Arbeitsrecht / Kollektivverträge: Arbeitsminister Mischo bekommt Gegenwind aus der eigenen Partei
Luxemburg steht in Sachen Kollektivvertragswesen auf EU-Ebene unter Druck. Arbeitsminister Georges Mischo spielt mit dem Gedanken, das Gesetz so zu reformieren, dass Tarifverträge ohne Gewerkschaften verhandelt werden können. Gegenwind bekommt er aus der eigenen Partei.
Sollen Kollektivverträge in Zukunft ohne Gewerkschaften verhandelt werden können? Diese Möglichkeit ließ Arbeitsminister Georges Mischo (CSV) zuletzt jedenfalls durchblicken und wurde von Gewerkschaftsvertretern hierfür stark kritisiert. Sein Parteikollege und CSV-Fraktionspräsident Marc Spautz stellte sich in einem Interview mit dem Lëtzebuerger Land nun auf die Seite der Arbeitnehmervertreter. „Es ist evident, dass wir mehr Tarifverträge brauchen und die Tarifpolitik von den national repräsentativen Gewerkschaften verhandelt werden muss, wie es in den Konventionen mit der internationalen Arbeitsorganisation vereinbart wurde“, so Spautz im Gespräch mit dem Land.
Mitte August hatte Arbeitsminister Mischo im RTL-Interview erklärt, dass er bis Ende des Jahres ein Gesetzesprojekt zum Kollektivvertragswesen vorlegen werde. Hintergrund ist, dass Luxemburg auf EU-Ebene, was Kollektivverträge angeht, schlecht da steht. Lediglich 55 bis 60 Prozent der Unternehmen in Luxemburg haben einen Kollektivvertrag. Eine EU-Richtlinie verlangt einen Deckungsgrad von 80 Prozent. Die luxemburgische Regierung steht also unter Druck. „Ihr Trick, um da herauszukommen: Dann machen wir auch Kollektivverträge ohne Gewerkschaften“, sagte OGBL-Präsidentin Nora Back kürzlich gegenüber dem Tageblatt.
Forderung nach sektoriellen Verträgen
„Es gibt einen großen Unterschied zwischen den großen und kleinen Unternehmen“, argumentiert Mischo. In größeren Unternehmen sei es einfacher, Kollektivverträge abzuschließen, weil es dort die Gewerkschaften gebe und mehr Personal, so der Minister. Gesetzlich gesehen gibt es jedoch keinen Unterschied zwischen großen und kleinen Unternehmen. Nach luxemburgischem Gesetz sind nur national repräsentative Gewerkschaften befugt, Kollektivverträge auszuhandeln. Damit nicht jedes kleine Unternehmen seinen eigenen Kollektivvertrag aushandeln muss, streben die Gewerkschaften sektorielle Verträge an. Auch Marc Spautz sprach sich nun im Land hierfür aus. „ … Das muss über Rahmenkollektivverträge passieren, in den Sektoren, in denen bislang noch keine existieren.“
Damit positioniert sich der frühere Gewerkschaftler Spautz klar auf die Seite der Arbeitnehmervertreter und der OECD, die ebenfalls sagt, dass Tarifverträge mit den Gewerkschaften verhandelt werden müssen. Direkte Verhandlungen zwischen Unternehmensleiter und Belegschaft seien aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses der Arbeitnehmer eine große Gefahr, warnt OGBL-Präsidentin Nora Back immer wieder.
Die Diskussion um eine Reform des Kollektivvertragswesens birgt jedenfalls Zündstoff und Arbeitsminister Mischo droht auch Gegenwind aus der eigenen Fraktion.
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