Umwelt / Konferenz in Luxemburg beleuchtet die Lichtverschmutzung
In den letzten zehn Jahren hat das Thema Lichtverschmutzung in Luxemburg enorm an Bedeutung gewonnen. Das Bewusstsein dafür, welche negativen Folgen eine immer aggressivere Beleuchtung auf den Menschen und seine Umwelt hat, ist stetig gewachsen. Im Rahmen des Festivals „Night, Light & More“ im Norden des Landes fand am Mittwoch und Donnerstag eine Fachtagung zu diesem Thema statt.
Über Lichtverschmutzung wird noch nicht lange gesprochen. Rund zehn Jahre, schätzt Daniel Gliedner. Er ist Lichtberater bei der Vereinigung „Naturpark Our“. Vorher hat man dem Thema beim Bau von Straßenbeleuchtungen und anderen Außenbeleuchtungen überhaupt keine Beachtung geschenkt. Nicht weil man der Umwelt absichtlich schaden wollte, sondern weil es einfach kein Bewusstsein für dieses Thema gab. Nach und nach haben Menschen angefangen, über Lichtverschmutzung zu sprechen, und haben versucht, ihre Mitmenschen und die Politik zu sensibilisieren. Zuerst wurden diese Leute jedoch als „Esoteriker“ abgetan, so Gliedner.
Heute wird das Thema ernst genommen. Für die Regierungsparteien scheint es sogar von einer solchen Wichtigkeit, dass es in ihrem Koalitionsvertrag vorkommt. In der breiten Öffentlichkeit in Luxemburg fand das Thema ein erstes Mal 2017 Beachtung, als eine groß angelegte Studie enthüllte, wie stark das Land mit Licht verschmutzt ist und welche Gemeinden am stärksten betroffen sind.
Störend für Mensch und Tier
Wie störend Lichtverschmutzung für den Menschen sein kann, zeigen nicht nur die Klagen von Hobbyastronomen, die ihrer Beschäftigung nicht mehr nachgehen können, weil man vor lauter Straßenbeleuchtung die ganze Nacht hindurch die Milchstraße nicht mehr sehen kann, sondern auch die Beschwerden der Anwohner des Frachtbahnhofes in Bettemburg, die es bereits über parlamentarische Anfragen in die Nationalpolitik geschafft haben.
In Vianden fand am Mittwoch und Donnerstag, im Rahmen des Festivals „Night, Light & More“ im Norden des Landes, eine Fachtagung zu diesem Thema statt. Referenten aus dem In- und Ausland sprachen im „Centre culturel Larei“ über Themen wie „Die Kulturgeschichte des Kunstlichts“, „Wie viel Licht brauchen wir und welches?“, „Glühwürmchen: weggeleuchtet“ und darüber, wie eine gute Außenbeleuchtung gestaltet werden kann. Mit dabei auch Energieminister Claude Turmes und Umweltministerin Carole Dieschbourg (beide „déi gréng“).
Die Lichtverschmutzung hat neben den bereits angesprochenen Folgen auch erheblichen Einfluss auf Flora und Fauna. Die künstliche Beleuchtung stört den Tag-Nacht-Rhythmus der Tiere, unter anderem den von nachtaktiven Insekten. Sie irren durch das Licht abgelenkt nachts herum und können vor Erschöpfung sterben. Das wiederum wirkt sich negativ auf die Pflanzenwelt aus. Das Licht hat aber auch direkte Folgen für Pflanzen. Ihre Wachstumszyklen werden durch die hellen Nächte gestört. Bei Bäumen etwa kann dies dazu führen, dass sie ihre Blätter zu spät abwerfen und dann Frostschäden erleiden.
Auch Vögel sind betroffen. Sie brüten oft zu früh und die Flugrouten von Zugvögeln werden durch die künstliche Beleuchtung umgelenkt.
Technische Lösungen
Dabei gibt es mittlerweile technische Lösungen, mit denen das Problem angegangen werden kann. Zum Beispiel kann eine Straßenbeleuchtung mit moderner LED-Technik so eingestellt werden, dass sie am Anfang der Nacht recht hell ist und dann graduell dunkler wird, sagt Daniel Gliedner. Viele Beleuchtungen seien außerdem viel heller als überhaupt notwendig – um ein Vielfaches heller als eine klare Vollmondnacht.
Im letzten Jahrzehnt habe sich die LED-Technik sehr verbessert. Zunächst gaben Leuchtdioden ein kalt-weißes Licht ab, das viele Menschen als unangenehm empfinden. Das sei damals so gemacht worden, damit die LEDs mit herkömmlichen Leuchtmitteln mithalten können, sagt Gliedner. Heute sind durchaus leistungsstarke LEDs erhältlich, die ein angenehmeres Licht ausstrahlen.
Die Umweltministerin unterstrich am Donnerstag, wie sehr das Thema der Regierung am Herzen liege. Luxemburg strebe nicht nur einen klimaneutralen Kontinent an, sondern gehe auch die Emissionen an. Das gelte auch für Lichtemissionen. Eine LED-Strategie sei zwar gut, aber man müsse über sogenannte „Rebound-Effekte“ nachdenken. Über Rebound-Effekte spricht man immer dann, wenn Einsparungen durch Effizienzsteigerungen dazu verleiten, mehr von etwas zu benutzen, sodass die Einsparungen durch den Mehrverbrauch kompensiert oder überkompensiert, also quasi „aufgefressen“ werden. Im Klartext: Wenn Lampen effizienter werden, werden die Menschen dazu verleitet, mehr Lampen zu benutzen.
„Intelligent und emotional“
Dieschbourg sagte, man solle nicht nur „smart“ und „digital“ an die Sache herangehen, sondern auch „intelligent“ und „emotional“. Die Menschen sollten wieder auf sich selbst hören und ihre innere Uhr wiederentdecken, die ihnen verloren gegangen ist.
Die Ministerin sagte, man müsse auch das falsche Sicherheitsgefühl thematisieren, das sich Menschen von einer helleren Straßenbeleuchtung versprechen. Sie erhalte heute Anträge auf Beleuchtungen an Wegen, die bislang keine Beleuchtung gebraucht hätten.
Die dunkle Nacht hatte für Menschen früher eine große kulturelle Bedeutung und der Sternenhimmel, der vor dem starken Einsatz von Außenbeleuchtung viel besser sichtbar war, inspirierte Künstler und Forscher gleichermaßen. Die Umweltministerin nannte etwa die Himmelsscheibe von Nebra. Die 4.000 Jahre alte verzierte Bronzeplatte ist die älteste bekannte Darstellung unseres Nachthimmels.
Das Festival „Night, Light & More“ will, dass die Besucher sich „vom natürlich dunklen Nachthimmel und seinen positiven Auswirkungen auf Mensch und Tier verzaubern lassen“. Seit September 2019 und noch bis Mai 2020 finden im Norden des Landes, organisiert von den Naturparks Our und Obersauer, zahlreiche Veranstaltungen statt, die sich ganz der Nacht und der Dunkelheit verschrieben haben. Darunter Ausstellungen, Konzerte, Filmvorführungen und Wanderungen.
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