Freundeskreis-Prozess / Können verurteilte Straftäter Ämter bekleiden und sich zur Wahl stellen?
Der Freundeskreis-Prozess und das Gerichtsurteil um den Piraten-Politiker Daniel Frères haben gezeigt: Auch Politiker können von der Justiz belangt werden. Doch dürfen verurteilte Personen überhaupt noch öffentliche Ämter bekleiden? Das Tageblatt klärt auf.
Mit den Verwaltungsratsmitgliedern des „CSV-Frëndeskrees“ warten mit Frank Engel und Félix Eischen zwei politische Schwergewichte auf den Urteilsspruch im Dezember. Elisabeth Margue und Stéphanie Weydert, beides aufstrebende CSV-Politikerinnen und Teil des neuen Teams Wiseler, stehen hingegen noch am Anfang ihrer politischen Karriere. Könnte der Urteilsspruch ein Hindernis auf dem Weg zu einem möglichen politischen Amt sein? Wir haben uns nach den Wirren des juristischen Dschungels erkundigt.
Der Freundeskreis-Prozess entscheidet in zwei Fällen, ob Frank Engel, Félix Eischen, André Martins Dias, Georges Heirendt, Elisabeth Margue, Stéphanie Weydert und Georges Pierret unter betrügerischem Vorwand Geld vom CSV-Freundeskreis und aus der Parteikasse unterschlagen haben.
In einem Fall ist Frank Engel mit den beiden CSV-Kassenwarten André Martins Dias und Georges Heirendt angeklagt. Konkret geht es hier um die Rückerstattung von Sozialabgaben. Der zweite Streitpunkt betrifft den CSV-Freundeskreis und den Arbeitsvertrag, den Frank Engel mit der Asbl. geschlossen hat. Frank Engel, Félix Eischen, Georges Pierret, Elisabeth Margue, Stéphanie Weydert und André Martins Dias wird vorgeworfen, dass der abgeschlossene Arbeitsvertrag zwischen Frank Engel und dem Freundeskreis lediglich ein Scheinvertrag gewesen sein soll.
Komplizierte Rechtslage
Die Frage kann nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantwortet werden. An erster Stelle muss unterschieden werden, ob ein Delikt („peine correctionelle“) oder eine kriminelle Straftat („peine criminelle“) vorliegt. Ordnungswidrigkeiten haben keine Konsequenzen auf die bürgerlichen Rechte eines Bürgers. Liegt eine kriminelle Straftat zugrunde, sieht das Luxemburger Strafrecht bei Haftstrafen von zehn Jahren oder länger vor, dem Verurteilten sowohl das passive als auch das aktive Wahlrecht auf Lebenszeit zu entziehen. Zudem darf der Verurteilte kein öffentliches Amt mehr bekleiden. Das bezieht sich nicht nur auf Posten in Gemeinderäten, im Parlament oder der Regierung. Um im öffentlichen Dienst als Beamter zu arbeiten, muss man ebenfalls im Besitz seiner bürgerlichen und politischen Rechte sein.
Verhängt der Richter für eine kriminelle Straftat eine Haftstrafe von einer Dauer von fünf bis zehn Jahren, hat er ebenfalls die Option, dem Verurteilten das passive und das aktive Wahlrecht entziehen. Dieses Verbot muss allerdings nicht erteilt werden und gilt dann auch nicht zwangsläufig lebenslänglich, sondern kann auch nur eine Spanne von zehn bis 20 Jahren umfassen.
Im Luxemburger Strafgesetzbuch werden die im Freundeskreis-Prozess vorgebrachten Anschuldigungen des Betrugs („escroquerie“) und des Vertrauensmissbrauchs („abus de confiance“) als Delikte bezeichnet. Bei einem Delikt sieht das Luxemburger Strafgesetz vor, dass dem Verurteilten ein Verbot des passiven oder aktiven Wahlrechtes auferlegt werden kann, aber nicht muss. Auch hier kann das Gericht von Fall zu Fall unterscheiden. Delikte können mit Haftstrafen von acht Tagen bis zu fünf Jahren bestraft werden. Ein Entzug des passiven oder aktiven Wahlrechts kann laut Luxemburger Gesetz fünf bis zehn Jahre betragen. Der Richter kann im Falle einer Haftstrafe entscheiden, dass die verurteilten Personen von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen werden.
Doch wie sieht es mit den Ministerposten aus? Weist das Luxemburger Strafgesetzbuch ein Schlupfloch auf? Wie Diane Klein, Pressesprecherin der Justiz, gegenüber dem Tageblatt erklärt, ist das nicht der Fall. „Um Teil einer Regierung zu sein, muss man sich zwar keiner Wahl stellen“, schreibt Klein „Jedoch fallen Ministerposten unter die Definition eines öffentlichen Amtes oder einer öffentlichen Funktion.“ Je nach Urteil können verurteilte Personen auch diese Ämter nach Artikel 11 des Luxemburger Strafgesetzbuches nicht mehr wahrnehmen.
Dass eine Verurteilung jedoch nicht unbedingt mit dem politischen Aus gleichzusetzen ist, hat nicht zuletzt Sven Clement von den Piraten bewiesen. Clement sitzt derzeit für die Piraten im Luxemburger Parlament – obwohl er 2014 im Zuge der „Médico-Leak“-Affäre zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Sven Clement unerlaubt auf eine Datenbank des staatlichen „Service médico-sportif“ zugegriffen hat. Nachdem Sven Clement zuerst die staatliche Sicherheitsstelle „Circl“ und dann die Öffentlichkeit auf die Sicherheitslücke hingewiesen hatte, anhand derer er sich Zutritt zur Datenbank verschaffte, nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den Piraten-Politiker auf.
Wie die parteiinterne Karriere der erwähnten CSV-Politiker aussehen wird, scheint ebenfalls unklar. Zumindest sehen die Statuten der CSV kein automatisches Ausschlussverfahren im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung vor. Die LSAP hingegen hat in ihren Statuten vorgesehen, dass ein parteiinterner Beirat „das Ruhen von Parteimitgliedschaft und -mandat“ erlassen kann. Laut Satzung der DP entscheidet deren Exekutivbüro über den evt. Ausschluss eines Mitgliedes, ohne dass strafrechtliche Verfahren explizit genannt werden. Bei den Piraten sind Schiedsgerichte für den Ausschluss eines Mitgliedes zuständig. Bei der ADR entscheidet der Nationalvorstand über den Ausschluss eines Mitglieds. Strafrechtliche Verfahren oder Verurteilungen führen den Statuten der ADR zufolge nicht zwangsläufig zu einem Ausschluss aus der Partei. Bei „déi Lénk“ entscheidet die Nationale Koordination mit einer Dreiviertelmehrheit über den etwaigen Ausschluss eines Mitglieds.
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An engem Land wéi Lëtzebuerg wou besonnesch an deene grousse Parteien Parteiämter „de père en fils an oder fille“ veriërwt gin, war an as esou eppes nach nie e Problem gewiëscht. Wat mache mer eis also do Gedanken. Bestëmmte Geschichten änneren sech hei am Land net, besonnesch well dach irgendwéi Politik a Justiz familiär a frëndschaftlech net esou wäit vun eneen ewechleien. Et wees een mol net ob déi villäicht zweifelhaft „Traditioun“ wirklech soll fir eist klengt an oft beschassent Land, esou schlecht soll sin. Keen deed deem aneren wirklech wéih, well schon déi nexte Kéier ee sellwer kann dru sin an dann ob déi sellwëcht „Seelschaften“ ugewisen as. Vill zevill get nach dorueter geblärt „Mir wëlle bleiwe wat mir sin“.
Zur Wahl stellen?
Wieso schmeißt die CSV die Betrüger nicht raus, die die Kasse geplündert haben und das Ansehen der Partei verletzt haben?
MIT der Madame Hansen bitte.