Luxemburg-Stadt / Konkrete Maßnahmen gefordert: Opposition kritisiert Schöffenratserklärung
Die Mehrheit von DP und CSV hat Anfang der Woche in Luxemburg-Stadt ihren Plan für die Zukunft der Hauptstadt vorgestellt. Und der sorgt bei der Opposition nicht nur für Begeisterung – wie sich am Freitag (21.7.) im Rathaus bei der Diskussion zur Schöffenratserklärung zeigte.
„In der Erklärung werden die Klimaanpassung, die energetische Transition und das Wohnungswesen als absolute Prioritäten angesehen – und das finden wir natürlich gut“, begann François Benoy von „déi gréng“ als Mitglied der größten Oppositionspartei im hauptstädtischen Gemeinderat am Freitag seine Ausführungen zum Inhalt der neuen Schöffenratserklärung für die Jahre 2023 bis 2029. Im Namen des blau-schwarzen Schöffenrats hatte Bürgermeisterin Lydie Polfer am Montag während rund zwei Stunden den 32 Seiten und 14 Themenschwerpunkte umfassenden Text im Rathaus präsentiert. Dann hatten die Ratsmitglieder die Möglichkeit, den Inhalt zu kommentieren – was sowohl neue wie auch bisherige Mitglieder taten. So stellte François Benoy unter zum Teil skeptischen Blicken der Ratsmitglieder von DP und CSV fest, dass die Erklärung „wenig konkrete Ziele sowie wenig konkrete Maßnahmen und Lösungen, wie der Schöffenrat diese erreichen will“, umfasst. In anderen Hauptstädten würde die Politik ganz konkrete Aktionen unterstützen, wie zum Beispiel in der norwegischen Stadt Oslo, in der emissionsfreie Baustellen gefördert werden.
Nachholbedarf im grünen Bereich
Die Grünen wiesen außerdem darauf hin, dass die CSV sich in ihrem Wahlprogramm für eine klimaneutrale Hauptstadt bis 2040 eingesetzt hatte – nach den Verhandlungen mit der DP nun in der Erklärung allerdings Klimaneutralität bis 2050 festgehalten ist. François Benoy erkundigte sich darüber hinaus nach dem Mobilitätsplan für die Hauptstadt, der während der letzten Amtsperiode nicht mehr finalisiert worden war. Das Dokument habe sich laut Mobilitätsschöffe Patrick Goldschmidt (DP) bereits vor den Wahlen „in den letzten Zügen befunden“. Die Schlussfolgerungen daraus sollen nach den Sommerferien den Mitgliedern des Schöffen- und Gemeinderats sowie den zuständigen Kommissionen vorgelegt werden.
Überrascht zeigte sich Nathalie Oberweis von „déi Lénk“ über das Engagement des Schöffenrats für die Umwelt und gegen den Klimawandel. „Ich bin da geradeheraus: In unseren Augen sind die Mehrheitsparteien nicht fortschrittlich und haben auch keine ambitiöse Umwelt- und Klimapolitik“, unterstrich die neue Rätin bei ihrer ersten Rede im Gemeinderat. Und forderte: „Wir brauchen keine Anpassung an den Klimawandel, sondern eine Bekämpfung davon.“ Das Oppositionsmitglied sprach dann über die Begrünung und verwies auf kürzlich fertiggestellte Plätze in der Hauptstadt, wie zum Beispiel dem „Hamilius“, bei dem das Grün fehle.
Auch der neue Rat Tom Weidig (ADR) bezeichnete die Maßnahmen im Bereich Klimawandel und Transition als „vage“ und ergänzte dann allerdings, dass man bei diesen Themen nicht in Hysterie verfallen dürfe. Priorität habe für die ADR eher das qualitative Wachstum der Stadt – das nach 20 Jahren der von ihm so formulierten „Massenimmigration“. Vor diesen Erläuterungen hatte Tom Weidig sich noch bei den Wählerinnen und Wählern seiner Partei dafür entschuldigt, dass zuvor zwei Mitglieder der ADR ihre Mandate im Gemeinderat nicht so ernst genommen hätten, wie man es sich gewünscht hätte. Und meinte damit die aus der Partei ausgetretenen Mitglieder Roy Reding (nun „Liberté – Fräiheet) und Marceline Goergen (nun CSV).
Thema Sicherheit polarisiert weiter
Für Verwunderung sorgte bei der Opposition auch die Tatsache, dass dem im Wahlkampf noch dominierenden Thema der Sicherheit in der Erklärung doch eher wenig Aufmerksamkeit zukommt. So fragte Gabriel Boisanté (LSAP), wie man dem Schöffenrat vertrauen solle, wenn unter anderem die Sicherheit ein wichtiges Wahlkampfthema war und nun doch eher zweitrangig behandelt würde. Kritisch sehen die Sozialisten die Tatsache, dass viele der geplanten Maßnahmen in diesem Bereich nicht in die Kompetenz der Gemeinde fallen würden, sondern von Entscheidungen der Nationalpolitik abhingen.
Rätin Elisabeth Margue unterstrich in ihrer Rede, dass das Thema nicht vergessen wurde und verwies auf geplante Maßnahmen, wie das Schaffen eines sogenannten „Conseil de la nuit“ – der sich aus unter anderem Vertreterinnen und Vertretern der Polizei, aus dem Nachtleben oder aus dem Mobilitätsbereich zusammensetzen soll –, den geplanten Platzverweis und nicht zuletzt die Absicht zur Einführung einer Gemeindepolizei. In Bezug auf letztere Maßnahme und deren Umsetzung wies Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) darauf hin, dass es auf nationalem Plan eine legislative Umänderung dafür brauche.
Die Idee einer unter der Autorität der Kommune agierenden Gemeindepolizei unterstützen Pascal Clement (Piraten) und seine Partei nicht und plädieren stattdessen für eine Ausweitung der Kompetenzen der sogenannten „agents municipaux“. Die von diesen allerdings nicht immer gewollt sei, gab der erste Schöffe, Serge Wilmes (CSV), zu bedenken: „Manche sind vielleicht gar nicht so glücklich darüber, plötzlich andere Aufgaben übernehmen zu müssen. Da sie dafür nie ausgebildet wurden.“
Nächster Wahlkampf gestartet
Außerdem wurde über das Thema „Logement“ diskutiert. Serge Wilmes (CSV) wies darauf hin, dass in dem Bereich bereits viel passiert sei, aktuell umgesetzt werde oder in Planung sei. Und meinte: „Wir sind hier nicht beim Sim-City-Computersimultationsspiel und es liegt nicht alles in unserer Hand.“ Er verwies darauf, dass man in diesem Bereich auf die Zusammenarbeit mit der Regierung angewiesen sei. Nur eine von gleich mehreren Bemerkungen an diesem Tag, die zeigten, dass der Wahlkampf für die Parlamentswahlen bereits in vollem Gange ist.
Der neue Gemeinderat
Nach den Kommunalwahlen setzt sich der aktuelle Schöffenrat nun aus Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP), dem Ersten Schöffen Serge Wilmes (CSV) sowie Schöffe Maurice Bauer (CSV), Schöffin Simone Beissel (DP), Schöffin Corinne Cahen (DP), Schöffe Paul Galles (CSV) und Schöffe Patrick Goldschmidt (DP) zusammen. Zum 27-köpfigen Gemeinderat der Hauptstadt gehören daneben die Ratsmitglieder Antónia Afonso Bagine (LSAP), Pascale Arend-Krombach (DP), Nicolas Back („déi gréng“), François Benoy („déi gréng“), Gabriel Boisanté (LSAP), Christa Brömmel („déi gréng“), Sylvia Camarda (DP), Pascal Clement (Piraten), Emilie Costantini (CSV), Linda Gaasch („déi gréng“), Anne Kaiffer (DP), Robert L. Philippart (DP), Elisabeth Margue (CSV), Colette Mart (DP), Maxime Miltgen (LSAP), Laurent Mosar (CSV), Nathalie Oberweis („déi Lénk“), Claude Radoux (DP), Claudie Reyland („déi gréng“) und Tom Weidig (ADR).
Nach rund drei Stunden Diskussion wurde die Schöffenratserklärung schlussendlich mit den Stimmen der Mehrheit von DP und CSV, bei Enthaltung der LSAP und den Gegenstimmen von „déi gréng“, „déi Lénk“, ADR und Piraten angenommen. Den Text kann man sich übrigens auf der Webseite der Gemeinde unter vdl.lu in der Kategorie „politisches Leben“ ansehen. Abschließend wünschte die Bürgermeisterin allen Mitgliedern schöne Ferien, denn die nächste Gemeinderatssitzung wird nach dem Sommer am 25. September stattfinden.
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