Russland / Kein Asyl an Finnlands Ostgrenze
„Dies ist eine starke Botschaft an Russland und Finnlands Verbündete“, meinte Premierminister Petteri Orpo am Freitag im Nationalparlament. Finnlands „Ausnahmegesetz“ wurde gestern mit einer Fünf-Sechstel-Mehrheit verabschiedet – nun können auf unbestimmte Zeit Migranten in dem EU-Land keinen Asylantrag an der Grenze mit Russland stellen.
Seit Ende des vergangenen Jahres hat Finnlands Mitte-rechts-Regierung die acht Grenzübergänge nach Russland geschlossen, da russische Beamte bewusst Menschen aus Nahost und Afrika an die Übergänge geführt hatten.
Eine „Hybridkampagne“ nannte dies Regierungschef Petteri Orpo, der die Oppositionsparteien beschworen hatte, an die „nationale Sicherheit“ zu denken. „Ein trauriger Tag für den finnischen Rechtsstaat“, sagte hingegen Li Andersson, Vorsitzender des Linksbündnisses, das zusammen mit den Grünen dagegen stimmte.
Der Abstimmung waren lange Diskussionen vorausgegangen. Die große Parlamentsmehrheit war notwendig, da das Recht auf Asyl in der finnischen Verfassung verankert ist, zudem ist es EU-Recht. Kritiker glauben darum, dass nun ein Prozess vor dem EU-Gerichtshof für Menschenrechte folgen könnte. Orpo habe jedoch nach eigenen Angaben die Unterstützung der EU-Kommission erhalten, der konservative Finne verwies zudem darauf, dass es noch keine EU-Rechtsprechung im Falle von „Hybridmaßnahmen“ gebe.
Die Rechtsprofessoren Lena Näre und Markus Jäntti protestierten in einem offenen Brief, die Novelle würde gegen internationale Menschenrechte verstoßen. Es sei nicht erwiesen, dass die Migranten so zahlreich seien, dass sie das Land gefährdeten. Bislang waren knapp tausend Personen teils auf Fahrrädern, teils zu Fuß aus Russland nach Finnland gelangt.
Russische Invasion
Gegen den Entwurf waren lange auch einige Abgeordnete der Sozialdemokratischen Fraktion, die für die erforderliche Fünf-Sechstel-Mehrheit notwendig waren. Ihren Forderungen nach mehr Rechtsklarheit, mehr Macht des Parlaments, wurde schließlich in einem langen Verhandlungsprozess entsprochen. Druck hatte Verteidigungsminister Antti Häkkänen gemacht – Finnland sei nun in der Situation wie die Ukraine vor zehn Jahren und müsse damit rechnen, dass die Hybridmaßnahmen die Vorbereitungen für etwas noch Ernsthafteres seien.
Die Republik Finnland hat aufgrund der russischen Invasion in der Ukraine zusammen mit Schweden vor zwei Jahren die NATO-Mitgliedschaft beantragt, seit April vergangenen Jahres ist das nordeuropäische Land Teil der Verteidigungsallianz. Jene hat somit 1.340 zusätzliche Kilometer Grenzverlauf mit dem Hauptgegner erhalten. Eine Trennlinie, die sich kaum vollständig überwachen lässt, im Süden wird allerdings an einem 200 Kilometer langen Zaun gebaut.
Finnland hielt lange enge wirtschaftliche wie kulturelle Verbindungen mit der Sowjetunion, später auch mit Russland. Doch nun ist dies anders, auch durch die mehrfachen Waffenlieferungen an die Ukraine wird das Land im Kreml als Feind betrachtet. Bezeichnend ist auch, dass Moskau das Abkommen zur Kooperation der Grenzbehörden im Januar aufkündigte.
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