Bilanz als Sportminister / Kersch wurde seinem Ruf als „Macher“ gerecht, unumstritten war er allerdings nicht
Am Mittwoch wird Georges Engel als Nachfolger von Dan Kersch als Sportminister vereidigt. Kersch hat das Ministerium auf Fetschenhof drei Jahre lang geführt und einige langjährige Dossiers angepackt. Unumstritten waren seine Handlungen aber nicht immer.
Dan Kersch ist ein Mann der Tat, das hat der LSAP-Politiker in seinen drei Jahren als Sportminister unter Beweis gestellt und vor allem für den organisierten Sport einiges bewegt – obwohl seine Amtszeit von der Pandemie geprägt war. Die Corona-Maßnahmen und vor allem das komplette Erliegen des Sports zu Beginn der Corona-Krise waren manchmal schwer nachvollziehbar, dafür hat Kersch mit den Hilfen und dem „Plan de relance“ für schnelle Hilfe gesorgt. Die Pandemie wird auch Kerschs Nachfolger, seinen Parteikollegen Georges Engel, noch beschäftigen. Einige große Dossiers, über die teilweise seit Jahren diskutiert wurde, hat Kersch auf den Weg gebracht.
„Congé sportif“
Vor allem die Reform des „Congé sportif“ wird sowohl Athleten als auch Ehrenamtliche entlasten und den Staat rund 1,5 Millionen Euro kosten. Ausgaben, die möglich wurden, da sich das Sportbudget in Kerschs Amtszeit vergrößerte. Standen dem Ministerium 2018 noch rund 58 Millionen Euro zur Verfügung, sind es 2022 gut 72,5 Millionen. Von dem großen Ziel von einem Prozent des gesamten Staatshaushaltes ist man dadurch zwar immer noch weit entfernt (momentan liegt das Budget des Sportministeriums bei 0,33 Prozent), dennoch ist es ein Schritt in die richtige Richtung.
„Comptes satellites sport“
Da Kersch weiß, dass Sportförderung ohne Geld nicht möglich ist und man erst einmal Argumente braucht, um Geld zu bekommen, hat er das Projekt der „comptes satellites sport“ vorangetrieben, um die Auswirkung des Sports auf die nationale Wirtschaft zu messen. Heraus kam, dass der Sport immerhin 1,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausmacht. Damit wurde ein wichtiges Argument für die zukünftige Förderung geschaffen.
Coque
Seinem Ruf als „Macher“ wurde Kersch gleich zu Beginn seiner Amtszeit gerecht, als er die Wogen zwischen Sportverbänden und der Coque glättete. Jahrelang hatten sich Vertreter des organisierten Sports über die Zusammenarbeit und die hohen Kosten der Sportstätte beschwert. Da die Coque als „Etablissement publique“ versucht, kostendeckend zu arbeiten, waren es nicht gerade einfache Verhandlungen, doch Kersch hat sich durchgesetzt und die Coque kam den Verbänden entgegen, indem einige Dinge nicht mehr verrechnet wurden. Das staatliche Budget der Coque wurde dementsprechend angepasst. Seitdem ist in diesem Dossier Ruhe eingekehrt.
Velodrom
Ein anderes Projekt hat Kersch allerdings weiter verzögert, nämlich das Velodrom. Nachdem 2018 das Projekt Mondorf vorgestellt wurde – das wie sämtliche nationalen Sporteinrichtungen zu 70 Prozent vom Staat finanziert werden sollte –, hat Kersch den Finanzierungsplan überarbeiten lassen. Nun will der Staat 100 Prozent des Velodroms finanzieren. Wie Kersch gegenüber RTL erklärte, sollen die Kosten somit um 20 Millionen Euro reduziert werden. Diese sollen nun bei rund 55 Millionen Euro liegen. Auch die Erfahrungen mit der Coque könnten eine Rolle gespielt haben, weshalb der Staat gleich als Eigentümer auftreten möchte. Allerdings muss erst ein Finanzierungsgesetz durch die Chamber, wodurch erneut eine Diskussion um die Notwendigkeit einer solchen Einrichtung entfacht werden könnte.
WADA und ALAD
Als größten Fehler seiner Amtszeit bezeichnete Kersch gegenüber RTL seine Wahl ins Exekutivkomitee der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA. Dort gehe es viel mehr um Politik als um sauberen Sport. Dabei hatte sich Kersch erst spät als Kandidat für den Posten gemeldet. Erst nachdem er erfahren hatte, dass der bulgarische Sportminister einziger Kandidat sei, hatte er sich gemeldet und wurde schließlich vom Europarat für eine Amtsperiode von zwei Jahren gewählt. Auch wenn er als europäischer Vertreter gewählt wurde, so hat ein Politiker aus einem kleinen Land in dem Gremium einen schweren Stand. Er machte aber immer wieder darauf aufmerksam, dass die WADA wesentlich mehr finanzielle Mittel brauche, um effizient arbeiten zu können und nahm dabei vor allem das Internationale Olympische Komitee in die Verantwortung. National hat er den Kampf für einen sauberen Sport dafür weiter vorangebracht und eben die finanziellen Mittel der nationalen Anti-Doping-Agentur erhöht, sodass ein zusätzlicher Mitarbeiter eingestellt werden konnte.
Eneps
Massiv personell aufgestockt wurde auch die Eneps („Ecole nationale de l’éducation physique et des sports“), die unter anderem für die Trainerausbildungen zuständig ist und deren Rolle in den vergangenen Jahren weiter gestärkt wurde. Ein Prozess, der allerdings noch nicht abgeschlossen ist. Die Eneps spielt bei der Umsetzung des „Long term athlete development“ (LTAD), eines Konzepts für einen lebenslangen aktiven Lebensstil, eine wichtige Rolle.
Bewegungserziehung
Allerdings hat sich das Sportministerium unter Kerschs Führung im Bereich der Bewegungserziehung wesentlich weniger hervorgetan als beim organisierten Leistungssport. Zwar wurde im Rahmen des LTAD ein Handbuch für Bewegungsförderung bei Kindern von null bis zwölf Jahren vorgestellt. Die Arbeit daran hat aber bereits vor Kerschs Amtszeit begonnen. Außerdem wurde nicht sehr viel Wert darauf gelegt, für das Handbuch zu werben.
Sportkommissar
Zudem hat sich das Sportministerium weiter vom Schulsport entfernt, indem kein neuer, für den Sport zuständiger Regierungskommissar eingestellt wurde. Dabei hatte dieser, da er aus der Reihe der Sportlehrer kam, eine wichtige Funktion als Bindeglied zwischen Sport- und Bildungsministerium. Nachdem Rob Thillens in Rente gegangen war, ließ Kersch ein umstrittenes Gesetzesprojekt ausarbeiten, das die Anforderungen an den Posten des Regierungskommissars massiv heruntergeschraubt hat. Als harsche Kritik am Gesetzesprojekt entstand und einige Gutachten sich klar gegen den Gesetzestext positionierten, wurde dieser nicht weiter vorangetrieben.
Zivildienst
Eine große Herausforderung aus dem Koalitionsabkommen bleibt nach Kerschs Rücktritt weiter offen. Es gibt für Spitzensportler immer noch keine Alternative neben der Sportsektion der Armee. Laut Koalitionsabkommen soll ein paralleler Zweig mit einem dreimonatigen Zivildienst angeboten werden, für die Athleten, die nicht in die Armee eintreten wollen.
Olympia
Ein persönlicher Wermutstropfen für Kersch bleibt Olympia. Als großer Sportfan hätte er in seiner Funktion als Sportminister gerne an den Spielen in Tokio teilgenommen, doch aufgrund der Pandemie blieb er fern und wurde für seine konsequente Haltung gelobt. In Erinnerung wird Sportminister Dan Kersch vor allem für seinen Einsatz für den Leistungssport bleiben.
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Ech hunn Gefill, dass bei der LSAP déi richteg Sozialisten mat de sozialistesche Werter ersat ginn, durch Leit déi dat verlängert Sprachrohr vun deene Liberale sinn. Schued.