Mentale Gesundheit / Kleine Tipps mit großer Wirkung: Was bei Stimmungstiefs helfen kann
Das Risiko, an einer Depression zu erkranken, ist im Großherzogtum erneut gestiegen – wie aus dem kürzlich veröffentlichten „Quality of Work Index Luxembourg“ hervorgeht. Allgemein ist die Stimmung momentan bei vielen Menschen in Luxemburg angespannt, da sie tagtäglich mit verschiedenen Stressfaktoren konfrontiert werden. Einige Gewohnheiten können laut des Psychologen Dr. Fränz D’Onghia allerdings dabei helfen, den Herausforderungen des Alltags besser zu trotzen.
Die andauernde Pandemie, damit einhergehende Sorgen und nicht zuletzt ein meist wolkenverhangener Himmel: das alles schlägt den Menschen in Luxemburg aktuell auf das Gemüt. Den einen mehr, den anderen weniger. Aus einem in der vergangenen Woche veröffentlichten Bericht von der „Chambre des salariés“ (CSL) geht hervor, dass das Risiko, an Depressionen zu erkranken, im Großherzogtum wieder gestiegen ist – von 11 Prozent in 2020 auf 15 Prozent in 2021. Insgesamt 2.594 Arbeitnehmer wurden für diese Studie zum „Quality of Work Index Luxembourg“ befragt.
Immer mehr Menschen scheinen dann auch professionelle Unterstützung zu suchen. „Davon berichten Psychologen aus dem privaten Sektor. Aber auch bei uns melden sich seit der Pandemie immer mehr Menschen“, bemerkt Dr. Fränz D’Onghia, Direktor vom Informations- und Präventionsdienst der „Ligue luxembourgeoise d’hygiène mentale“. Der Psychologe sowie Psychotherapeut weist darauf hin, dass es den Menschen einerseits nach rund zwei Jahren Pandemie nicht gut geht, sie andererseits heutzutage aber auch eher bereit dazu sind, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Stressfaktor Ungewissheit
Aktuell gibt es viele Ursachen, die für angeschlagene Gemüter sorgen können: Alleine das Wetter kann ein möglicher Grund sein. Denn im Winter bekommt man weniger Tageslicht ab, schläft dadurch schlechter und findet so nicht die notwendige Erholung. Zurzeit sind es laut Fränz D’Onghia aber vor allem pandemiebedingte Umstände, die auf die Stimmung drücken: „Es ist die Häufung vieler Faktoren, die das Leben schwer machen. Dadurch entsteht Druck, den die Leute nicht gut vertragen. Auch, dass man nicht weiß, was morgen kommt, ist ein Stressfaktor.“
Während der Pandemie müssen sich die Menschen notgedrungen etwas einschränken. „Man kann nicht mehr reisen, wohin man will, und abends sitzt man weniger lange mit Freunden zusammen. Mit Diskussionen um die Impfung birgt die Krise außerdem viel Konfliktpotential“, stellt Fränz D’Onghia fest. Auch hätten sich die Arbeitsbedingungen verschlechtert und Menschen in prekären Verhältnissen wüssten beispielsweise nicht, wie sie für die Tankfüllung zahlen sollen. Der Psychologe erinnert auch daran, dass viele durch das Virus Angehörige oder Freunde verloren haben und sich momentan in einer Trauerphase befinden.
Was einem bei alldem aber Hoffnung geben kann: Der menschliche Körper hat laut Fränz D’Onghia die Fähigkeit, Stresssituationen zu bewältigen. Problematisch wird es allerdings, wenn es mehr Belastung gibt als Fähigkeiten, damit umzugehen. Unter anderem Angstzustände und Depressionen können die Folge sein. „Deshalb ist eine gute Stressbewältigung umso wichtiger. Alles, was dabei hilft, Stress abzubauen, ist gut“, stellt der Psychologe fest. Schon kleine Änderungen in den Gewohnheiten können zu einer Verbesserung der Stimmung beitragen, aber eben auch dabei helfen, schwierige Situationen im Alltag leichter zu bewältigen.
Draußen bewegen
So rät der Psychologe zuerst zu ausreichend Bewegung: „Man muss sich da nicht auf einen Marathon vorbereiten und auch kein teures Abo im Fitness-Studio haben. Beispiele sind Spaziergänge, bei denen man etwas schneller unterwegs ist und so leicht ins Schwitzen kommt. Oder leichtes Laufen. Es kann aber auch eine Stunde Gartenarbeit sein.“ Mindestens eine halbe, idealerweise eine Stunde Bewegung sollte man im Tagesablauf unterbringen. Praktischerweise setzt man so auch gleich einen weiteren Tipp des Psychologen um: draußen sein, um so viel wie möglich Tageslicht zu tanken.
Zu einem Spaziergang kann man dann auch gleich jemanden aus der Familie oder einen Freund einladen. Denn laut Fränz D’Onghia ist es bei schlechter Stimmung umso wichtiger, Menschen zu treffen, mit denen man sich gut versteht. „Das ist auch eine Erklärung dafür, warum es vielen momentan eben nicht gut geht: weil man weniger Leute sieht. Der Mensch ist aber nicht für das Alleinsein gemacht.“ Deshalb soll man den Austausch mit anderen suchen: mit Freunden, Nachbarn oder im Verein. Wenn das wegen geltender Sicherheitsmaßnahmen nicht möglich ist, sind Telefonate oder Videokonferenzen eine Alternative.
Außerdem wird zu einer gesunden und Omega-3-reichen Ernährung geraten. „Bei leichten Stimmungsschwankungen kann Omega-3 eine antidepressive Wirkung haben. Eine schwere Depression allerdings wird dadurch nicht weggehen“, erklärt Fränz D’Onghia. Die Fettsäuren findet man in Fisch – beispielsweise Lachs – in Hülsenfrüchten oder Nussöl. Auch Walnüsse enthalten viel Omega-3. Diese können beim Frühstück in den Joghurt gegeben oder tagsüber als Snack zwischendurch gegessen werden.
Gut schlafen
Übrigens: Für einen guten Schlaf sollte zum Abendessen nicht zu viel und eher Leichtes auf den Tisch kommen. Fränz D’Onghia rät dann auch zu einem geregelten Schlafrhythmus. Demnach sollte man immer etwa um die gleiche Zeit aufstehen und zu Bett gehen. Sorgen gehören laut dem Psychologen nicht ins Schlafzimmer: „Man kann die Gedanken niederschreiben und sich am folgenden Tag darum kümmern.“ Und auch wenn es schwerfällt: Auf helles Bildschirmlicht gilt es in den ein bis zwei Stunden vor dem Zubettgehen zu verzichten. Im Zimmer sollte es dann auch eher frisch als zu warm sein.
Unterstützung finden
Schnelle und anonyme Hilfe gibt es in Luxemburg bei „SOS Détresse“ unter der Telefonnummer 45 45 45. Kinder und Jugendliche können aber auch die Nummer 11 61 11 vom „Kanner a Jugendtelefon“ wählen. Zudem bieten öffentliche Einrichtungen kostenlose Unterstützung an: Die „Ligue luxembourgeoise d’hygiène mentale“ in der Hauptstadt, „Réseau Psy – Psychesch Hëllef dobaussen“ in Esch/Alzette und „Liewen Dobaussen“ in Ettelbrück. Einen Überblick über die Angebote gibt es unter prevention-psy.lu in der Rubrik „Hilfe“ oder in der Broschüre der „Ligue“ mit dem Titel „und wenn ich mir helfen ließe“. Unter der Telefonnummer 45 55 33 kann man sich auch beim Informations- und Präventionsdienst der „Ligue“ melden, um Informationen zum Thema zu erhalten – auch wenn man sich als Betroffener unsicher ist, an wen man sich wenden soll.
Wachsam gilt es allerdings zu sein, wenn man länger keine Lust mehr zu Sachen hat, die einem eigentlich Spaß machen, man andere nicht mehr treffen will und mit Appetitlosigkeit oder schlaflosen Nächten zu kämpfen hat. Dann sollte man sich professionelle Hilfe suchen, um den Auslöser dafür zu finden. Fränz D’Onghia unterstreicht: „Schlechte Tage kennt jeder. Wenn das aber zwei bis drei Wochen anhält, sollte man das hinterfragen. Wichtig ist: Viele Menschen haben mit Problemen wie Ängsten, Depressionen oder Stress zu kämpfen – man ist damit nicht alleine. Niemand muss sich dafür schämen, sich während einer gewissen Zeit schlecht zu fühlen.“
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