TeamGym / Jung, dynamisch und eine Heim-EM im Blick
Sie ist jung, dynamisch und beginnt langsam, aber sicher in Luxemburg Fuß zu fassen: die Turndisziplin TeamGym. Auch wenn die Sportart im Großherzogtum noch in den Kinderschuhen steckt, so sind alle Augen bereits jetzt auf 2022 gerichtet.
Es ist ein Ereignis, wie man es nicht alle Tage in Luxemburg organisiert. Zwischen dem 14. und 17. September 2022 wird der nationale Turnverband FLGym eine Europameisterschaft in Luxemburg ausrichten, zu der nicht weniger als 1.000 Aktive erwartet werden. Es sind die kontinentalen Meisterschaften in der jüngsten Wettkampf-Disziplin, die vom europäischen Verband „Europeangymnastics“ organisiert wird. Doch was ist eigentlich TeamGym? Wie sieht es mit dieser Turndisziplin in Luxemburg aus? Und was erhofft sich die FLGym für 2022? Das Tageblatt hat dem noch jungen Nationalkader bei einem Lehrgang in Hosingen einen Besuch abgestattet.
Ursprung:
TeamGym hat seinen Ursprung in Skandinavien, wo es überaus populär ist. Bis heute sind die nordeuropäischen Länder die stärksten Nationen in dieser Turndisziplin. Seit 1996 gibt es kontinentale Wettbewerbe – der erste fand in Finnland statt –, die zuerst auf Vereinsebene ausgetragen und „EuroTeam“ genannt wurden. 2005 folgte die offizielle Anerkennung vom europäischen Verband. Die ersten offiziellen Europameisterschaften – bei denen ausschließlich Nationalmannschaften teilnahmen – wurden 2010 in Schweden organisiert und finden seither im Zwei-Jahres-Rhythmus statt – die Goldmedaillengewinner kamen seitdem ausschließlich aus Dänemark, Norwegen, Schweden und Island. Doch die junge Sportart, die bisher nur in Europa auf Wettkampfniveau ausgetragen wurde, ist dabei, international immer weiter Fuß zu fassen. In Europa wird TeamGym inzwischen von 18 der 50 Mitglieder des europäischen Dachverbandes praktiziert. Und auch in den USA, Neuseeland, Australien und Südafrika wurde das Interesse geweckt. Bei der EM im Dezember in Portugal – die EM 2020 wurde aufgrund der Corona-Pandemie um ein Jahr verschoben, wobei der eigentliche Gastgeber Dänemark die Austragung abgegeben hat – sollen, falls es das Infektionsgeschehen erlaubt, auch nicht-europäische Nationen als Gäste teilnehmen dürfen. Das Gleiche dürfte dann auch auf die EM im kommenden Jahr in der hauptstädtischen Coque zutreffen. Ein Beobachter des Weltverbandes FIG war bereits bei der EM 2018 anwesend.
TeamGym in Luxemburg
Im Großherzogtum steckt die Disziplin noch in ihren Kinderschuhen, doch mit dem Zuschlag für die Austragung der EM 2022 erhofft sich die FLGym auch einen Popularitätsschub, wie Generalsekretär Silvio Sagramola, der sich hierzulande der Förderung des TeamGym angenommen hat, betont. Im November 2018 gab es eine erste Vorführung des europäischen Verbandes in der Coque, dessen Technische Kommission verschiedene Nationen besuchte, um die junge Wettkampfdisziplin vorzustellen. Seit 2019 trainiert ein Nationalkader – bei den Seniors und bei den Junioren – sonntags in Hosingen. Dass die im Vergleich mit anderen Sportarten noch sehr kleine Disziplin im Norden des Landes einen Platz gefunden hat, wo man regelmäßig trainieren kann, darüber freut sich auch Sagramola: „Alle Klubs, die hier trainieren, waren damit einverstanden, dass wir auch das gesamte Material stehen lassen können, das ist für uns natürlich eine gute Vereinbarung.“ Unter der Woche gibt es zudem eine Trainingseinheit in der Jumpbox, dem Trampolinpark in Contern. Drei Vereine – Bettemburg, Steinfort und der Nordstad-Turnveräin – stellen bisher Turnerinnen und Turner für den Nationalkader. Einen ersten internationalen Wettbewerb bestritten die luxemburgischen Nationalkader im Oktober 2019, als sie mit über 30 Sportlern bei einem Wettkampf in Italien antraten.
Drei Disziplinen:
TeamGym unterscheidet sich wesentlich vom traditionellen Geräteturnen. Während Letzeres eine klassische Einzelsportart ist, zählt beim TeamGym, wie es der Name schon verrät, das Team. Dabei kommt es nicht auf die Einzelleistung der Mitglieder an, sondern vielmehr auf die Mannschaftspräsentation. Ein Team setzt sich aus acht bis zehn Sportlern zusammen. Dabei gilt es, gemeinsam drei Geräte zu bewältigen, im Geräteturnen gibt es bei den Damen bekanntlich vier, bei den Herren sechs Geräte.
Boden: Bei der Übung am Boden werden Elemente aus Tanz und Akrobatik mit denen aus dem Turnen kombiniert. Dabei werden die Bewegungen von Musik unterstrichen. Vor allem auf Synchronität und fließende Übergänge wird dabei stark geachtet. Alle Mitglieder eines Teams müssen an dieser Freiübung, die zwischen 2:15 und 2:45 Minuten dauert, teilnehmen.
Tumbling: Die Tumblingbahn ist eine sogenannte Fiberglasbahn. Das Besondere an ihr ist, dass sie stark federt. So sind besonders spektakuläre Sprungelemente möglich. Im Wettbewerb muss jeder Teilnehmer dann auch eine Reihe dieser Elemente, wie etwa Salto, Doppelsalto oder Flickflack, zeigen. Dabei treten sechs Mitglieder des Teams direkt hintereinander an, sodass eine ganze Serie entsteht. Jedes Team muss im Wettbewerb drei Serien zeigen, wobei der Schwierigkeitsgrad von Mal zu Mal nach oben geschraubt wird. In der ersten Serie müssen alle Turner die gleiche Sprungreihe präsentieren.
Trampette: Das Trampette ist ein Minitrampolin, das am Ende der Anlaufbahn steht. Bei einem Teil des Programms – in mindestens einer der drei Runden – wird auch ein Sprungtisch aufgestellt, der jedoch höher eingestellt ist als beim Geräteturnen. Augrund des Minitrampolins werden bei dieser Sprungübung spektakulär wirkende Höhen erreicht. Wie beim Tumbling starten auch hier sechs Teilnehmer einer Mannschaft direkt hintereinander. Ein Sprung kann beispielsweise aus einem einfachen Strecksprung bestehen, aber auch aus verschiedenen Salti oder Schrauben.
Ein Sport für alle
Besonders am TeamGym ist die Tatsache, dass es nicht nur Frauen- und Männermannschaften gibt, sondern auch Mixed-Teams, die aus 50 Prozent Frauen und 50 Prozent Männern bestehen müssen. TeamGym bietet zum Beispiel Kunstturnern die Chance, nach ihrer Karriere dem Sport in einer anderen Form erhalten zu bleiben, aber auch denjenigen, die sich in dieser Disziplin nicht durchsetzten konnten, die Möglichkeit, den Turnsport in anderer Form weiter auszuüben. In Luxemburg erhalten zudem Athleten, die aus dem Allgemeinturnen kommen, die Möglichkeit, sich auf internationalem Parkett zu zeigen. Auch ein Sportler aus der Disziplin des Parkour hat sich inzwischen dem Nationalkader der FLGym angeschlossen. „Für mich ist es schön, zu sehen, dass sich auch Turner aus verschiedenen Vereinen vermischen und eine homogene Gruppe geworden sind“, ergänzt Sagramola.
Dabei beeindruckt besonders der Zusammenhalt in der noch jungen Sportart. Denn nicht nur die Mitglieder eines Teams unterstützen sich gegenseitig, sondern bei Wettbewerben werden alle Mannschaften von ihrer Konkurrenz lauthals angefeuert, was für viele der Aktiven ebenfalls ein Grund ist, sich dem TeamGym anzuschließen.
Teil 2
Im zweiten Teil der Reportage erhielt das Tageblatt einen Einblick ins Training des Nationalkaders, der in den Karnevalsferien einen Lehrgang in Hosingen absolvierte und nicht nur die Europameisterschaft später im Jahr in Portugal, sondern besonders die Heim-EM 2022 im Blick hat.
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