Coronavirus / Kinderglück im Schatten der Krise
Corona hin oder her – Kinder, die zur Welt kommen wollen, warten nicht auf das Ende der Krise. Und so sind auch Luxemburgs Hebammen weiter im Einsatz. Ihr Arbeitsalltag hat sich in den vergangenen Wochen verändert. Als größte Herausforderung stellt sich vor allem die Unsicherheit der werdenden und frisch gebackenen Mütter heraus. Um dieser allgemeinen Verunsicherung entgegenzuwirken, hat die „Association luxembourgeoise des sages-femmes“, kurz ALSF, eine Hotline ins Leben gerufen.
Als Nora vor einer Woche und zwei Tagen mit Wehen im CHL eintraf, musste sie sich erst einmal in die Warteschlange stellen. Bevor sie und ihr Mann reindurften, mussten sie Fiebermessen und ihre Hände desinfizieren. Während Nora wartete, packte sie eine Wehe. Eine besonders unangenehme Situation für die junge Mutter.
Mit dem Coronavirus hat sie sich bereits seit Januar auseinandergesetzt: „Nach Silvester schien das Ganze noch weit entfernt, aber durch die Schwangerschaft habe ich mir verstärkt Gedanken gemacht.“ Spätestens zu dem Zeitpunkt, als die Situation in Italien zu eskalieren begann, nahm die Sorge überhand. Nora fragt sich, wieso nicht schon früher etwas unternommen wurde.
Die junge Frau hatte bereits vor der Geburt Kontakt zu zwei Hebammen aufgenommen. Sie schafften es, ihr zumindest etwas Aufregung zu nehmen. Die Angst bleibt. „Am Anfang war unklar, ob der Vater bei der Geburt dabei sein kann“, sagt Nora. Das Paar hatte sich gemeinsam auf den großen Tag vorbereitet. Die Ausnahmesituation alleine meistern zu müssen, versetzte die werdende Mutter in Panik.
Schnelle Entlassung nach der Entbindung
Tatsächlich ist die Beruhigung der Mütter zurzeit auch die größte Aufgabe der Hebammen. Nadine Barthel ist Präsidentin der ALSF. Sie arbeitet als fest angestellte Hebamme im CHL und hat auch Noras Kind zur Welt gebracht. „Statt Glück und Freude über ihr Kind empfinden Mütter zurzeit eher Sorge und Angst“, sagt sie. Es gehöre zum Job der Hebamme, die Frauen mit viel Einfühlungsvermögen und Gesprächen zu beruhigen. Da Mütter und Kinder nicht in die Risikogruppe fallen, gebe es keinen Grund zur Panik, betont sie.
Inzwischen werden die Frauen nach der Entbindung schnellstmöglich aus dem Krankenhaus entlassen. Um der allgemeinen Verunsicherung entgegenzuwirken, die mit der frühzeitigen Entlassung einhergeht, hat die ALSF eine Hotline ins Leben gerufen. Wer sich hier meldet, wird an eine freiberufliche Hebamme weitervermittelt. Die Hotline ist eine Reaktion auf die Krise. Sie sei keine Beratungsstelle, sagt Nadine Barthel, sondern eine Anlaufstelle, die Schwangeren und jungen Müttern dabei hilft, eine Hebamme zu finden.
In den ersten vier Tagen ist die Leitung heiß gelaufen. „Es kamen alle möglichen Fragen von der Schwangerschaftsberatung über die Hilfestellung nach der Geburt bis hin zu Kinderarztterminen, die abgesagt wurden“, sagt die Präsidentin.
Lieber zu Hause
Die Hotline wird auf freiwilliger Basis von den Vorstandsmitgliedern der ALSF betreut. Wenn die Krisenzeit vorbei sei, gelte es natürlich, auszuwerten, was diese Hotline gebracht hat und ob es sich lohne, sie weiterzubetreiben. „Dann muss allerdings über die Finanzierung gesprochen werden“, sagt sie.
Die Zusammenarbeit der freiberuflichen Hebammen und der Krankenhäuser laufe größtenteils gut. Die „Clinique Bohler“ sowie das „Centre hospitalier du Nord“ haben ihre Zusammenarbeit mit der ALSF bereits in einer Pressemitteilung öffentlich bekannt gegeben. „Wir wollten den Hebammenberuf zu Hause fördern und sind auf dem guten Weg dahin“, sagt die Präsidentin. 2020 gebe es 30 Prozent mehr frei arbeitende Hebammen als noch im vergangenen Jahr. Das kommt der aktuellen Situation zugute.
Wir wollten den Hebammenberuf zu Hause fördern und sind auf dem guten Weg dahin. 2020 gibt es 30 Prozent mehr frei arbeitende Hebammen als noch im vergangenen Jahr. Das kommt der aktuellen Situation zugute.Präsidentin der ALSF
Bisher dürfen die Partner in allen Krankenhäusern des Landes bei der Geburt dabei sein. Nur im „Cente hospitalier du Nord“ müssen Partner im Falle eines Kaiserschnitts draußen bleiben. Besuch ist meist nur vom Partner erlaubt. (Auf www.sages-femmes.lu finden Sie die genauen Vorgaben der einzelnen Einrichtungen.) Auch Noras Mann durfte bei der Geburt präsent sein. Er durfte gleich nach der Aufnahme mit hoch. „Wir wären auch sehr traurig gewesen, wenn er nicht hätte dabei sein können“, so die junge Mutter nachträglich.
Während der Geburt mussten alle im Raum Masken tragen – auch sie selbst. Erneut eine beängstigende Situation. Dazu kam, dass ihre eigene Ärztin der Geburt nicht beiwohnen konnte, weil sie wie die anderen Ärzte derzeit nur in Schichten arbeite. Am Ende habe die Hebamme Nora aber mit viel Herz beruhigen können. „Bei all den Emotionen ist mir die Maske irgendwann gar nicht mehr aufgefallen“, meint Nora.
Tief sitzende Angst
Im Zimmer habe sie sich dann nicht mehr so geborgen gefühlt. „Ich hatte keine wirkliche Bezugsperson. Jedes Mal, wenn ich eine Frage hatte, kam jemand anderes ins Zimmer“, sagt sie. Als ihr Kind sich nicht stillen ließ, fühlte sie sich alleine gelassen. Ob das an der aktuellen Krisensituation liegt, weiß sie nicht.
Die junge Mutter war auch da dankbar, bereits im Vorfeld mit einer Hebamme in Kontakt gewesen zu sein. Zusammen mit ihrem Mann erreichte diese, dass Nora schon nach 48 Stunden entlassen wurde. Dass Frau und Kind inzwischen früher entlassen werden, findet sie gut so. Sie selbst hat sich zu Hause mit der Hilfe ihrer Hebamme wesentlich wohler und sicherer gefühlt.
An den ersten fünf Tagen sei die Hebamme täglich zu Besuch gekommen. „Das habe ich gebraucht. Die Angst saß nach dem Krankenhausaufenthalt tief“, sagt Nora. Als sie entlassen wurde, habe sie auf dem Nachhauseweg nur noch geweint. Das habe unter anderem an all den Menschen gelegen, die ihr mit Masken gegenüberstanden.
Nicole Schuller ist freiberufliche Hebamme und fährt auch während der Corona-Krise noch zu frisch gebackenen Müttern nach Hause. Alkohol zum Desinfizieren habe sie sowieso immer dabei, jetzt benutze sie diesen häufiger. Masken seien ihr vom Gesundheitsministerium zur Verfügung gestellt worden. Bei Frauen, die einen einfachen Start mit ihrem Neugeborenen haben, versuche sie, die Hausbesuche auf ein Minimum zu reduzieren. „In manchen Fällen lässt sich die physische Anwesenheit jedoch nicht ersetzen“, sagt die Hebamme.
Dankbare Mütter
Frauen, die nach der Geburt früher nach Hause geschickt wurden, besucht Nicole Schuller in den ersten Tagen täglich. Das sei vor der Krise weniger häufig vorgekommen. Zusätzlich organisiert Schuller zusammen mit vier weiteren Hebammen Geburtsvorbereitungskurse via Telekonsultation. „Wir organisieren die Kurse über die Videochat-Plattform Zoom“, erklärt sie.
Über die Hotline der „Association luxembourgeoise des sages-femmes“ wurden bereits zwei Frauen an sie weitergeleitet. Diejenigen, die sie betreut, seien ihrzufolge sehr dankbar. „Sie sind froh, dass überhaupt noch jemand zu ihnen kommt und ihnen hilft“, sagt Schuller.
Der bisher traurigste Moment für Nora war indes, als sie nach Hause gekommen ist und ihre Eltern das Baby nur von weitem sehen durften. „Sie wohnen gegenüber von uns und konnten einen Blick in die Babyschale werfen – mehr nicht. Das ist furchtbar schade“, sagt sie mit stockender Stimme. Wann die Großeltern endlich ihren Enkel in die Arme schließen dürfen, steht noch in den Sternen. Zudem hatte sich die junge Familie darauf eingestellt, Hilfe von den Großeltern zu bekommen. Das fällt nun weg und bedeutet mehr Stress für die jungen Eltern.
Trotzdem sieht Nora etwas potenziell Positives in der Situation. „Ich hoffe, dass diese Krise ein Umdenken mit sich bringt“, sagt sie, „auch, was Geburten angeht.“ Damit die Betreuung von Hebammen bei Müttern zu Hause wieder einen höheren Stellenwert bekommt.
Call the Midwife
Die Hotline der „Association luxembourgeoise des sages-femmes“ ist täglich zwischen 9 und 17 Uhr unter der Telefonnummer 621 630 218 erreichbar. Die Vorstandsmitglieder der ALSF betreiben die Hotline auf freiwilliger Basis, neben ihrem Job. Wer die Hotline finanziell unterstützen möchte, kann dies unter der Kontonummer der ALSF tun: LU25 0019 1006 7473 5000, BIC: BCEELULL.
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Auch ich gehöre ja nun zu den Senioren.
Ein ganz neues Gefühl in wenigen Tagen um Jahre gealtert zu sein. Vor wenigen Tagen fühlte ich mich als fitten, alltagstauglichen älteren Herrn der den nachfolgenden Generationen nützlich sein konnte und durfte; heute bin ich ein Alter, der den jüngeren Menschen im Weg steht.
Ich fühle mich schuldig daran daß Kinder nicht mehr die ihnen zustehende Bildung erhalten, daß sie völlig unverschuldet eingesperrt werden und sie der ihnen zustehenden Rechte, sich zu entwicklen beraubt werden.
Daß in den jungen Generationen Rachegefühle aufkommen würden, wäre mir nur allzu verständlich. Ich beobachte leider das Gegenteil, auch dort herrschen Schuldgefühle vor: sie könnten ja Träger des für die Alten tödlichen Virus sein.
Feine Politiker, die sich dieser Angst- und Schuldgefühle bedienen um sich in einem perfekt inszenierten Krisenmanagement zu sonnen.
Jaja, immer diese boesen Politiker. Nur, dass sie Tag und Nacht arbeiten und Verantwortung uebernehmen. Wer es besser weiss, soll doch auch Poitiker werden.