.
„Ein gebrochenes Leben”, schreibt Emile Haag in „Le Luxembourg au fil des siècles“ über den Auschwitz-Überlebenden Josy Schlang. Dieser hat die Hölle überlebt und die Erinnerung daran zeitlebens wie eine Bürde mit sich herumgetragen. Er hat sie aber nie verschweigen wollen. Nach seiner aktiven Zeit in Arbed-Belval hat er sich der Erinnerungsarbeit verschrieben. Dass er bei seinen Erzählungen seine Gefühle nicht immer im Griff hatte, ging seinen Zuhörern unter die Haut.
Der junge Escher war gerade mal 17 Jahre alt, als er am 16. Oktober 1941, zusammen mit seinen Eltern und seiner ein Jahr älteren Schwester Sofie, am hauptstädtischen Bahnhof in den ersten Zug steigen musste, der 323 Männer und Frauen in primitiven Viehwagen ins polnische Lodz brachte. „Ich war ein Stänkerer, ich habe nicht immer den Mund gehalten und wurde wohl verraten”, hat er in einem Interview über seine Festnahme gesagt.
Auf der Suche nach einem besseren Leben
Die Familie Schlang war typisch für die jüdische Bevölkerung in Luxemburg vor dem Zweiten Weltkrieg. Sie war in den frühen 20er Jahren auf der Suche nach einem besseren Leben aus Polen in unser Land gekommen. Ironie des Schicksals, Josy Schlangs Mutter Anne Grunberg stammte aus Auschwitz.
Josy kam am 5. Juni 1924 in Rodange zur Welt. Kurz danach zog die Familie nach Esch in eine Arbeitersiedlung. Sie war gut integriert, wähnte sich in Sicherheit, sodass sie zurückkam, nachdem die gesamte Einwohnerschaft des Südens beim Einmarsch der deutschen Truppen am 10. Mai 1940 nach Frankreich evakuiert wurde. Ein Fehler, wie sich herausstellte, als der Vater seinen Posten als Vorarbeiter bei der Arbed und der Sohn seine Lehrstelle beim Friseur verloren und beide stattdessen in Nennig in einem Steinbruch arbeiten mussten.
Seine erklärte Deutschfeindlichkeit brachte Josy Schlang am 15. August 1941 in die Villa Pauly, wo er von der Gestapo schwer misshandelt und ins Gefängnis im Stadtgrund verfrachtet wurde. Von dort aus wurde er direkt zum Sondertransport Nr Da 3 der Deutschen Reichsbahn „Luxemburg-Litzmannstadt“ gebracht, in dem auch seine Eltern waren. Nach drei qualvollen Tagen kamen sie in Lodz an und in einer Schule unter.
Doch schon nach zwei Tagen wurde die Familie auseinandergerissen. Josy kam in das Arbeitslager Zabikowo in der Nähe von Posen, wo er 12 Stunden am Tag Torf stechen musste. Ergreifend ist ein Brief, den er an seinem 18. Geburtstag an das jüdische Konsistorium in Luxemburg schrieb und in dem er dieses bat, ihn nicht im Stich zu lassen.
Nummer 141556
Ein Jahr später kam er nach Auschwitz, wo ihm die Nummer 141556 auf den Unterarm tätowiert wurde. Überlebt hat er dort die erste Aussonderung, weil ein Kapo namens Martin Schmitz ihm half, aus seiner Berufsbezeichnung Friseur einen Fräser zu machen, die gebraucht wurden, als in Auschwitz Flugabwehrkanonen hergestellt wurden. Gleichzeitig erfuhr der junge Mann von einem Mitgefangenen, dass seine Familie 1942 im Lager Majdanek vergast worden war.
In Auschwitz musste Schlang später die Arbeit machen, die wohl eine der härtesten im Todeslager war: Er war im „Kommando Canada“, das die Habseligkeiten aussonderte, die den zum Tod geweihten Männern und Frauen vor ihrer Vergasung abgenommen wurden.
Wider das Vergessen
Die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 war noch nicht das Ende aller Qualen. Josy Schlang war einer der 58.000 Häftlinge, die beim Herannahen der russischen Truppen am 18. Januar auf den Todesmarsch gezwungen wurden. Zwei Tage und zwei Nächte lang wanderten die ausgemergelten Häftlinge bis zu einem Bahnhof, von dem aus sie mit Viehwaggons nach Mauthausen gebracht wurden, das erst am 5. Mai 1945 befreit wurde. Zu Fuß, per Fahrrad und mit der Bahn schlug sich Josy Schlang im Juli 1945 nach Luxemburg zurück. Er wog noch 39 Kilogramm.
Er hat versucht, wieder ein normales Leben zu führen, heuerte bei der Arbed-Belval an, wo er bis zu seiner Pensionierung tätig war, heiratete. Erst 1955, zehn Jahre nach seiner Rückkehr, bekam er die luxemburgische Staatsangehörigkeit.
Lange Jahre war er ehrenamtlich im Resistenzmuseum tätig, wo er dafür sorgte, dass das Schicksal seiner Mitgefangenen nicht vergessen wurde. Josy Schlang ist am 24. November 2013 gestorben. Er war der letzte Auschwitz-Überlebende in Luxemburg.
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da ich bis zu meiner Pensionierung auf der Escher Gemeinde tätig
war hatte ich die Ehre Herrn Josy Schlang persönlich kennen zu
lernen er war ein ehrlicher ohne von Hassgedanken auf die Deutschen geprägter Mann und auf meine Frage hin wieso er das was ihm widerfahren war verkraftet meinte er seelenruhig dass das
Schicksal ihn wohl ausgesucht habe um über das erlittene Leid an ihm und seinen Mitgefangenen sowie seinen Eltern und seiner Schwester solange er lebe in Erinnerung zu bewahren
“Ech hunn et iwwerlieft”
De Josy Schlang erzielt vu senge Leiden am KZ, vun de sadisteschen a mënscheveruechtende Verbrieche vun den Nazien
https://youtu.be/ZvSc5kzKmVw