Editorial / Kommunikationsfiasko 2024: Lehren für Politik und Institutionen
Das Jahr 2024 neigt sich dem Ende zu, und es hinterlässt seine Spuren: politische Entscheidungen, Skandale und Affären, die Luxemburg geprägt haben und teils noch lange nachwirken werden. Ein roter Faden, der sich durch viele dieser Ereignisse zieht, ist eine mangelhafte bis katastrophale Kommunikation.
Ein Paradebeispiel dafür war die Reaktion der CFL auf die Tageblatt-Recherchen zu Missständen in der Abteilung für Videoüberwachung. Statt abzuwarten und die Vorwürfe zu prüfen, entschied sich die Eisenbahngesellschaft für den direkten Konfrontationskurs. Am Tag nach den Enthüllungen lud sie zu einer Pressekonferenz, die Verwaltungsratspräsident Jeannot Waringo – der eigentlich nicht für das operative Geschäft zuständig ist – mit einer Medienschelte begann. Anschließend versuchten er und Generaldirektor Marc Wengler, die im Tageblatt beschriebenen Vorwürfe abzustreiten. Doch die Realität holte die CFL schnell ein: Nach den Tageblatt-Recherchen wurden disziplinarische Maßnahmen gegen einige Mitarbeiter ergriffen. Ein unternehmensinternes Audit stellte zwar keine größeren Dysfunktionalitäten fest, sprach jedoch Empfehlungen zur Verbesserung aus. Die Affäre entwickelte sich zu einem vermeidbaren PR-Desaster.
Auch auf politischer Ebene war 2024 von Kommunikationspannen geprägt. Gesundheitsministerin Martine Deprez (CSV) lieferte mit der Rentendebatte ein Beispiel hierfür. Dass die Regierung bislang keine klare Richtung für eine Reform vorgibt, ist unverständlich. Noch fragwürdiger ist die Kommunikationsstrategie von Wohnungsbauminister Claude Meisch (DP) und Premierminister Luc Frieden (CSV). Statt belastbarer Fakten stützen sie sich auf Gespräche mit „Leit um Terrain“ oder angeblich spontane Bürgerkontakte und betreiben somit eine Politik des Hörensagens.
Der Umgang mit dem Caritas-Skandal war ein weiteres Beispiel für misslungene Krisenkommunikation. Premierminister Frieden räumte letztlich selbst ein, dass die Kommunikation mangelhaft war. Die Erklärung? Die Regierung habe sich zu sehr auf die Lösung des eigentlichen Problems konzentriert – und dabei die Information der Öffentlichkeit vernachlässigt. Solche Ausreden sind – um es mit den Worten von Friedens Partei- und Regierungskollege Mischo auszudrücken – „lapidar und oberflächlich“. Kommunikation ist kein Luxus, den man sich leisten kann, wenn alles andere erledigt ist; sie ist ein zentraler Bestandteil guten Regierungshandelns.
Hinter mangelhafter Kommunikation verbirgt sich oft eine tiefere Ursache: die Angst vor der Transparenz. Sei es in Ministerien, bei Gemeindeverantwortlichen oder öffentlichen Verwaltungen: Der Informationsfluss in Luxemburg lässt, um es höflich auszudrücken, häufig zu wünschen übrig. Das schafft unnötigen Raum für Spekulationen, Halbwahrheiten und Misstrauen. Wer die Öffentlichkeit nicht informiert, überlässt das Feld den Populisten, die genau von solchen Leerstellen profitieren.
Sollten Politiker in Regierungsverantwortung sich einen guten Vorsatz für das neue Jahr nehmen, dann den, sich um mehr Transparenz zu bemühen. In einem Jahr, in dem ein Donald Trump wieder ins Weiße Haus einzieht und eine AfD in Deutschland wohl massiv gestärkt aus der kommenden Bundestagswahl hervorgeht, könnten wir mit mehr Transparenz und einer offeneren politischen Kommunikation zumindest versuchen, den populistischen Tendenzen Einhalt zu gebieten und nicht noch weiteres Vertrauen der Öffentlichkeit zu verspielen.
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