Editorial / Kinderbetreuung – Systembedingt auf der Felge fahren
Den Kindern und Jugendlichen in Luxemburg geht es nicht gut. Was manche vermutet hatten und andere lieber verdrängen wollten, war spätestens mit der Publikation der Uni.lu-Studie „Covid-Kids“ ein wenig klarer geworden. Kinder und Jugendliche machen sich Sorgen, haben Ängste und sind eher unzufrieden mit ihrem Leben.
Was auffällt, ist, dass insbesondere jene, die schon vor Corona benachteiligt waren, es nun noch stärker zu spüren bekommen. Oder anders gesagt: Die Corona-Pandemie hat die Schwächen im Luxemburger System aufgedeckt und zusätzlich verstärkt. Dazu gehört zum Beispiel die Bildungsungerechtigkeit, die sich durch die Krise weiter ausgedehnt hat. Die Schere wurde weiter geöffnet.
Aber auch sonstige Bereiche rund um die Kinderbetreuung und -beschulung sind an ihre Grenzen gestoßen. Wenn Erzieher den Ausdruck „ausgebranntes Personal“ in den Mund nehmen, um die Situation in den Betreuungseinrichtungen (SEA) zu beschreiben, dann wird es höchste Zeit, zu handeln. In den „Foyers“ gilt ab dem Alter von vier Jahren der Schlüssel eins zu elf. Das heißt, dass ein einziger Erzieher elf Kinder oder Jugendliche betreuen muss.
Für Familien mit mehreren Kindern bedeuten die Homeschooling-Wochen eine zusätzliche Belastung, die bis zu einem gewissen Grad der Erschöpfung bei allen Beteiligten führen kann. Hat man als Erzieher in einem Heim elf Kinder oder Jugendliche, die aus unterschiedlichen Gründen nicht bei ihrer Familie leben können und die alle mehr oder weniger gleichzeitig Homeschooling machen, dann möchte man sich nicht ausmalen, wie es dort zugeht. Ombudsmann Charel Schmit (OKaJu) sagte in einem Webinar Anfang der Woche, dass der Schlüssel in Heimen nicht dazu ausgerichtet sei, auch Homeschooling in diesen Einrichtungen zu begleiten: „Da sind die Leute am Limit.“
Was bedeutet dies für die Qualität der Betreuung? Ausgebranntes Personal ist eigentlich nicht das, was wir unseren Kindern anbieten sollten. Was Claude Meisch wohl dazu sagen würde? Es ist ein Recht, das den Kindern und Jugendlichen zusteht, nicht so behandelt zu werden. Zur Erinnerung: Vor knapp 30 Jahren hat Luxemburg die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen unterschrieben und sich dadurch verpflichtet, die Rechte der Kinder zu respektieren.
Ach ja: die Pandemie. Die Corona-Krise darf allerdings nicht dafür herhalten, dass die Regierung die Kinderrechte nicht respektiert. Ganz im Gegenteil. Nun sollte verstärkt auf die Bedürfnisse der jungen Menschen eingegangen werden. Doch wer zu Normalzeiten bereits die Kinderrechte mit Füßen tritt und diese eher stiefmütterlich in die dunkle Ecke stellt, statt bei jeder Entscheidung das übergeordnete Interesse des Kindes in den Vordergrund zu rücken – so wie es von der Konvention vorgesehen ist –, braucht sich jetzt nicht zu wundern, dass ihm die Zahnräder des wackeligen Konstrukts um die Ohren fliegen.
Vielleicht kann das Genfer Komitee für Kinderrechte der Vereinten Nationen im Mai ein wenig Druck auf unsere Regierung ausüben, falls sie bis dahin nicht selber einsichtig geworden ist. Jedenfalls würde es den Kindern guttun. Und vor allem steht es ihnen rein rechtlich gesehen zu.
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Wer mit der Betreuung nicht einverstanden ist, kann seine Kinder selber betteuen
Ech als Enseignant ënnerstëtzen dësen Artikel. Ech selwer sinn zwar net um Limit, awer déi meescht vu menge Kanner. Ech hu bei menge Virgesetzten mat der Kannerrechtskonventioun argumentéiert, mee déi wëllen näischt héieren.