Weltraum / Kapitalismus im All: Ist Space Mining legal?
Der Experte für Weltraumrecht Antonino Salmeri ist der Frage nachgegangen, ob die Gesetze, mit denen Luxemburg und die USA das Schürfen von Ressourcen im Weltall regulieren wollen, gegen internationales Recht verstoßen. Seiner Einschätzung nach haben sowohl die USA wie auch Luxemburg das Recht auf ihrer Seite.
Als Wirtschaftsminister Etienne Schneider 2016 seine Space-Mining-Initiative präsentierte, verblüffte er damit die Menschen. International wurde das kleine Luxemburg als Innovationstreiber gefeiert. In Luxemburg waren die Reaktionen gemischt. Schneider wurde und wird immer noch vorgeworfen, Steuergelder für Hirngespinste aus dem Fenster zu schmeißen.
Kernstück der Initiative ist ein neues Gesetz, das Unternehmen mit Sitz in Luxemburg die Gewissheit geben soll, dass Ressourcen, die sie im Weltall schürfen, ihnen gehören. Es wurde unter der Mitarbeit der Universität Luxemburg geschrieben. Der Text wurde mit den Stimmen aller Parteien außer „déi Lénk“ im Parlament angenommen. Die USA hatten zuvor ein ähnliches Gesetz erlassen.
Wenig später wurden erste Stimmen laut, die behaupten, das Gesetz verstoße gegen den Weltraumvertrag von 1967, der bestimmt, dass kein Land sich einen Himmelskörper aneignen darf. Etienne Schneider hat immer wieder behauptet, die Himmelskörper seien mit den internationalen Gewässern zu vergleichen. Diese gehören keiner Nation, allerdings ist es nicht verboten, Fische daraus zu entnehmen.
Kapitalismus im Weltraum
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages war in seiner Einschätzung zu einer anderen Schlussfolgerung gelangt. Eine Meinung, die in Luxemburg auch durch die Linke vertreten wird, die neben legalen Gesichtspunkten auch die Sinnhaftigkeit des Unternehmens und die kapitalistische Durchführungsweise kritisiert.
Ein weiterer internationaler Vertrag, der in diesem Kontext manchmal zitiert wird, ist der Mondvertrag von 1984, der als Ergänzung zum Weltraumvertrag gedacht war. Dieser wurde allerdings weder von den USA noch von Luxemburg unterschrieben. Die Weltraumnationen Frankreich und Indien haben ihn zwar unterzeichnet, jedoch nicht ratifiziert. Der Vertrag gilt deswegen als gescheitert.
Eine wichtige Institution im Weltraumrecht ist der Ausschuss für die friedliche Nutzung des Weltraums der Vereinten Nationen. Er wurde 1959 eingerichtet und hat zwei Unterausschüsse: einen, der sich mit wissenschaftlichen Fragen befasst, und einen, der sich mit Rechtsfragen beschäftigt. Der Letztgenannte ist also auch für Fragen zum Thema Space Mining zuständig.
Mit Recht im Einklang
Der italienische Anwalt Antonino Salmeri ist Forscher an der Universität in Luxemburg. Er war nicht an der Entstehung des Gesetzes beteiligt, forscht allerdings heute zu diesem Thema. Er ist der Meinung, dass sowohl das amerikanische wie auch das luxemburgische Space-Mining-Gesetz mit den internationalen Abkommen im Einklang sind.
Selbst der Ausschuss für die friedliche Nutzung des Weltraums der Vereinten Nationen habe sich seit 2018 mit Space Mining beschäftigt, erzählt Salmeri. Und dieser sei bislang nicht zu dem Schluss gekommen, dass das luxemburgische Gesetz illegal sei. Für die Behauptung, es sei nicht mit internationalem Recht vereinbar, fände sich unter den Rechtsgelehrten keine Mehrheit.
Die Eroberung des Weltraums sei ein gemeinsames internationales Unterfangen, sagt Salmeri. Auch der Weltraumvertrag von 1967 sei in diesem Geiste entstanden, wie aus den Kommentaren, die die Entstehungsgeschichte des Abkommens dokumentieren, hervorginge. „Man wollte keinen kalten Krieg im Weltraum“, so Salmeri. Auch beim Wettrennen ins Weltall sei es schließlich nicht darum gegangen, dieses für einen Block zu beanspruchen, sondern „als Erstes da zu sein“.
Internationale Kooperation
Es stimmt, dass Anstrengungen zur Erforschung des Weltalls heute meistens durch internationale Kooperation erreicht werden. Die internationale Raumstation ISS hat eine internationale Besatzung. Derzeit besteht sie aus drei Astronauten aus den USA, zwei aus Russland und einem Astronauten aus Italien. Diese Kooperation klappt auch in Zeiten der Spannungen und Handelskriege erstaunlich gut.
Außerdem versuchen Forscher aus aller Welt, sich bei ihren Experimenten im Weltraum nicht in die Quere zu kommen. Eine Regel besagt, dass Staaten es unterlassen sollen, die Aktivitäten von anderen im Weltall zu stören und sich gegenseitig absprechen sollen, falls eine solche Störung absehbar ist. Will Luxemburg zum Beispiel das Eis am Südpol des Mondes untersuchen, wohl wissend, dass Indien dort auch schon Forschung betreibt, würden beide sich absprechen, damit sie sich nicht mit ihren Rovern und sonstigen Apparaturen in die Quere kommen.
Nach dem Prinzip der „adaptive Governance“ müssen die ersten Jahre des Space Mining nicht sofort international geregelt werden, sondern vielmehr auf nationaler Ebene mit einer gewissen internationalen (und meist informellen) Koordinierung in den wichtigsten Fragen angegangen werden, erklärt Salmeri. Tatsächlich sucht Luxemburg im Ausland nach Partnern und schließt Absichtserklärungen mit ihnen ab. Bislang hat es Belgien, China, Japan, Tschechien, Portugal, Polen und die Vereinigten Arabischen Emirate dafür gewonnen, gemeinsam auf dem Gebiet des Space Mining zu kooperieren. Die luxemburgische Initiative sei ein „starting point“. Die Alternative sei, einen internationalen Rechtsrahmen von Grund auf neu aufzubauen.
Vorschläge für Rechtsrahmen
Die „Bauteile“ für einen solchen internationalen Rechtsrahmen gibt es seit kurzem. Im letzten November veröffentlichte ein Konsortium mit dem sperrigen Namen „The Hague International Space Resources Governance Working Group“ nach mehrjähriger Arbeit seine Vorschläge, wie ein solcher Rechtsrahmen aussehen könnte. Dem Konsortium gehören Akteure aus der ganzen Welt an, darunter auch die Universität Luxemburg. Daneben Experten für Weltraumrecht von Universitäten aus Leiden (Niederlande), Santos (Brasilien), Padjajaran (Indonesien), Cape Town (Südafrika), von der Secure World Foundation (USA), vom Nishimura Institute of Advanced Legal Studies (Japan) und der Ten to the Ninth Plus Foundation (USA). Diese „Bauteile“ sind nicht verbindlich, können internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen aber als Vorlage dienen.
Internationales Recht im Weltraum durchzusetzen, scheint erst einmal kompliziert. Zumal das Weltall nicht für einen Staat beansprucht werden darf und deshalb kein Land mit seinen Sicherheit- oder Streitkräften dort agieren darf. Allerdings könnten Länder, die nicht im Sinne der internationalen Kooperation im Weltraum agieren, auf der Erde internationalen Druck und Sanktionen erfahren.
Der Meeresboden, sagt Salmeri, wurde durch das Seerechtsübereinkommen von 1982 zum „gemeinsames Erbe der Menschheit“. Auf dem Meeresboden darf nicht ohne das Einverständnis der internationalen Gemeinschaft geschürft werden. 168 Staaten sind dem Seerechtsvertrag bislang beigetreten. Die USA gehören – anders als Russland und China – nicht dazu. Trotzdem haben die USA bislang nicht gegen den Vertrag verstoßen, indem sie auf dem Meeresgrund gearbeitet haben, ohne dies international abzuklären, ergänzt Salmeri. Ein Beispiel dafür, wie internationale Abkommen ihre Wirkung entfalten können.
Space Force
Trotzdem bewertet Salmeri die Space Force der USA durchaus positiv. Dabei handle es sich eben nicht um „Storm Trooper“, die als Soldaten im Weltall aktiv sind. Vielmehr sei die Space Force ein Expertengremium, das als Anlaufstelle für alle Problem tätig ist, die mit dem Weltall zu tun haben, zum Beispiel mit Satelliten – auch wenn der US-amerikanische Präsident es oft anders wirken lässt.
Danach gefragt, welche (juristischen) Probleme es in naher Zukunft im Weltraum zu lösen gibt, nennt Salmeri den niedrigen Erd-Orbit. Immer mehr private Unternehmen setzen in einer Höhe von oft nicht mehr als 1.000 km über der Erdoberfläche ganze Flotten von Mikrosatelliten aus. Das US-amerikanische Unternehmen SpaceX des Unternehmers Elon Musk hat bislang (Stand Januar) 242 seiner Starlink-Satelliten in dieser Höhe ausgesetzt. Insgesamt will SpaceX 12.000 Satelliten bis zum Sommer in den Orbit bringen. Kritiker befürchten, dass der Orbit in dieser Höhe bald überfüllt mit Satelliten und Schrott ist.
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