Youth for Climate Luxembourg / Klimaaktivisten kritisieren Klimaschutzgesetz und das Versagen der Bildungspolitik
Zohra und Jerry sind zwei Mitglieder von Youth for Climate Luxembourg, die für den 24. September den nächsten Schulstreik angekündigt haben. Die beiden Klimaaktivisten reden im Gespräch mit dem Tageblatt über die Anfänge der Streikbewegung – und warum Luxemburgs Bildungssystem bei der politischen Erziehung der Jugend versagt hat.
Tageblatt: Mit dem Schulstreik am 24. September ruft Youth for Climate zum mittlerweile fünften Streik in Luxemburg auf. Viele Leute fragen sich, wer sich eigentlich hinter diesem Namen verbirgt.
Zohra: Wir sind eine recht heterogene Gruppe von fast 20 Jugendlichen. Die Jüngste ist 15, die Älteren sind Anfang 20, haben ihre „Première“ abgeschlossen und machen noch ein „Gap Year“, bevor sie studieren gehen. Zudem haben wir auch einige Mitglieder aus der Europa-Schule oder der International School, die sich bei uns engagieren, obwohl sie mittlerweile an einer Universität studieren.
Jerry: Wir sind eine offene Gruppe, in der jeder willkommen ist. Wir haben jeden Dienstag im „Oekozenter Pfaffenthal“ ein Meeting, an dem jeder teilnehmen kann.
Wie hat diese Gruppe denn anfänglich zusammengefunden?
Zohra: Rise for Climate hat im Oktober 2018 kleinere Manifestationen organisiert, wo sich immer mehr Schüler eingefunden haben. Drei Schülerinnen, Joanna, Sarah und Sylvia, haben damals bei Rise for Climate um Hilfe gebeten, da sie eine Jugendorganisation gründen wollten. Schlussendlich hat sich unsere Bewegung dann im Januar 2019 konstituiert. Wir waren anfangs eine ziemlich chaotische Truppe (lacht), die sich über Facebook-Messenger „organisiert“ hat. Mit der Zeit haben wir aber organisatorisch hinzugelernt.
Der erste Streik von Youth for Climate wurde im März 2019 organisiert. Was hat Sie und Ihre Mitstreiter zu diesem Schritt bewegt? War Greta Thunberg in der Hinsicht eine Inspiration?
Zohra: Ja, natürlich war Greta Thunberg eine Inspiration. Aber auch die zahlreichen Schulstreiks und die große Mobilisierung in anderen Ländern haben uns dazu bewegt, eine ähnliche Bewegung in Luxemburg aufzubauen. Wir wussten aber auch, dass es für Luxemburg keinen Sinn ergibt, jeweils noch Lokalsektionen aufzubauen, und haben uns sofort zur Gründung einer nationalen Bewegung entschieden. So unpolitisch wie wir damals auch waren: Wir wussten, dass Luxemburg auch eine Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielt.
Fühlt sich die junge Generation in Sachen Klimapolitik von den Erwachsenen alleine gelassen?
Zohra: Gesamtgesellschaftlich fühlen wir uns schon alleine gelassen. Ich muss aber betonen, dass es zahlreiche Erwachsene gibt, die uns auch unterstützen. Der erste Streik im März 2019 wäre nicht zustande gekommen, wenn wir nicht die Hilfe von Rise for Climate und dem „Mouvement écologique“ gehabt hätten. Da uns die finanziellen Mittel für den Streik gefehlt haben, waren wir auf Spenden von zahlreichen Organisationen angewiesen. Wir haben auch eng mit dem OGBL, Greenpeace, Votum Klima und „Frères des Hommes“ zusammengearbeitet.
Vor allem Rise for Climate und der „Mouvement écologique“ haben uns beim ersten Streik organisatorisch und finanziell unterstützt, weil wir damals schlichtweg noch keine Ahnung hatten, wie wir eine solch große Demo organisieren sollen. Wir waren ja alle minderjährig und haben etwas in der Größenordnung noch nie gemacht.
Es sind mittlerweile auch ältere Mitglieder hinzugestoßen. Ist Youth for Climate auch erwachsen oder zumindest erwachsener geworden?
Zohra: Ja, mittlerweile verwalten wir unsere Finanzen selbst und sind auch organisatorisch eigenständig geworden. Wir haben aber kein Problem, unsere Partner bei logistischen Problemen um Hilfe zu bitten, wenn wieder ein Megafon oder eine Kopiermaschine gebraucht wird.
Ich denke, dass wir auch thematisch erwachsener geworden sind. Beim ersten Streik war der Plastikmüll unser Hauptanliegen. Teilweise haben wir geglaubt, mit der Beseitigung von Plastik könnte das Klima gerettet werden. Seitdem haben wir uns inhaltlich und politisch weiterentwickelt.
Wie ist es denn zu dieser Entwicklung gekommen?
Zohra: Wir waren international ziemlich gut vernetzt und standen im Austausch mit anderen Organisationen, die schon über mehrere Monate hinweg Streiks organisiert haben. Die waren in dem Sinne schon etwas weiter als wir. Das hat uns inspiriert. Schlussendlich haben wir aber auch extrem viel gelesen und uns einfach näher mit dem Thema auseinandergesetzt. Rückblickend kann man sagen, dass alles aus einer Schnapsidee entstanden ist.
Sie fühlen sich gesamtgesellschaftlich im Stich gelassen. Warum bleibt es denn an der Jugend hängen, sich für Klimapolitik einzusetzen?
Zohra: Ich denke, dass es ein unangenehmes Thema für viele Menschen ist. Es ist schwierig, aus alten Verhaltensmustern auszubrechen. Es ist einfacher, diesen Bruch mit 16 zu vollziehen, als wenn man jahrelang in einer Verhaltensweise gefangen war. Ich kann mir auch vorstellen, dass es teilweise etwas mit Angst zu tun hat.
Ich denke aber, dass es vor allem daran liegt, dass sich viele Leute nicht adäquat informieren können. Es ist ein enormes Privileg, die Zeit dazu zu haben. Es ist doch verständlich, dass Eltern mit Kindern, die den ganzen Tag arbeiten, zur Arbeit pendeln und abends dann müde ins Bett fallen, keine Lust und keine Kraft mehr haben, sich eindringlich mit dem Klimaproblem zu beschäftigen. Zudem bedarf es eines gewissen Bildungsgrades, um diese wissenschaftlichen Studien zu lesen. Wäre ich nicht auf einer naturwissenschaftlichen Sektion, hätte ich auch mehr Mühe mit der Thematik. Dieses Privileg, sich informierten zu können, hat nicht jeder.
Wie hat sich die Corona-Pandemie denn auf Youth for Climate ausgewirkt? Haben sich die Mitglieder aus den Augen verloren während der Pandemie?
Zohra: Wir hatten jeden Dienstagabend Videokonferenzen. Man wusste aber nicht so recht, was man denn jetzt organisieren könnte. Wir fordern ja immer: Hört auf die Wissenschaft. Es wäre dann unverantwortlich gewesen, besonders in der Anfangsphase der Pandemie, irgendetwas zu organisieren, wo es zu einem größeren Menschenauflauf gekommen wäre. Es war aber tatsächlich etwas demotivierend.
Jerry: Wir waren aber nicht komplett untätig. Wir haben corona-spezifische Forderungen erstellt und erste Erfahrungen mit einer Online-Demo gesammelt. Auch anlässlich des Autofestivals haben wir uns wieder mobilisiert.
Haben Sie den Eindruck, dass die Youth-for-Climate-Bewegung während der Pandemie aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden ist?
Zohra: Ich glaube schon, dass wir weniger präsent waren, weil wir nicht zu Tausenden auf der Straße demonstriert haben. Das fällt schon deutlicher auf als eine kleine Aktion mit 20 Teilnehmern vor dem „Cercle Cité“. Ich glaube aber, dass die Menschen sich auf unser Comeback freuen. Für mich bedeutet die Demo auch ein Schritt zurück in die Normalität. Ich vermisse dieses Gefühl. Ich hoffe deswegen, dass der soziale Aspekt neben dem eigentlichen Thema auch eine Rolle spielen wird.
Jerry: Wir haben schon vor Corona einiges an Schwung verloren, wenn wir ehrlich sind. Es kam wohl das Gefühl auf, dass es weniger wichtig oder weniger dringend wäre, sich auf dem Klimastreik für eine anständige Klimapolitik einzusetzen. Corona ist nicht der einzige Grund, warum unsere Bewegung etwas an Schwung verloren hat.
Zohra: Ich denke, dass das aber auch eine Frage der Mentalität ist. Wir haben in Luxemburg keine Demonstrationskultur und die Leute sind es nicht gewohnt, sich an etwas festzubeißen. Ich habe das Gefühl, dass viele Leute nicht verstehen, dass das Klima nicht nach nur zwei Demonstrationen gerettet ist. Viele Menschen verstehen nicht, wie Politik oder wie politische Bewegungen funktionieren. Das ist in meinen Augen ein Versagen des Bildungssystems. Politische Bewegungen und demokratische Entscheidungsprozesse werden nicht annähernd intensiv genug behandelt. Stattdessen müssen wir aber eine Tangente ableiten können.
Da setzt auch die Kritik an Youth for Climate an: Die Jugendlichen interessieren sich eigentlich nicht für das Klima, sondern wollen nur die Schule schwänzen.
Zohra: Ich glaube nicht, dass das richtig ist. Die Demos haben ebenfalls einen edukativen Wert und ich finde es schade, dass die Schulen das nicht weiter unterstützen. Unser Bildungssystem soll uns zu mündigen Bürgern erziehen und da gehört demokratische Partizipation auch hinzu. Zudem macht das Argument aus Sicht von uns Organisatoren gar keinen Sinn: Wir haben nicht zwei Monate geschuftet, um an einem Freitagnachmittag freizuhaben. Es zeigt zudem, dass die ältere Generation in ihren Verhaltensmustern festgefahren ist und uns weiterhin nicht ernst nimmt. Das ist einfach lächerlich angesichts des Klimaberichts des Weltklimarats und der Wetterextreme, die wir derzeit erleben. Ich bin der Meinung, dass die Mehrheit der Teilnehmer tatsächlich mitmachen will und das auch aus Überzeugung tut.
Jerry: Die Definition des Wortes Streik beinhaltet ja, dass man etwas nicht macht, was man zu der Zeit eigentlich machen sollte, um sich für eine gemeinsame Sache einzusetzen. Jemand müsste unseren Kritikern erklären, welche Errungenschaften wir Streikbewegungen zu verdanken haben – das würde ihnen sicherlich die Augen öffnen. Selbst wenn ein paar Tausend Schüler beim Streik dabei waren, die tatsächlich nur schwänzen wollten, tut das unserer Sache keinen Abbruch. Sie waren in Luxemburg-Stadt und vielleicht konnten wir dennoch einen Funken Interesse fürs Thema erwecken und etwas Sensibilisierungsarbeit leisten. Wir wollen ja niemanden zu Youth-for-Climate-Organisatoren konvertieren, sondern die Gesellschaft auf die Dringlichkeit dieses Problems hinweisen.
Zohra: Ich denke, wenn die Schüler keine Lust auf Schule haben, brauchen sie keine Demonstration, um nicht im Klassensaal aufzutauchen. Selbst wenn einige nur die Schule schwänzen wollten: Auf diesen Demos ist es schwierig, sich der Stimmung zu entziehen und sich dann nicht doch für die Sache einzusetzen.
Sie gehen auch mit dem neuen Klimaschutzgesetz sehr hart ins Gericht.
Zohra: Erstens ist das Klimaschutzgesetz noch immer nicht komplett implementiert. Die sektoralen Ziele wurden erst kürzlich definiert. Was mich persönlich stört, ist, dass sich die Akteure nun als Helden feiern – dabei sind sie anderthalb Jahre zu spät. Das Gesetz trat Anfang 2020 in Kraft. Der wissenschaftliche und zivilgesellschaftliche Rat wurde ebenfalls noch nicht eingeführt. Das ist für uns einer der wichtigsten Aspekte des gesamten Gesetzes.
Wir begrüßen die CO2-Steuer, finden aber, dass in diesem Fall die Falschen zur Kasse gebeten werden. Die alleinerziehende Mutter, die sich nur einen alten Diesel leisten kann, wird bestraft, während die Reichen mit Elektroauto noch eine Prämie bekommen. Auch wenn die Steuereinnahmen in soziale Maßnahmen reinvestiert werden, ist die CO2-Steuer meiner Meinung nach sehr ungerecht. Die Industrie und die Reichen müssten stärker zur Kasse gebeten werden. Es ist bewiesen, dass diese beiden Gruppen am klimaschädlichsten agieren.
Der IPCC-Report war ein weiterer Warnschuss …
Zohra: Deswegen ist uns das Gesetz auch nicht ambitioniert genug. CO2-Einsparungen von 55 Prozent bis 2030 klingen erst mal sehr gut. Das ist dem neuesten Klimaschutzbericht zufolge aber nicht gut genug. Wenn wir die 1,5-Grad-Erwärmung verhindern wollen, muss mehr passieren. Ich bin pessimistisch, dass wir diese Ziele in neun Jahren einhalten können. Mich stört auch, dass sich verschiedene Sektoren ihre CO2-Einsparungen untereinander verkaufen können. Es ist einfach wieder Wischiwaschi ohne Hand und Fuß.
Jerry: Ich habe noch einmal recherchiert. Das deutsche Umweltbundesamt hat errechnet, dass die CO2-Steuer bei 180 Euro pro Tonne CO₂ liegen müsste, um die geplanten Einsparungen in Deutschland einhalten zu können. In Luxemburg liegt diese Steuer bei knapp 20 Euro. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung – gemessen an der Dringlichkeit der Situation jedoch nicht angemessen.
Zohra: Zudem betrifft die Steuer wieder nur die Menschen, die es nicht treffen sollte. 180 Euro pro Tonne CO2 wäre eine Katastrophe für Geringverdiener. Wir können es uns nicht leisten, die Geringverdiener und die gesamte Mittelschicht gegen eine nachhaltige Klimapolitik aufzubringen. Deshalb haben wir ja auch mit dem OGBL zusammengearbeitet. Klimaschutz und gesellschaftlich-soziale Kämpfe müssen zusammen und nicht gegeneinander ausgefochten werden.
Die große Frage bleibt: Was kann Luxemburg tun?
Zohra: Wir haben einen extrem dreckigen Finanzplatz. Da sind Firmen vertreten, die zu den größten CO2-Verursachern gehören, aber in Luxemburg keine Steuern zahlen, um gegen den Klimawandel anzukämpfen. Wir brauchen aber die nötigen finanziellen Mittel, um gegen den Klimawandel vorzugehen. Doch Luxemburg verschenkt diese Gelder an die großen Firmen, die meistens sehr klimaschädlich agieren. Zudem brauchen wir hierzulande einen Mentalitätswandel. Es kann nicht sein, dass unser grüner Verkehrsminister Wälder abholzt – ich gebe gerne das Beispiel Sanem –, um eine weitere Umgehungsstraße zu bauen. Diese neue Straße ist unnötig und wird nur zu mehr Verkehr führen. Stattdessen müssten wir uns vom Individualverkehr verabschieden, Elektromobilität hin oder her. Elektromobilität, die mit Elektrizität aus deutschen Kohlekraftwerken oder französischen Atomkraftwerken betrieben wird, ist nicht wirklich klimafreundlich und demnach nur eine Scheinlösung.
Viele Menschen verlassen sich auf den Individualverkehr, um zur Arbeit zu gelangen.
Zohra: Ich bin der Meinung, dass es in Luxemburg deshalb eine Dezentralisierung der Arbeitsplätze braucht. 300.000 Menschen pendeln täglich nach Luxemburg-Stadt. Alle Ministerien haben dort ihre Niederlassungen. Dabei müssten Menschen in ihrer Nachbarschaft leben, einkaufen und arbeiten können. Ein größerer Lebensstilwechsel wird aber unausweichlich bleiben. Dreimal am Tag sieben Tage die Woche Fleisch essen wird unmöglich sein. Fleisch ist einer der Klimakiller schlechthin.
Jerry: Wir werden immer nach Lösungen gefragt. Das ist aber nicht unser Job. Youth for Climate ist nicht da, um Lösungen anzubieten, sondern um als Stimme der Jugend und der Wissenschaft auf Missstände hinzuweisen. Lösungen auszuarbeiten, ist die Arbeit der Politiker.
Zohra: Ich finde es auch lächerlich, dass die Umweltministerin uns fragt, was sie und ihre Mitarbeiter tun können. Das ist doch genau ihr Job: mit ihrem Team aus Beamten Lösungen anzubieten. Wir fordern lediglich, dass sie dabei auf die Wissenschaft hören. Diese hat seit Jahrzehnten gewarnt, wurde aber immer ignoriert. Wäre vor 30 Jahren etwas passiert, könnte ich meine Jugend genießen und mich nicht ausschließlich mit der Klimapolitik beschäftigen.
Klimapolitik wird in dem Sinne auch oft als Verbotspolitik dargestellt. Ist das gerechtfertigt? Oder ist es eine logische Konsequenz der Fehler der Vergangenheit?
Zohra: Der ganze Diskurs um Verbotspolitik reduziert sich immer wieder darauf, dass die Menschen glauben, ihre Freiheit bestünde darin, mit 200 km/h über die Autobahn rasen oder fünfmal die Woche Fleisch essen zu dürfen. Niemand aber denkt daran, dass dadurch die Freiheiten und das Recht auf ein gutes Leben für zukünftige Generationen eingeschränkt werden. Freiheiten bestehen nur dann, wenn sie andere nicht einschränken. Das als Verbotspolitik zu bezeichnen, ist für mich Ausdruck des Egoismus und des Individualismus unserer Zeit und zeugt von einem sehr neoliberalen Verständnis von Freiheit. Ich denke aber, dass wir einzelne Verbote nicht vermeiden können. Solange die Verbote der Maxime unterliegen, dem Allgemeinwohl einer solidarischen Gesellschaft zu dienen, ist ein Verbot ja per se nichts Schlechtes.
Jerry: Die ganze Verbotsdiskussion rund um die Klimapolitik erstaunt mich immer wieder. Unser Justizsystem basiert ja auf Verboten und angedrohten Konsequenzen. Ich verstehe deshalb nicht, warum jetzt bei der Klimapolitik die Diskussion aufkommt. Menschen mit anderen Überzeugungen allein deswegen zu verspotten, ist aber auch nicht der richtige Weg. Im Gegenteil sollte man versuchen, eine gewisse Akzeptanz für die Klimapolitik zu schaffen.
Wie kann diese Akzeptanz denn geschaffen werden, wenn doch die globale Klimadebatte mit schwer fassbaren Konzepten wie der Erwärmung des Golfstromes geführt wird?
Jerry: Das ist wohl die Millionenfrage. Mittlerweile haben viele Menschen verstanden, dass der Klimawandel da ist. Es ist es aber auch eine Frage der Empathie. Wenn sie mit Menschen aus dem globalen Süden mitfühlen können, sind sie wohl empfänglicher für das globale Problem. Menschen mit dieser emotionalen Reichweite werden eher etwas unternehmen wollen als andere. Eine andere „Lösung“ wäre natürlich zu warten, bis der Klimawandel vor unserer Tür steht. Zurzeit sieht es ja ganz danach aus, als würde uns das gut gelingen. Das Hochwasser hat in dem Sinne eventuell einige Menschen wachgerüttelt. Wenn wir aber immer bis zur nächsten Katastrophe warten müssen, erfüllt das auch nicht seinen Zweck, wenngleich es der wohl effektivste Weg ist, den Menschen klarzumachen, um was es geht. Einige Menschen bauen aber einen Schutzwall um sich herum und wollen nichts mit der Thematik zu tun haben.
Zohra: Es ist meines Erachtens ein Versagen der Politik und des Bildungswesens der letzten 50 Jahre. Die Aufgabe der Schule ist es doch auch, den Schülern die wichtigen gesellschaftlichen Diskussionen nahezubringen. Der Klimawandel ist wie auch unser Einsatz für eine nachhaltigere Klimapolitik nichts Neues. Wir führen eigentlich nur den Kampf der vergangenen Generationen weiter, was an sich eine traurige Feststellung ist. Schüler müssen also lernen, wie sie sich zu verschiedenen Themen informieren und engagieren können. Zudem schwingt meiner Meinung nach immer noch der Punkt mit, den ich vorhin schon erwähnt habe: Es ist ein Privileg, sich informieren zu können. Das macht uns auch anfälliger für populistische Lösungen: Einfache Lösungen für sehr komplexe Themen sind sehr attraktiv, wenn man keine Zeit hat, sich mit dem zugrundeliegenden Problem zu beschäftigen. Wir Jugendlichen haben diese Zeit noch, da wir sehr oft keinen Haushalt führen müssen, uns um Kinder kümmern müssen oder einen Vollzeitjob haben.
Jerry: Ich würde noch ergänzen, dass die Menschen, die sich auf eine fast schon irrationale Art und Weise gegen eine fortschrittlichere Klimapolitik wehren, einfach Angst haben. Man muss ihnen die Angst nehmen, die sie zunehmend anfälliger für populistische Aussagen macht.
Es ist auch die populistische Ecke, aus der die meiste Kritik an der Klimabewegung kommt. Wie gehen Youth for Climate und Sie beide persönlich mit dieser Kritik um?
Zohra: Ich lebe nach dem Motto: Wenn ich einen Rechten störe, habe ich alles richtig gemacht (lacht). Nein, aber ernsthaft, die meisten Kommentare ignoriere ich einfach. Wenn uns jemand vorwirft, doch nur Schule schwänzen zu wollen, ist das doch auch nur Populismus. Eine vereinfachte Lösung – nämlich der plakative Vorwurf an die junge Generation – für ein sehr komplexes Problem, anstelle sich mit dem Klimawandel auseinanderzusetzen. Ich habe keine Zeit, mich mit Menschen zu streiten, die in ihrer Freizeit Minderjährige beleidigen. Mit konstruktiver Kritik von Menschen, die ernsthaft an einer Diskussion interessiert sind, setze ich mich allerdings sehr gerne auseinander. Das gehört zu einem demokratischen Miteinander dazu. Das macht mir dann auch extrem Spaß, weil das auch zum Nachdenken anregt.
Jerry: Trotz allem, was man in den sozialen Medien liest, kommen wir aber, glaube ich, noch relativ gut davon. Wir haben aber keine PolitikerInnen, die das öffentlich weitertreiben, wie man es vielleicht von der AfD aus Deutschland kennt.
Zohra: Ich wurde aus rechten Kreisen auch schon als „lénksgréngversifftes Pussygréitchen“ bezeichnet. Das ist aber eher die Ausnahme, weil wir in Luxemburg einen meist respektvollen Umgangston pflegen.
- Von Dynamik und Statik: Xavier Bettels Europa- und Außenpolitik braucht neue Akzente - 19. November 2024.
- CSV und DP blicken auf ereignisreiches Jahr zurück - 18. November 2024.
- „déi Lénk“ sieht von „Interessenkonflikten durchsetzte“ Institution - 13. November 2024.
Den kanadeschen Journalist Alan Jones bréngt et op den Punkt: « Vous êtes la première génération a avoir demandé la climatisation dans chaque salle de classe , vous apprenez vos leçons sur un ordinateur, vous avez une télévision dans chaque pièce et vous utilisez toute la journée des moyens électroniques, au lieu de marcher pour aller à l’école vous prenez toutes sortes de moyens de transport. Vous êtes les plus grands consommateurs de biens de consommation de toute l’histoire de l’humanité, vous achetez sans cesse les vêtements le plus chers pour être « tendance « et votre protestation est annoncée par voie numérique. Alors, les mômes, avant de protester, éteignez la Clim , allez à l’école à pied , rangez vos smartphones et lisez un livre…..Ce qui n’arrivera pas, parce que vous êtes mal élevés et manipuler par des gens qui vous utilisent……. » Kucken ech dann nach zu Letzebuerg en groussen Motoradfreak fir den Klimaschutz oprifft, huelen ech se net eescht an qualifizéieren se als Tutebattien.
Schule = gezielte Vermittlung von Bildung also Wissen, Fähigkeiten und Werten im Unterricht.
Schülerstreik = Schulverweigerung durch Schüler die meist mit Demonstrationen , zur Durchsetzung klimatischer oder politischer Ziele , während der Unterrichtszeit verbunden, also verboten sind.
Gap Year = sich ein Lückenjahr gönnen um nachzudenken was man später so tun möchte. Ein Sprung aus finanzieller Sicht ins kalte Wasser, es sei denn man arbeite hart freiwillig oder gegen kargen Lohn. Kommt natürlich nicht in Frage für Kinder von Arbeiter und Angestellten die in klimaverheerenden Firmen das Geld für ihren Unterhalt in einem Gap Year verdienen, oder ?
Klimaverantwortung der Politiker =. Wenn so was bestünde wäre nirgends auf der Welt von Schülerstreiks die Rede.
Kommentar= wenn uns älteren , meistens unverbesserlichen Kritikaster die Möglichkeit genommen wird, sich mit ihren Kollegen im bistrot ( nicht auf windigen Terrassen in diesem sich im vollen Klimawandel befindlichen viel wärmer gewordenen Sommer) zu streiten, unterhalten, meckern und ihre Meinung zu sagen .
Eine Schülerbewegung, die grundsätzlich nur während der Unterrichtsstunden aktiv ist beschwert sich, dass die Schule ihrer Aufgabe nicht mehr gerecht wird. Respekt, das muss man erst mal bringen.
„Politische Erziehung“ – Nanu, und ich dachte, solche Schlagworte wären zusammen mit den alten „Kursbuch“-Spinnereien der 60er und diesen endlosen „Alles ist politisch“-Diskussionen der K-Gruppen aus den 70ern verschwunden. Klartext: Schule soll nicht erziehen, schon gar nicht „politisch“, sondern Wissen und Bildung vermitteln. Schon allein, damit die Schüler über das nötige geistige Rüstzeug verfügen, um sich nicht von zweifelhaften Zeitgeist-Hypes wie der FFF-Bewegung shanghaien zu lassen.
Bravo, diese beiden sind super. Ihre Kritik an der Politik und am System sind absolut richtig. Nur einige Beispiele ihrer Haltung: – Die Massnahmen und Einsparungen sind absolut ungenügend – der CO2 Emissionshandel ist pervers – das individuelle Elektroauto ist keine Alternative sondern eine Scheinlösung – es ist nicht an den Geringverdienern um für den Umbau zu zahlen, “ Klimaschutz und gesellschaftlich-soziale Kämpfe müssen zusammen und nicht gegeneinander ausgefochten werden“. Das ist alles absolut richtig. Ich kann nur sagen; „Youth for Climat“ macht weiter so und lasst euch nicht in faule Kompromisse einbinden!
@Sertic: Was sind gesellschaftlich-soziale Kämpfe? Das klingt eher nach Losung der sozialistischen Arbeiter und Bauernstaaten. Lesen Sie was der kanadische Journalist Alan Jones zum Thema Jugend und Klimaschutz ( mein obiger Kommentar) schreibt. Wenn die Jugend, das Grünvolk nur ansatzweise die Ratschläge des Journalisten beherzigt, sparen wir schon eine erhebliche Menge an CO2 ein und das Grünvolk wäre etwas glaubhafter.
Huelt den, den Handy ewech
Dir maacht dat super an aer Argumenter sinn ganz rischteg . Ech sinn 100% aeren Meenung. Maacht weider esou an lauschtert net op di topesch, lächerlech Kommentarer 😉
@Weider Mann: Gesellschaftlich-soziale Kämpfe sind die Kämpfe die ich im Hirn führen muss wenn ich einen jugendlichen Influencer in Dubai mit der Pflegekraft meiner Oma vergleiche.
Dat get e scheine Metteg fir en Tour mam Oldtimer ze machen. Da si se vun der Stross mat hiren Trotinetten a Veloen😲
ouni Smartphone missten se bei de Psychiater!