Chamber / „Ju-Cha“-Gesetz steht: Nutzung der Justiz-Datenbank wird strenger geregelt
Eine vor vier Jahren begonnene Diskussion um die Datenbanken der Sicherheits- und Justizorgane hat am Mittwoch im Parlament einen vorläufigen Abschluss gefunden. Das Parlament stimmte dem Gesetz zur Regelung der Anwendung „Ju-Cha“ („Justice chaîne pénale“) zu.
Die zentrale Datenbank „Ju-Cha“ sammelt u.a. alle eine Straftat betreffenden Elemente, die von den unterschiedlichen Dienststellen der Justiz stammen – von der Feststellung einer möglichen Straftat und den Ermittlungsarbeiten über die Verurteilung bis hin zur Ausführung des Urteils. Das neue Gesetz regelt, zu welchen Zwecken Daten gesammelt werden und wer, wann und zu welchen Zwecken Zugang hat.
Die Affäre war 2019 durch den Fall einer Person losgetreten worden, die sich um einen Posten als Bibliothekar bei der Justizverwaltung bemüht hatte. Seine Kandidatur wurde jedoch zurückgewiesen, weil er sich als ehemaliger Student einer Geschwindigkeitsübertretung in Straßburg schuldig gemacht hatte. Dabei war sein Strafregister in Luxemburg jedoch rein. Schnell war damals die Rede von einer geheimen Datenbank. Auch stand die allgemeine Frage im Raum, wer denn Zugang zu den Datenbanken der Justiz habe. Wie sich im Laufe der Diskussionen ergab, entsprachen deren Existenz und der Zugang zu ihnen längst nicht mehr den legalen Anforderungen. Die zu Beginn recht zögerliche Haltung der Regierung, auf Fragen von Abgeordneten einzugehen, hatte sogar zu einer Saalflucht der gesamten Opposition anlässlich einer öffentlichen Sitzung geführt. Für Aufregung sorgte jedoch auch das Schreiben von Justizstellen an den Kammerpräsidenten, in dem diese sich über das Vorgehen einzelner Abgeordneten empörten. Insbesondere die CSV-Abgeordneten Laurent Mosar und Gilles Roth hatten Dutzende parlamentarische Anfragen bezüglich der Datenbanken eingereicht.
2018 war die EU-Datenschutz-Grundverordnung (RGPD) in Luxemburg in Kraft getreten. Was in der Privatwirtschaft realisiert wurde, sei beim Staat damals nicht immer der Fall gewesen, umschrieb Berichterstatter Charles Margue („déi gréng“) den Umstand, dass der Staat in Sachen Schutz persönlicher Daten der Bürger nicht gerade gesetzeskonform war. Mit dem „Ju-Cha-Gesetz“ bekomme die Behandlung von personenbezogenen Daten, die die Justiz hat, nun einen legalen Rahmen, so Margue. Laut RGPD dürfen Daten nur dann gesammelt werden, wenn die Zielsetzung klar definiert ist, was jetzt auch bei den „Ju-Cha“-Datenbanken der Fall sein wird. Des Weiteren kann zu jedem Zeitpunkt festgestellt werden, wer, wann und wozu Einblick in eines der Module hatte. Die entsprechende Logdatei bleibt fünf Jahre lang gespeichert – eine Frist, die in bestimmten Fällen verlängert werden kann. Zugang zur Anwendung erteilt die Generalstaatsanwaltschaft.
Nachbesserungen möglich
„Ju-Cha“ zählt u.a. Datenbanken zu Straftaten, Jugendstraftaten, zu internationaler Rechtshilfe, zur Vollstreckung der Strafen und das Strafregister. Sanktionen bei Missbrauch sieht das Gesetz nicht explizit vor. Das werde in anderen Gesetzestexten präzisiert, so Justizministerin Sam Tanson („déi gréng“), genauso wie der Zugang der Bürger zu den über sie gesammelten Daten dort geregelt sei.
Das Gesetz stattet die Justiz mit den notwendigen Mitteln aus, um effizient zu arbeiten. Zugleich schützt es den Bürger vor dem Zugriff Unbefugter auf seine personenbezogenen Daten, so die übereinstimmende Meinung im Plenum am Mittwoch. Das Gesetz sei wohl nicht perfekt, doch das Positive überwiege, so CSV-Sprecher Gilles Roth. Es dürfte sich jedoch nicht um die abschließende Version handeln, sei doch unklar, ob es vor Gericht Bestand habe und verfassungskonform sei. Nachbesserungen seien eventuell notwendig.
Fernand Kartheiser (ADR) warnte vor einer allzu großen Transparenz des Staates. Dieser müsste im Sicherheitsbereich seine Aufgaben im Dienste des Bürgers ausüben können. Kritik gebe es aus Justizkreisen, würde das Gesetz ihre Arbeit doch erschweren, wenn jede Einsicht in „Ju-Cha“ begründet werden müsste, so Kartheiser, dessen Partei sich bei der Abstimmung enthielt. Marc Goergen (Piratenpartei) warnte vor dem möglichen Zugang externer Firmen, die die Anwendung entwickeln und pflegen, auf personenbezogene Daten. Ob man diese Arbeiten nicht in staatlicher Hand ausführen könne, fragte er. Die Fünf-Jahre-Frist bei der Speicherung der Logdateien schien ihm zu kurz. Jeder Bürger sollte das Recht haben, auch darüber hinaus zu wissen, wer sich wann und warum seine Daten angesehen hat.
Das „Ju-Cha-Gesetz“ wurde mit 54 Stimmen gebilligt. Im gleichen Atemzug wurde der Zugang zu diesen Datenbanken zur Feststellung der Ehrbarkeit („honorabilité“) einer Person strenger geregelt. Derlei Leumund-Bescheinigung ist u.a. beim Kauf einer Waffe notwendig.
Ein für Donnerstagnachmittag zur Sprache stehendes Gesetzesprojekt soll auch den Zugriff auf die Polizeidatenbank strenger regeln.
Bespucken von Polizeibeamten wird bestraft
Während der Covid-19-Pandemie war es bei Kundgebungen von Impfgegnern stellenweise zu Ausschreitungen gekommen. Polizeibeamte wurden angepöbelt und bespuckt, Journalisten in ihrer Arbeit behindert. In einem Fall hatte ein Abgeordneter die Privatangaben eines Tageblatt-Journalisten im Internet veröffentlicht. Das Parlament beschloss am Mittwoch eine Verschärfung des Strafmaßes bei Rebellion, Beamtenbeleidigung und Angriffen auf Journalisten. Bei Rebellion ohne Waffe droht eine zweijährige Haft, mit Waffe sind es drei Jahre. Bei Gruppenrebellion winken ebenfalls drei Jahre Haft. Unter Strafe gestellt wird u.a. das Bespucken von Polizeibeamten, das Bewerfen der Beamten mit Steinen und anderen Gegenständen sowie das Veröffentlichen von personenbezogenen Daten („doxing“) in der Absicht, dem Betroffenen und den Familienangehörigen zu schaden oder deren Besitz zu beschädigen. Bei Letzterem drohen bis zu sechs Monate Haft und eine Geldstrafe von bis zu 10.000 Euro.
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