Kultur / Käerjeng bekommt Bücherschränke
In vielen Gemeinden des Landes gibt es sie bereits seit einigen Jahren und sind nicht nur bei Leseratten beliebt: Die Rede ist von öffentlich zugänglichen Bücherschränken. Käerjeng will da keine Ausnahme sein und zieht nun nach.
Im 19. Jahrhundert waren Telefonzellen für viele Menschen das Tor zur Welt. Spätestens seit der Erfindung des Mobiltelefons aber verschwanden sie zusehends aus dem öffentlichen Raum. Waren es 2013 landesweit noch 621, so sank deren Zahl bis Ende 2017 laut Postunternehmen auf 468. Klassische gelbe Telefonkabinen gibt es heute etwa um die 300 Stück.
Bedeutet diese Entwicklung nun das Ende der Telefonkabinen? Nicht ganz, denn jetzt wird einigen davon hierzulande neues Leben eingehaucht. Derzeit werden mehr als 50 ausgemusterte Telefonzellen als Bücherkabinen benutzt. Dort kann jeder sich ein Buch ausleihen und im Gegenzug ein anderes hinterlassen. Das System kommt laut den Projektverantwortlichen gut bei den Leuten an. „Wir recyceln die Kabinen, die sich oft noch in einem guten Zustand befinden, und tun parallel etwas für die Kultur“, freut sich Gaby aus Beggen. Sie ist regelmäßiger Besucher der Bücherschränke in der Hauptstadt.
Schränke in allen Formen und Farben
„Bücher nicht verschenken, sondern teilen“, heißt das Motto. Als Tauschstelle fungieren aber nicht nur ausgediente Telefonzellen. Container oder ehemalige Bushäuschen werden ebenfalls in Regale und Schränke umgewandelt. In Bridel wurden sogar Baumstämme zu „Bücherbäumen“ umgestaltet. Es gibt zudem immer mehr Privatanbieter, die vor ihrer Haustür in Kisten oder speziell angefertigten Kästen Lesestoff zum Tauschen anbieten.
Die Idee des „Bicherschaf“ ist nicht neu. Bereits 2013 tauchten in Esch/Alzette die ersten Bücherschränke auf. Drei Jahre später folgte dann die Hauptstadt mit einem öffentlichen Bücherbox-Konzept. Als Grundlage für die Projekte dient meist das Modell aus den späten 1990er Jahren aus deutschen und französischen Städten. In Perl (D), im Dreiländereck, steht sogar ein internationaler Bücherschrank. Er wurde im ehemaligen Zollhaus eingerichtet. Dort können Deutsche, Franzosen und Luxemburger ihre ausgelesenen Bücher hinbringen und sich neuen Lesestoff holen.
Drei Kabinen – oder vielleicht doch sechs?
Immer mehr Gemeinden springen auf den „Bücherschrank-Zug“ auf. In Bascharage auf dem Cito-Platz, in Küntzig beim Bahnhof und in Hautcharage im Park Paesch sollen demnächst drei Bücherschränke aufgestellt werden. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Bis Literaturliebhaber dort ihren Lesestoff umtauschen können, wird aber wohl noch einige Zeit vergehen. „Wir stehen am Anfang der Prozedur“, erklärt Steve Humbert, Präsident des „Cercle culturel Claus Cito“. Letzterer richtet gemeinsam mit der Gemeinde die Bücherschränke in den ausgedienten Telefonzellen ein. Zurzeit sei man dabei, mit Gemeindevertretern technische Details wie die Beleuchtung oder die Inneneinrichtung zu klären. Die Zellen sollen von 8 bis 20 Uhr zugänglich sein, so Humbert. Hat das Vorhaben Erfolg, ist die Schaffung von drei weiteren „Mini-Bibliotheken“ in der Gemeinde geplant.
Bei der Beschaffung der Bücher arbeiten die Projektverantwortlichen eng mit dem lokalen „Eco-Center“ zusammen. „Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Bücher in einem guten Zustand in der Papiersammlung landen“, so Humbert. Viele Bücher würden aber auch gespendet. „Wir haben bereits einen immensen Fundus – von Romanen über Sachbücher und Kinderbücher bis hin zu Kochbücher. Und das alles in mehreren Sprachen wie Deutsch, Französisch oder Englisch“, sagt der Vorsitzende des „Cercle culturel“.
Bei der Bevölkerung kommt das Projekt gut an. „Es wird Zeit, dass so etwas hier geschaffen wird. Bücher müssen nicht immer unbedingt neu gekauft werden“, so Edgar aus Bascharage. Martin ist auch von der Idee überzeugt: „In den Buchhandlungen findet man häufig nur die neuesten Titel. Sucht man ältere Werke, muss man warten, oder es wird teuer. Oft findet man sie aber in solchen Bücherschränken.“ Na dann, frohes Stöbern und Lesen!
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