Gerichtsurteil / Junger Mann schwer durch Kugel verletzt, Schütze bekommt Bewährungsstrafe
Ein Streit in Eischen eskaliert. Ein junger Mann erleidet eine schwere Schussverletzung. Der Schütze ist vom Gericht nun zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, allerdings mit integraler Bewährung.
G. kann aufatmen. Ins Gefängnis muss er jedenfalls nicht. Am Donnerstag wurde der heute 25-Jährige zu zehn Jahren Haft verurteilt. Die Strafe wird aber komplett zur Bewährung ausgesetzt.
Vor einem Monat musste G. sich vor Gericht verantworten. Dabei ging es um einen Streit zwischen zwei rivalisierenden Jugendbanden im Herbst 2020 vor dem Sportzentrum in Eischen. Eine alte Rechnung sollte beglichen werden. G. hatte bei dieser Auseinandersetzung eine scharfe Waffe dabei. Aus dieser wurden zwei Schüsse abgefeuert. Eine der Kugeln verletzte einen jungen Mann schwer im Bauchbereich.
Der angeklagte Schütze ist damals 22. Er habe nicht mit Absicht gehandelt, sagt sein Anwalt und erwägt, dass die Pistole möglicherweise defekt gewesen sein könnte. Die Staatsanwältin sieht das anders. Für sie ist die Sache klar. Wer eine Waffe trage, wolle sie benutzen, jemanden verletzen, ja gar töten. Eine andere Möglichkeit sieht sie nicht. Hätte G. nur Angst machen wollen, dann sei seine Waffe nicht geladen gewesen.
Keine Bagatelle
In ihrem Strafantrag gibt die Staatsanwältin zu verstehen, dass das Ganze schließlich keine Bagatelle sei. Daran ändere auch nichts, dass das Opfer eigentlich ein Freund und keiner aus der gegnerischen Gruppe gewesen sei. „Aufeinander schießen geht nicht“, so die Vertreterin der Anklage. Sie fordert in ihrem Strafantrag 11 Jahre Haft, weist aber darauf hin, dass man diese Strafe zur integralen Bewährung aussetzen könne.
Vielen mildernden Umständen dürfte G. es zu verdanken haben, dass er nicht ins Gefängnis muss. Vor der Richterin zeigt er Reue – und dass er klar verstanden habe, etwas Schlimmes angerichtet und auf die falschen Freunde gesetzt zu haben. Er weist darauf hin, dass er an besagtem Abend im Herbst 2020 unter massivem Drogeneinfluss stand. Beim Streit vor dem Sportzentrum habe Panik geherrscht. Dann habe sich ein Schuss aus der Waffe gelöst, die er sich ohne Waffenschein auf dem Schwarzmarkt besorgt hatte, sagt er. Dann ein zweiter, fataler Schuss.
Das Opfer S. wird schwer verletzt. Es hätte durchaus zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen können, so der Rechtsmediziner vor Gericht. Spätfolgen schließe er nicht aus, sagt er und fordert Schadensersatz. Dieser Betrag sei noch festzulegen, deshalb verlange er vor allem eine genaue medizinische Expertise.
Die Kosten dafür wird G. tragen müssen. Im Urteil in erster Instanz sind dafür bereits 5.000 Euro Provision vorgesehen. Den Familienangehörigen des Opfers muss G. zudem rund 8.000 Euro zahlen. Dass G. nicht ins Gefängnis muss, dürfte auch daran liegen, dass Staatsanwaltschaft und Richter sich die Frage gestellt haben, was in diesem konkreten Fall Haft für das Leben eines jungen Menschen bedeuten könnte.
Kein Freifahrtschein
G. betont vor Gericht nicht nur seine Reue, sondern auch, dass er alles in Bewegung gesetzt habe, um nach der Tat und nach der Untersuchungshaft ein anderes Leben zu führen. Er habe einen Arbeitsplatz und er wolle seine Lehre fortsetzen, er baue an seiner Zukunft.
Die Gefängnisstrafe bleibt ihm erspart. Doch der Urteilsspruch ist kein Freifahrtschein, keine Absolution. Zehn lange Jahre muss er beweisen, dass seine Worte ehrlich gemeint sind. Er bleibt zudem unter einer gewissen Aufsicht.
Der Anwalt von G. zeigt sich am Donnerstagnachmittag ebenfalls erleichtert. Allerdings, sagt er auf Nachfrage hin, möchte er nun genau lesen, was im Urteil stehe. Zehn Jahre, auch auf Bewährung, würden ihm lange vorkommen. Er vermute, dass im Urteilsspruch versuchter Totschlag und nicht Fahrlässigkeit zurückbehalten wurde.
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